„Am 26. September 1913 stieg Dülfer mit Willy von Redwitz nochmals ein, mit zwei 40-Meter-Seilen, 26 Haken und - seinem phantastischen Können. Nach 7½ Stunden standen die beiden Münchner am Gipfel des Totenkirchl … Erst 1919 kamen die Zweiten.“
„Bald sammelten sich immer mehr Kletterer unter dieser Wand, begingen „17-Meter-Riß“, „Nasenquergang“, Zickzackwandl, „Schluchtquergang“ und anstrengende Ausstiegsrisse, und der Ruhm dieser Wand schwoll weit über die Voralpen hinaus.“
aus: Walter Pause – im extremen Fels.
„Wir sind durchgerumpelt, als hätten wir die Tour schon einmal gemacht. … . Ich habe Dülfer nie schnaufen gehört, auch im anstrengendsten Riss nicht.“
Willy von Redwitz
Hans Dülfer, einer der größten Klettergenies vor dem 1. Weltkrieg, lieferte hier an der Totenkirchl Westwand im Wilden Kaiser 1913 sein Meisterstück ab. Bereits im Jahr zuvor glückte ihm mit der Fleischbank Ostwand der erste große Paukenschlag. Hier wie dort benutzte er seine legendären Pendelquergänge. Höchst interessant ist auch die Tatsache, dass sich Dülfer im Vorfeld der Erstbegehung am Totenkirchl ganz alleine über gesamte Westwand abgeseilt (!) hat um die Gangbarkeit der Wand zu erkunden. Vermutlich hätte man von Dülfer noch viele weitere große Klettertaten erwarten können, wäre er nicht am 15. Juni 1915 bei Arras in Frankreich im sinnlosen Stellungskrieg der Westfront gefallen.
Überaus verwundert waren wir über die Tatsache, dass sich im altehrwürdigen „Nasenquergang“, der Schlüsselstelle dieser Route, künstlich geschlagene Tritte befinden. Eigentlich ein Absurdum Alpinistico. Nach Rücksprache mit Markus Stadler, dem Kletterführerautor und Gebietskenner par excellence, stammen diese vermutlich aus der Nachkriegszeit und die Urheber sind unbekannt. Scheinbar wurden hier die wenigen wirklich plattigen Meter rigoros leichter gemacht um auch mit dicken Bollerschuhen auf der Platte stehen zu können.
Wieder einmal stand in diesem regnerischen Sommer 2014 ein nur halbtägiges Wetterfenster zur Verfügung und es waren bereits zu Mittag Gewitter und starker Regen angesagt. Natürlich nicht gerade die besten Vorrausetzungen für so eine lange Tour mit anspruchsvollem Abstieg. So wurde hochgepokert und doch gewonnen. Denn es hat gerade so lange wie angenehm gehalten und erst kurz nach dem „Führerkamin“ (die letzte schwere IIIer Abkletter-Passage im Abstieg) öffnete der Himmel seine Schleusen und der Wind peitschte den Regen waagrecht über das Stripsenjoch.
Totenkirchl gesehen vom Stripsenjoch (die Westwand befindet sich rückseitig)
Blick aus der Winklerschlucht auf die Totenkirchl Westwand
Übernachtet wurde am Auto bei der Griesner Alm (988 m) und bereist im Dunkeln sind wir auf dem Weg zum Stripsenjochhaus (1577 m). Dort geht es westseitig wieder gut 150 Hm hinunter um schließlich unter die Totenkirchl Westwand aufzusteigen. Ab Griesner Alm hat dies 1,5 h gedauert. Herrschte im Osten schöne Morgenstimmung mit blauem Himmel, so stand im Westen bereits der erste Regenschauer mir Regenbogen am Himmel. Na toll, das geht ja schon gut los. Im leichten Regen klettern wir die Winklerschlucht hinauf und zu allem Überfluss haben wir auch noch Topo´s und Wandbilder im Auto vergessen. Glückwunsch! Doch die kurze Zwischenstörung verzog sich schnell wieder und das Manko mit dem Topo wurde mit moderner Technik erschlagen. Wenig später hatte ich das abfotografierte Topoguide-Topo auf dem Handy. Größten Dank Alban für das Topo und das ich dich aus dem Bett werfen durfte
Morgenstimmung – blauer Himmel im Osten
Morgenstimmung – Regen im Westen
Altschneefeld am Beginn der Winklerschlucht
Als wir dann aus der Schlucht draußen und auf der Route waren mussten wir die Drehzahl aber endlich erhöhen, denn schon genug Zeit ging ins Land und gegen Mittag war ja der große Regen angesagt. Die ersten drei Seillängen klettern wir noch seilfrei und erst ab dem „17 Meter Riss“ klettern wir in Seilschaft. Was hier teilweise für überdimensionale Schlaghaken stecken. Unglaublich. Es ging recht flott und bald sind wir am berühmten „Nasenquergang“. Alle weiteren Angaben zu den Seillängen beziehen sich auf das sehr exakte Topoguide-Topo.
Querung aus der Winklerschlucht heraus
überdimensionaler Schlaghaken im „17 Meter Riss“
Blick auf den Quergang in der 5. SL
Blick auf den Quergang in der 5. SL
7. Seillänge
Blick auf den berühmten Kopftörlgrat
Es folgt der Nasenquergang. Wer den Quergang nicht klettern will kann weiterhin auf Dülfersspuren den Pendelquergang machen. Auch dieser weiteroben liegende Pendelstand ist eingebohrt. Dennoch schien uns das aufgrund der großen horizontal Distanz sehr kühn! Beim Klettern handelt es sich aber lediglich um 2 plattige schwere Meter kurz vor der Kante und hier steckt zum einen direkt ein Bohrhaken, zum anderen sind hier die schon eingangs erwähnten geschlagenen Tritte und zur Not hängt von einem Normalhaken auch noch eine A0 Schlinge herum. Die VII- aus dem Topoguide ist durchaus dankbar bewertet und ich denke die VI+ aus dem Panico Topo trifft es ganz gut.
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang – das sieht hier wesentlich dramatischer aus als es ist
die geschlagenen Tritte im Nasenquergang
Es folgen „Zickzackwandl“, der „Schluchtquergang“ und eine leichtere Seillänge in der Schlucht bis zu den Wandbüchern etwas links außerhalb der direkten Kletterlinie. Nach den Wandbüchern quert man in zwei Seillängen mal wieder fröhlich nach rechts um die Ausstiegsrisse zu erreichen.
12.SL - Querung nach rechts in die Ausstiegsrisse
Für die folgenden drei Seillängen in den Ausstiegrissen sollte man noch etwas Pulver bereit haben, denn diese Seillängen sind zwar nur mit V+ und VI- bewertet, aber wesentlich anhaltender wie alles zuvor und man wird sich das ein oder andere Mal etwas wundern was hier alles mit V+ durchgeht. Zudem gilt es auch noch auf ein paar Metern einen klassischen Kaiser-Kamin zu meistern.
14. SL - Ausstiegsrisse
14. SL - klassischer Kaiser-Kamin
16. SL - kurzer Überhang in den Ausstiegsrissen
Nach knapp 5 h stehen wir am Gipfel und im Westen ist schon klar zu erkennen was uns hier bald blüht. Die dicken grauen Wolken sind nicht mehr zu leugnen. Nun ist natürlich der Abstieg vom Totenkirchl nicht gerade als Spaziergang bekannt und die vielen IIIer Kamine und Rinnen wollen ehrlich abgeklettert oder abgeseilt werden. Der Abstiegsweg ist jedoch bestens mit roten Punkten und Pfeilen markiert und so sollten wenigsten keine größeren Orientierungsprobleme aufkommen. Wir klettern alles ab und machen eine Punktlandung, denn direkt nach der letzten anspruchsvollen Abkletterpassage, dem Führerkamin, beginnt es in Strömen zu Regnen.
von Westen kommt die Wolkenfront
Abstieg vom Totenkirchl
Abstieg vom Totenkirchl
Abstieg vom Totenkirchl im Regen
Abstieg vom Totenkirchl im Regen – im Hintergrund die Führernadeln
Literatur / Kletterführer:
Topoguide, Band 1
1.Auflage 2005
Nicole Luzar, Volker Roth
Kletterführer Wilder Kaiser
Panico Alpinverlag
Markus Stadler
Kletterführer Bayerische Alpen, Nordtirol
1.Auflage 2004
Bergverlag Rother
Richard Goedeke
Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler
Landkarten:
AV Karte 8
Kaisergebirge
1:25000
Viele Grüße
Florian, Jürgen und Tobias
„Bald sammelten sich immer mehr Kletterer unter dieser Wand, begingen „17-Meter-Riß“, „Nasenquergang“, Zickzackwandl, „Schluchtquergang“ und anstrengende Ausstiegsrisse, und der Ruhm dieser Wand schwoll weit über die Voralpen hinaus.“
aus: Walter Pause – im extremen Fels.
„Wir sind durchgerumpelt, als hätten wir die Tour schon einmal gemacht. … . Ich habe Dülfer nie schnaufen gehört, auch im anstrengendsten Riss nicht.“
Willy von Redwitz
Hans Dülfer, einer der größten Klettergenies vor dem 1. Weltkrieg, lieferte hier an der Totenkirchl Westwand im Wilden Kaiser 1913 sein Meisterstück ab. Bereits im Jahr zuvor glückte ihm mit der Fleischbank Ostwand der erste große Paukenschlag. Hier wie dort benutzte er seine legendären Pendelquergänge. Höchst interessant ist auch die Tatsache, dass sich Dülfer im Vorfeld der Erstbegehung am Totenkirchl ganz alleine über gesamte Westwand abgeseilt (!) hat um die Gangbarkeit der Wand zu erkunden. Vermutlich hätte man von Dülfer noch viele weitere große Klettertaten erwarten können, wäre er nicht am 15. Juni 1915 bei Arras in Frankreich im sinnlosen Stellungskrieg der Westfront gefallen.
Überaus verwundert waren wir über die Tatsache, dass sich im altehrwürdigen „Nasenquergang“, der Schlüsselstelle dieser Route, künstlich geschlagene Tritte befinden. Eigentlich ein Absurdum Alpinistico. Nach Rücksprache mit Markus Stadler, dem Kletterführerautor und Gebietskenner par excellence, stammen diese vermutlich aus der Nachkriegszeit und die Urheber sind unbekannt. Scheinbar wurden hier die wenigen wirklich plattigen Meter rigoros leichter gemacht um auch mit dicken Bollerschuhen auf der Platte stehen zu können.
Wieder einmal stand in diesem regnerischen Sommer 2014 ein nur halbtägiges Wetterfenster zur Verfügung und es waren bereits zu Mittag Gewitter und starker Regen angesagt. Natürlich nicht gerade die besten Vorrausetzungen für so eine lange Tour mit anspruchsvollem Abstieg. So wurde hochgepokert und doch gewonnen. Denn es hat gerade so lange wie angenehm gehalten und erst kurz nach dem „Führerkamin“ (die letzte schwere IIIer Abkletter-Passage im Abstieg) öffnete der Himmel seine Schleusen und der Wind peitschte den Regen waagrecht über das Stripsenjoch.
Totenkirchl gesehen vom Stripsenjoch (die Westwand befindet sich rückseitig)
Blick aus der Winklerschlucht auf die Totenkirchl Westwand
Übernachtet wurde am Auto bei der Griesner Alm (988 m) und bereist im Dunkeln sind wir auf dem Weg zum Stripsenjochhaus (1577 m). Dort geht es westseitig wieder gut 150 Hm hinunter um schließlich unter die Totenkirchl Westwand aufzusteigen. Ab Griesner Alm hat dies 1,5 h gedauert. Herrschte im Osten schöne Morgenstimmung mit blauem Himmel, so stand im Westen bereits der erste Regenschauer mir Regenbogen am Himmel. Na toll, das geht ja schon gut los. Im leichten Regen klettern wir die Winklerschlucht hinauf und zu allem Überfluss haben wir auch noch Topo´s und Wandbilder im Auto vergessen. Glückwunsch! Doch die kurze Zwischenstörung verzog sich schnell wieder und das Manko mit dem Topo wurde mit moderner Technik erschlagen. Wenig später hatte ich das abfotografierte Topoguide-Topo auf dem Handy. Größten Dank Alban für das Topo und das ich dich aus dem Bett werfen durfte
Morgenstimmung – blauer Himmel im Osten
Morgenstimmung – Regen im Westen
Altschneefeld am Beginn der Winklerschlucht
Als wir dann aus der Schlucht draußen und auf der Route waren mussten wir die Drehzahl aber endlich erhöhen, denn schon genug Zeit ging ins Land und gegen Mittag war ja der große Regen angesagt. Die ersten drei Seillängen klettern wir noch seilfrei und erst ab dem „17 Meter Riss“ klettern wir in Seilschaft. Was hier teilweise für überdimensionale Schlaghaken stecken. Unglaublich. Es ging recht flott und bald sind wir am berühmten „Nasenquergang“. Alle weiteren Angaben zu den Seillängen beziehen sich auf das sehr exakte Topoguide-Topo.
Querung aus der Winklerschlucht heraus
überdimensionaler Schlaghaken im „17 Meter Riss“
Blick auf den Quergang in der 5. SL
Blick auf den Quergang in der 5. SL
7. Seillänge
Blick auf den berühmten Kopftörlgrat
Es folgt der Nasenquergang. Wer den Quergang nicht klettern will kann weiterhin auf Dülfersspuren den Pendelquergang machen. Auch dieser weiteroben liegende Pendelstand ist eingebohrt. Dennoch schien uns das aufgrund der großen horizontal Distanz sehr kühn! Beim Klettern handelt es sich aber lediglich um 2 plattige schwere Meter kurz vor der Kante und hier steckt zum einen direkt ein Bohrhaken, zum anderen sind hier die schon eingangs erwähnten geschlagenen Tritte und zur Not hängt von einem Normalhaken auch noch eine A0 Schlinge herum. Die VII- aus dem Topoguide ist durchaus dankbar bewertet und ich denke die VI+ aus dem Panico Topo trifft es ganz gut.
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang
der legendäre Nasenquergang – das sieht hier wesentlich dramatischer aus als es ist
die geschlagenen Tritte im Nasenquergang
Es folgen „Zickzackwandl“, der „Schluchtquergang“ und eine leichtere Seillänge in der Schlucht bis zu den Wandbüchern etwas links außerhalb der direkten Kletterlinie. Nach den Wandbüchern quert man in zwei Seillängen mal wieder fröhlich nach rechts um die Ausstiegsrisse zu erreichen.
12.SL - Querung nach rechts in die Ausstiegsrisse
Für die folgenden drei Seillängen in den Ausstiegrissen sollte man noch etwas Pulver bereit haben, denn diese Seillängen sind zwar nur mit V+ und VI- bewertet, aber wesentlich anhaltender wie alles zuvor und man wird sich das ein oder andere Mal etwas wundern was hier alles mit V+ durchgeht. Zudem gilt es auch noch auf ein paar Metern einen klassischen Kaiser-Kamin zu meistern.
14. SL - Ausstiegsrisse
14. SL - klassischer Kaiser-Kamin
16. SL - kurzer Überhang in den Ausstiegsrissen
Nach knapp 5 h stehen wir am Gipfel und im Westen ist schon klar zu erkennen was uns hier bald blüht. Die dicken grauen Wolken sind nicht mehr zu leugnen. Nun ist natürlich der Abstieg vom Totenkirchl nicht gerade als Spaziergang bekannt und die vielen IIIer Kamine und Rinnen wollen ehrlich abgeklettert oder abgeseilt werden. Der Abstiegsweg ist jedoch bestens mit roten Punkten und Pfeilen markiert und so sollten wenigsten keine größeren Orientierungsprobleme aufkommen. Wir klettern alles ab und machen eine Punktlandung, denn direkt nach der letzten anspruchsvollen Abkletterpassage, dem Führerkamin, beginnt es in Strömen zu Regnen.
von Westen kommt die Wolkenfront
Abstieg vom Totenkirchl
Abstieg vom Totenkirchl
Abstieg vom Totenkirchl im Regen
Abstieg vom Totenkirchl im Regen – im Hintergrund die Führernadeln
Literatur / Kletterführer:
Topoguide, Band 1
1.Auflage 2005
Nicole Luzar, Volker Roth
Kletterführer Wilder Kaiser
Panico Alpinverlag
Markus Stadler
Kletterführer Bayerische Alpen, Nordtirol
1.Auflage 2004
Bergverlag Rother
Richard Goedeke
Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler
Landkarten:
AV Karte 8
Kaisergebirge
1:25000
Viele Grüße
Florian, Jürgen und Tobias