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Aiguille du Plan-Nordwand, 21. u. 22.4.07
#1

[Bild: 10_Aiguille_du_PlanNordwand1_1.jpg]



Aiguille du Plan Nordwand (entliehenes Bild von Summitpost.org, enspricht nicht den aktuellen Verhältnissen)


In Chamonix gibt es ein paar Linien die einem vom Tal ins Auge stechen. Eine davon ist unter anderem die Aiguille du Plan Nordwand. Über einem Felspfeiler von ca. 400Hm baut sich ein mächtiger 600hm messender Hängegletscher mit vielen Seracstufen auf über den der weitere Anstieg verläuft. Am imposantesten ist die Wand in der unmittelbaren Draufsicht (vgl. entliehenes Bild von summitpost.org) Eine Linie die ich lange schon mal steigen wollte. Peter war für diese Tour zu begeistern und so zogen wir am Wochenende, beide nach sehr langer Hochtourendurststrecke, nach Chamonix.

Wir konnten uns ausrechnen, dass wir die Tour nicht in einem Tag komplett vom Tal bis wieder zurück ins Tal schaffen würden. Selbst ein Biwak oben beim Einstieg erschien uns nicht ausreichend Zeit zu verschaffen um am Sonntag noch die letzte Bahn zu erwischen und wie erforderlich rechtzeitig am Montag in der Arbeit zu sein. Der Midi-Plan-Grat zieht sich noch mal und wird im Führer immerhin auch mit 4h angegeben. Also entschieden wir uns am Samstag schon loszustarten und gemütlich den Felspfeiler hochzuklettern und dann entweder noch geschützt auf dem Felspfeilerende zu biwakieren oder, sofern möglich, weiter oben im Eisteil an einer geschützten Stelle zu übernachten.

Mit der ersten Bahn fuhren wir von Chamonix hoch zur Mittelstation. Fasziniert schauten wir in die Nordwand der Aiguille du Midi. Die Verhältnisse sahen sehr gut aus. Unser Projekt war etwas weiter links (westlich). In etwa 30 min standen wir unter dem Einstiegspfeiler. Der Einstieg beginnt normalerweise von links, aber wir sahen eine Rinne die auch von rechts (östlich) ein gutes Erklettern der Pfeilerkante versprach. Der Pfeiler an sich ist eher flach, erst im Eisteil wird es steiler.

Durch die Rinne ging es in etwa 3 Seillängen kombiniertem Gelände (eine schwerere Einzelstelle) hinauf zur Pfeilerkante, welche man nach dem ersten Turm betritt.

[Bild: 10_9_schwere_Stelle_in_der_Schlucht_zw_1...Turm_1.jpg]


Richtung zweiter Turm wird zuerst links der Kante in einer langen Seillänge in einer Rinne (etwa M3, Stelle M4) geklettert.

[Bild: 10_13_schne_Kletterei_hoch_zum_zweiten_T...ante_1.jpg]


Eine kurze Seillänge leitet zu einem Absatz unter dem zweiten Turm. Abseilstelle etwas rechts hinter einer Kante. Nun in leichtem Gelände ca. 20 m westlich (rechts) abklettern und den zweiten Turm queren.

[Bild: 10_15_Abklettern_hinter_dem_zweiten_Turm_1.jpg]

In einer weiteren kurzen Seillänge wieder rechts (westlich) um eine Kante herum (Fels III ) bis man auf einem Schneefeld unterhalb des 3. Turms steht. Dieses in etwa 60m queren (ca. 45 Grad)

[Bild: 10_17_Rckblick_auf_die_Querung_hinter_dem_3_Turm_1.jpg]

und zum Beginn zweier Kamine die in die Scharte zw. 3. und 4. Turm hochführen. Wir wählten den rechten Kamin. Hier gutabsicherbare, anregende Kletterei in zwei kurzen Seillängen bis zur Scharte. Fels V- (M4+). Das Klettern in der oberen Kaminhälfte machte viel Spaß, da man hervorragend mit dem Gerät in den Rissen drytoolen konnte. Nur der Rucksack erwies sich als Hindernis und wollte einfach immer hängen bleiben. Zurück auf der Pfeilerkante immer weiter auf dem schmalen Felsrücken empor. Zuerst in einer kombinierten Seillänge über unangenehme Platten bis zu einem Absatz mit Blöcken. Obwohl hier ein guter Biwakplatz gewesen wäre entschieden wir uns noch weiter zu klettern. Es war noch zu früh am Tage und wir wollten den Felspfeiler hinter uns haben und so weit hoch wie möglich kommen. Ein Biwak im Eis erschien uns auch viel interessanter. Also weiter.
Eine kurze Seillänge führte zum Fuß einer markanten Platte mit feinem Riß (mit sichtbarem Haken). Unterhalb halbwegs guter Stand an Haken in Querriß möglich (nicht eingerichtet). Hier fand ich einen neueren Keil mit Abseil/Rückzugskarabiner. Die einzige mögliche Belastungsrichtung des Keils wies nach rechts. Dort jedoch nichts als 200Hm senkrecht abfallender Fels. Da schien jemand einen heiden Respekt vor der Stelle gehabt zu haben um ein solches Rückzugmanöver hinzulegen. Nach nur minimalem Zug in die andere Richtung war der gefundene Keil gelöst.
Gerade hoch schien also schwer zu sein. Mit Kletterschuhen kein Problem wenn trocken aber mit Steigeisen oder Bollerschuhen bei sichtbar stumpfen Riß? Peter sah, als er nachgestiegen kam die Sache ebenso. Mit etwas Seilzug schaute er links um die Ecke und fand dahinter einen Verschneidungsriß der die Lösung versprach. In diesem Verschneidungsriß (M4+) empor (Felshaken am Ende) und oberhalb der Platte wieder auf den Rücken und weiter einfacher empor. Nun eine lange Seillänge auf sehr schmalem Schnee/Felsgrat über zwei kleine Türmchen bis zum Fuß des letzten kleineren Felsaufschwungs.

[Bild: 10_20_vorletzte_Seillnge_am_Pfeiler_1.jpg]

In einer letzten, einfachen Seillänge zum Fuß des Hängegletscher. Der Übergang war einfach möglich.

[Bild: 10_21_Ausstieg_aus_Pfeiler_in_die_Seracs_1.jpg]


Im Eis fanden wir gute Verhältnisse vor und stiegen simultan gerade empor bis zum großen Seracwandriegel im unteren Drittel der Eiswand. Einzig unsere Steigeisen und Eisgeräte waren stumpf vom ständigen Mixedklettern im unteren Felspfeiler und mussten im spröden Eis der Seracstufen öfters nachgeschlagen werden.
Am Fuße des teilweise überhängenden großen Seracriegels fanden wir eine kleine Spalte in dem etwa 45 Grad steilen Hang. Der Serac über unseren Köpfen sah solide aus und würde uns durch seine Überkragung sogar vor Lawinen und Eisschlag schützen. Unwahrscheinlich, so entschieden wir uns, weiter oben noch einen besseren Biwakplatz zu finden.Jeder budelte sein Loch und vergrößerte die Spalte mit dem Eisgerät.

[Bild: 10_22_Peter_schaufelt_gerade_das_Spaltenbiwak_aus_1.jpg]

Nach einiger Zeit hatten wir einen komfortablen Biwakplatz und konnten ein jeder, ausgestreckt und überdacht darin liegen.

[Bild: 10_24_Alban_im_Biwak_1.jpg]

Mittlerweile hatte das Wetter auch zugezogen und es schneite sogar leicht. Nach reichlich Schneeschmelzen und etwas Essen gings in den Schlafsack. Unter uns die Lichter von Chamonix und morgen ein angekündigtes gutes Wetter.
Am nächsten Morgen war unser Seil völlig eingefroren und kaum mehr zu bedienen. Ähnlich fühlten sich meine Schuhe an. Rein in die Eissärge und schnell losklettern. Das Frühstück kam dabei irgendwie arg zu kurz.

[Bild: 10_26_morgendlicher_Ausblick_vom_Biwak_1.jpg]


Wir umgingen die erste Seracsteilstufe linkerhand

[Bild: 10_27_im_mittleren_Eisteil_1.jpg]

und die nächste rechterhand in moderatem Gelände.

[Bild: 10_28_Kletterei_in_der_Seraczone_1.jpg]

Oberhalb zielten wir auf die linken Begrenzungsfelsen. Dort zog eine Rinne zwischen Fels und Eis durch. Im Anschluß nocheinmal ein kurzer Aufschwung mit Stellen bis 70 Grad.

[Bild: 10_33_schne_Kletterei_am_letzten_Aufschwung_1.jpg]

Schließlich steht man im Gipfelfirnhang

[Bild: 10_35_in_der_Gipfelfirnwand_oberhalb_den_Seracs_1.jpg]

und leichtes Gelände führt unmittelbar unter die Gipfelfelsen, wo der Midi-Plan-Grat mündet bzw. für uns beginnt.

[Bild: 10_36_der_felsige_Gipfelaufbau_1.jpg]

Geschafft, hinter uns eine schöne Tour und ein interessantes Biwak. Nach kurzer Rast machten wir uns gegen 12.45 Uhr auf den Rückweg zur Bahn. Leider streikte mein Fotoapparat, so dass wir leider keine Fotos vom schönen Grat machen konnten. Anfangs fanden wir noch Steigspuren welche sich aber bald verloren. Wir umgingen die Felsstelle (Abseilstelle in Gegenrichtung) in der unterhalb liegenden südseitigen Firnwand. Dies war zwar etwas Umweg aber da wir beide die Route nicht genau kannten und keine Zeit mehr für Experimente hatten gingen wir einfach dort wo wir es am leichtesten bzw. schnellsten erachteten. An einer Stelle mussten wir nordwestseitig eine 45 Grad Rinne absteigen und anschließend wieder in eine Scharte queren. Nach langem rechts und linksherum um die Türme ließen wir irgendwann die Felsen hinter uns. Die Zeit drängte und in langsamen aber stetigen Stapfen erreichten wir noch rechtzeitig die letzte Bahn ins Tal. Mit dieser gings dann rasant schnell hinab zurück ins belebte Chamonix.


[Bild: 10_37_Aiguille_du_Plan_gesehen_von_Chamonix_1.jpg]



Aiguille du Plan-Nordwand in Wolken, gesehen von Chamonix


Anmerkung:
Wandhöhe etwa 1050m, Fels bis V- (M4+) und Eis (je nach Routenwahl) bis etwa 70 Grad. TD-. Zustieg ab Mittelstation etwa 30min. Zeit für die Wand zw.10-12h. Rückweg zur Midi-Bergstation via Midi-Plan-Grat ca. 4h.
Auf beschriebener Route im Felsteil etwa 16 Seillängen. (wir hatten ein 50m Seil) Die Absicherung ist meist selbst anzubringen. Es stecken nur wenige Haken. Anfangs öfters Blockschlingen. Gut absicherbar mit Camelots der Größe 0,3-2 (doppelte Größen von 0,3-0,75 von Vorteil). Für die oft verschneiten, flachen letzten Seillängen ein paar Felshaken zu empfehlen. Meist solider Fels. Übergang vom Pfeiler in den Hängegletscher derzeit ohne Probleme. Seracs können bei entsprechender Routenwahl zumeist umgangen werden. Je nach Routenwahl zwingend kurze Aufschwünge mit 65-70 Grad. Zwischendurch öfters 50 Grad, teils leichter. Rückweg über den Midi-Plan-Grat nochmals lang. 4 h, PD+/AD-. Wer am selben Tag der Bahnauffahrt mit der letzten Talfahrt liebäugelt sollte sehr sehr schnell unterwegs sein oder wie wir mit einem Tourenbiwak (ob nun am Einstieg, Ausstieg, Abstieg oder in der Wand) planen.
Auf dem Felspfeiler ist man objektiv vor Lawinen oder Eisschlag relativ sicher. Derzeit ist auch der obere Eisteil in gutem Zustand. Einzig im Mittelteil hängen an den linken Begrenzungsfelsen ein paar instabil wirkende Seracblöcke. Dieser Bereich kann aber derzeit schnell auf einer Terasse unterhalb traversiert werden. Sehr lohnendes und zu empfehlendes Unternehmen.


Gruß
Alban



Gute Seite für Fotos und Infos:

http://www.summitpost.org/mountain/rock/...-plan.html


Fotos zum Midi-Plan-Grat:

http://www.cosleyhouston.com/recent/03-0...midler.htm

Tourenbeschreibung und eventuell aktuelle Verhältnisse zum Midi-Plan-Grat :

http://alpinisme.camptocamp.com/sortie10...du+plan%2A
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