„Nachdem im gleichen Jahr zu Pfingsten Merkl und Welzenbach nach 600 Metern wegen Lawinengefahr umgekehrt waren, gelang den „Bergvagabunden“ am 22. Juni 1931 der große Wurf in 17 stündiger schwierigster Eisarbeit. Ihre Wegbeschreibung strotzt nur so von 60-70-Grad-Wegstrecken und Seilzugquergängen an Haken, die nur lose zwischen einer 3-Zentimeter-Eisglasur und dem Fels stecken.“
„In den Jahren danach blieb es ruhig in der 1200 Meter hohen Nordflucht des Ortler. … jedenfalls erfolgte die zweite Begehung erst 1957 durch Knoll und Pflauder, und zwar in Anbetracht des schlechten Wetters auch gleich im Abstieg. Eine enorme Leistung!“
aus: Erich Vanis - im steilen Eis.
Montagabend zufällig den Flo in der Kletterhalle getroffen, fragt er mich, wie schaut es aus, in Sulden wartet da eine gewisse Ortler Nordwand, am Dienstag für Donnerstag Urlaub beantragt und Rucksack gepackt, Mittwochabend sitzen wir nach der Arbeit im Auto und es geht nach Sulden. Spontane Wochenplanung…
König Ortler und seine prachtvolle Nordwand (gesehen von der Reschenpassstraße)
Die Ortler Nordwand wurde bereits im Jahre 1931 von Hans Ertl und Franz Schmid Erstbegangen. Eine überaus schlagkräftige Seilschaft: Ertl der absolute Prototyp des 1930-Jahre-Bergvagabunden und Schmid der fünf Wochen nach der Ortler Nordwand mit der Erstbegehung der Matterhorn Nordwand Weltruhm erlangen sollte. Die höchste Eiswand der Ostalpen ist bei einer Länge von 1200 m nach wie vor nicht zu unterschätzen. Zudem stellen die Gletscherabbrüche des Oberen Ortlerferner, welche rechts oberhalb der Wand drohen, eine gewisse Objektive Gefahr dar. Zu Mindestens der untere Teil sollte schnell und zügig durchstiegen werden, den umso Höher man kommt umso mehr klettert man aus dem Einflussbereich der Seracs heraus. Nichtsdestotrotz eine nach wie vor begehrte und häufig begangene große Eiswand von besonderer Schönheit und bestechender Linie.
Wir profitierten von sensationellen Spätherbstbedingungen und konnten die Tour in vollen Zügen genießen. Bis zur Gurgl idealer, tragender Firnschnee, im Bereich der Gurgl lediglich eine Seillänge dunkles, schwarzes aber dankbar zukletterndes Alteis und im oberen Teil komplett durchgehender Styroporschnee wie man sich ihn nur erträumen kann. Selbst im Bereich der eigentlich fast nicht mehr vorhandenen Eiswülste klebte auf dem Eis eine supergriffige Styroporschneeauflage und die Kletterei wurde so zum reinsten Genussklettern. Eine weitere Seilschaft war mit in der Wand. Einzig genussmindernder Faktor war starker Westwind, welcher regelmäßig für Spinndrifts sorgte. Auch wenn es auf den Bildern mit blauem Himmel und Sonnenschein nicht nach Wind aussieht, so schüttelte er uns insbesondere im Abstieg doch ganz ordentlich durch. Von Auto bis Auto dauerte die Tour ohne Stress und mit mehreren Pausen 12 h, die Wand selbst knapp 5 h und wir waren um 14:30 Uhr wieder in Sulden am Parkplatz bei der Kirche.
Von Sulden (1844 m) ging es durch die sternenklare und kalte Nacht über den Sommerweg hinauf Richtung Tabarettahütte (2556 m). Etwas unterhalb der Hütte zweigt man links ab. Wir wählten die orografisch linke Seitenmoräne des Martlferner und zweigten im Bereich des großen Gedenkstein (für die vielen in der Nordwand verunglückten) vom Sommerweg ab. Wenig später geht es auch schon hinein in die gewaltige Nordwand. Bis zur Gurgl ist es gemütliches Schneestapfen bei max. 45°. Die Sache zieht sich ganz schön und die 700 Hm bis zur Gurgl wollen auch erst mal zurückgelegt werden.
unterhalb der Gurgl
Als wir an der markanten Engstelle der “Gurgl” ankommen ist es noch stockfinstere Nacht. Zunächst sah es nach grimmigem hartem schwarzen Alteis aus. War aber nicht so. Sondern auch sehr dankbare zu kletterndes Eis.
Blick auf die Gurgl
Rückblick auf die Gurgl – Flo gerade im Nachstieg und die andere Seilschaft am Stand vor der Gurgl
Nach der Gurgl-Seillänge ein weitere etwas steilere Seillänge und wir standen im geneigteren Mittelteil. Auf dem nächsten Bild sieht es zwar nach Mixedkletterei aus aber der vorhandene schöne Eisstreifen ist lediglich verdeckt.
Nun war der Mittelteil erreicht und bei den vorhandenen Traumverhältnissen folgten viele lange T-Bloc Seillängen. Wir kletterten auf der leichtesten Linie durch die Wand, welche sich elegant durchschlängelt.
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Sonnenaufgang in der Ortler Nordwand
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
selbst am „Eiswulst“ toller Styroporschnee auf dem Alteis
selbst am „Eiswulst“ toller Styroporschnee auf dem Alteis
Blick zur Tabarettahütte
Nachdem fast nicht mehr vorhandenen “Eiswulst“ (max. 55°) ist die Bahn frei, der Ausstieg auf die Gratkante schon in Sicht
der erste der nachfolgenden Seilschaft im Spinndrift
der Ausstieg auf die Gratkante ist erreicht
Wenig später stehen wir nach etwas unter 5 h in der Nordwand am sturmumtosten Gipfel von König Ortler (3905m). Waren wir in der Wand noch relativ geschützt, so bekommen wir nun die starke Westlage voll zu spüren. Auch wenn es auf den Bildern mit blauem Himmel und Sonnenschein etwas anders aussieht.
Ortler (3905 m)
Ortler (3905 m)
Der Abstieg über den Normalweg gestaltet sich problemlos. Spalten waren bei richtiger Routenwahl überhaupt kein Thema und 45 min nach dem Gipfel waren wir bereits am Ortlerbiwak.
im Abstieg auf dem Oberen Ortlerferner
inzwischen gibt es auf dem Normalweg schon Leitern (ja sind wir denn im Khumbu???
)
Ab dem Ortlerbiwak wird es dann etwas anspruchsvoller und die felsigen teilweise mit Ketten und Eisenstiften versicherten Passagen kommen. Durch den starken Westwind ist aber hier der grieselige Schnee herausgeblasen, der Fels ist frei und es ging problemlos vom Ortlerbiwak in einer guten Stunde zur Payerhütte (3029m). Hier gönnen wir uns im Windschatten der Hütte eine längere Pause bevor es gemütlich über die Tabarettahütte wieder weiter zurück nach Sulden geht.
im Abstieg unterhalb des Ortlerbiwak
Blick in die Nordwand
Payerhütte (3029 m)
im Abstieg zur Tabarettahütte
Kletterführer:
AV-Führer Ortleralpen
6. Auflage 1984
Bergverlag Rother, München
Peter Holl
Firn- und Eisklettern in den Ostalpen
1. Auflage 2004
Andreas Jentzsch, Axel Jentzsch-Rabl
Alpinverlag
Im steilen Eis
80 Eiswände in den Alpen
Neuausgabe 1980
Erich Vanis
Landkarte:
1:25000: Tabacco 08, Ortlergebiet
Viele Grüße
Flo und Tobias
„In den Jahren danach blieb es ruhig in der 1200 Meter hohen Nordflucht des Ortler. … jedenfalls erfolgte die zweite Begehung erst 1957 durch Knoll und Pflauder, und zwar in Anbetracht des schlechten Wetters auch gleich im Abstieg. Eine enorme Leistung!“
aus: Erich Vanis - im steilen Eis.
Montagabend zufällig den Flo in der Kletterhalle getroffen, fragt er mich, wie schaut es aus, in Sulden wartet da eine gewisse Ortler Nordwand, am Dienstag für Donnerstag Urlaub beantragt und Rucksack gepackt, Mittwochabend sitzen wir nach der Arbeit im Auto und es geht nach Sulden. Spontane Wochenplanung…
König Ortler und seine prachtvolle Nordwand (gesehen von der Reschenpassstraße)
Die Ortler Nordwand wurde bereits im Jahre 1931 von Hans Ertl und Franz Schmid Erstbegangen. Eine überaus schlagkräftige Seilschaft: Ertl der absolute Prototyp des 1930-Jahre-Bergvagabunden und Schmid der fünf Wochen nach der Ortler Nordwand mit der Erstbegehung der Matterhorn Nordwand Weltruhm erlangen sollte. Die höchste Eiswand der Ostalpen ist bei einer Länge von 1200 m nach wie vor nicht zu unterschätzen. Zudem stellen die Gletscherabbrüche des Oberen Ortlerferner, welche rechts oberhalb der Wand drohen, eine gewisse Objektive Gefahr dar. Zu Mindestens der untere Teil sollte schnell und zügig durchstiegen werden, den umso Höher man kommt umso mehr klettert man aus dem Einflussbereich der Seracs heraus. Nichtsdestotrotz eine nach wie vor begehrte und häufig begangene große Eiswand von besonderer Schönheit und bestechender Linie.
Wir profitierten von sensationellen Spätherbstbedingungen und konnten die Tour in vollen Zügen genießen. Bis zur Gurgl idealer, tragender Firnschnee, im Bereich der Gurgl lediglich eine Seillänge dunkles, schwarzes aber dankbar zukletterndes Alteis und im oberen Teil komplett durchgehender Styroporschnee wie man sich ihn nur erträumen kann. Selbst im Bereich der eigentlich fast nicht mehr vorhandenen Eiswülste klebte auf dem Eis eine supergriffige Styroporschneeauflage und die Kletterei wurde so zum reinsten Genussklettern. Eine weitere Seilschaft war mit in der Wand. Einzig genussmindernder Faktor war starker Westwind, welcher regelmäßig für Spinndrifts sorgte. Auch wenn es auf den Bildern mit blauem Himmel und Sonnenschein nicht nach Wind aussieht, so schüttelte er uns insbesondere im Abstieg doch ganz ordentlich durch. Von Auto bis Auto dauerte die Tour ohne Stress und mit mehreren Pausen 12 h, die Wand selbst knapp 5 h und wir waren um 14:30 Uhr wieder in Sulden am Parkplatz bei der Kirche.
Von Sulden (1844 m) ging es durch die sternenklare und kalte Nacht über den Sommerweg hinauf Richtung Tabarettahütte (2556 m). Etwas unterhalb der Hütte zweigt man links ab. Wir wählten die orografisch linke Seitenmoräne des Martlferner und zweigten im Bereich des großen Gedenkstein (für die vielen in der Nordwand verunglückten) vom Sommerweg ab. Wenig später geht es auch schon hinein in die gewaltige Nordwand. Bis zur Gurgl ist es gemütliches Schneestapfen bei max. 45°. Die Sache zieht sich ganz schön und die 700 Hm bis zur Gurgl wollen auch erst mal zurückgelegt werden.
unterhalb der Gurgl
Als wir an der markanten Engstelle der “Gurgl” ankommen ist es noch stockfinstere Nacht. Zunächst sah es nach grimmigem hartem schwarzen Alteis aus. War aber nicht so. Sondern auch sehr dankbare zu kletterndes Eis.
Blick auf die Gurgl
Rückblick auf die Gurgl – Flo gerade im Nachstieg und die andere Seilschaft am Stand vor der Gurgl
Nach der Gurgl-Seillänge ein weitere etwas steilere Seillänge und wir standen im geneigteren Mittelteil. Auf dem nächsten Bild sieht es zwar nach Mixedkletterei aus aber der vorhandene schöne Eisstreifen ist lediglich verdeckt.
Nun war der Mittelteil erreicht und bei den vorhandenen Traumverhältnissen folgten viele lange T-Bloc Seillängen. Wir kletterten auf der leichtesten Linie durch die Wand, welche sich elegant durchschlängelt.
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Sonnenaufgang in der Ortler Nordwand
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
Traumverhältnisse mit tollem Styroporschnee
selbst am „Eiswulst“ toller Styroporschnee auf dem Alteis
selbst am „Eiswulst“ toller Styroporschnee auf dem Alteis
Blick zur Tabarettahütte
Nachdem fast nicht mehr vorhandenen “Eiswulst“ (max. 55°) ist die Bahn frei, der Ausstieg auf die Gratkante schon in Sicht
der erste der nachfolgenden Seilschaft im Spinndrift
der Ausstieg auf die Gratkante ist erreicht
Wenig später stehen wir nach etwas unter 5 h in der Nordwand am sturmumtosten Gipfel von König Ortler (3905m). Waren wir in der Wand noch relativ geschützt, so bekommen wir nun die starke Westlage voll zu spüren. Auch wenn es auf den Bildern mit blauem Himmel und Sonnenschein etwas anders aussieht.
Ortler (3905 m)
Ortler (3905 m)
Der Abstieg über den Normalweg gestaltet sich problemlos. Spalten waren bei richtiger Routenwahl überhaupt kein Thema und 45 min nach dem Gipfel waren wir bereits am Ortlerbiwak.
im Abstieg auf dem Oberen Ortlerferner
inzwischen gibt es auf dem Normalweg schon Leitern (ja sind wir denn im Khumbu???
)
Ab dem Ortlerbiwak wird es dann etwas anspruchsvoller und die felsigen teilweise mit Ketten und Eisenstiften versicherten Passagen kommen. Durch den starken Westwind ist aber hier der grieselige Schnee herausgeblasen, der Fels ist frei und es ging problemlos vom Ortlerbiwak in einer guten Stunde zur Payerhütte (3029m). Hier gönnen wir uns im Windschatten der Hütte eine längere Pause bevor es gemütlich über die Tabarettahütte wieder weiter zurück nach Sulden geht.
im Abstieg unterhalb des Ortlerbiwak
Blick in die Nordwand
Payerhütte (3029 m)
im Abstieg zur Tabarettahütte
Kletterführer:
AV-Führer Ortleralpen
6. Auflage 1984
Bergverlag Rother, München
Peter Holl
Firn- und Eisklettern in den Ostalpen
1. Auflage 2004
Andreas Jentzsch, Axel Jentzsch-Rabl
Alpinverlag
Im steilen Eis
80 Eiswände in den Alpen
Neuausgabe 1980
Erich Vanis
Landkarte:
1:25000: Tabacco 08, Ortlergebiet
Viele Grüße
Flo und Tobias