„Von Einheimischen öfters begangene, in ihrer Art interessante Graskletterei. Die schwierigen Stellen sind fest und kaum grasig, ansonsten stellenweise stark grasdurchsetzter Fels. Bei Nässe äußerst unangenehm, ja sogar gefährlich!“
„Die Orientierung ist nicht ganz einfach. Spaß findet an dieser Kletterei nur jemand, der schon vorher grasige Wände geklettert ist.“
aus: Marcus Lutz – AV-Führer Tannheimer Berge
„Mit insgesamt ca. 60 Begehungen … handelt es sich um die meistbegangene unter den „großen“ Kletterrouten am Aggenstein.“
aus: Toni Freudig – Klettern rund um den Aggenstein
Den Zitaten aus den Kletterführern ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Die Nordostwand aus dem Jahre 1946 führt in klassisch alpiner Linie, immer die Schwachstellen ausnutzend, durch die an sich erst mal sehr abschreckend wirkende Wand. In dieser Art schon eine besondere und absolut lohnende Tour. Die Brüchigkeit hält sich sehr in Grenzen und die Entscheidenden Stellen sind in der Tat fest und sogar schön zu klettern. Nichtsdestotrotz wird sich hier der reine Kletterer nicht sehr wohlfühlen und ein Portion Steilgraserfahrung ist von Nöten. Für die erste gemeinsame Tour von Christoph und mir also genau die richtige Unternehmung.
Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Tour inzwischen stark saniert ist!!! An den Standplätzen sind meist sogar zwei Bohrhaken und an den entscheidenden Stellen sogar auch Zwischenbohrhaken. An sich ist diese Sanierung zwar vorbildlich geschehen und die Haken sind eigentlich perfekt an den richtigen Stellen gesetzt, doch ob auf den gerademal 8-9 Seillängen ca. 25 Bohrhaken nötig gewesen wären wage ich stark zu bezweifeln! Ich hatte zwar schon mal von Gerüchten über eine Sanierung dieser Tour gehört, in welchem Umfang und ob die Sanierung überhaupt satt gefunden hat wusste ich aber nicht. So sind wir jedenfalls, im Nachhinein, völlig Over-Equipped mit Hammer und einigen Haken, mit einem ganzen Satz Cams und Keilen hier angerückt. Im Endeffekt wurden auf der gesamten Route von uns nur viermal Cams gelegt…
Die Sanierung hat dieser Tour natürlich klar das ganz große Abenteuer genommen. Doch auch wenn sich die von uns gelegten 4 Cams vielleicht sehr wenig anhören, sollte einem schon bewusst sein das es sich um wildes Alpingelände handelt und trotz Sanierung diese Route meilenweit von einer Plaisirtour entfernt ist. Aufgrund dessen, das man sich hier oft richtig im Steilgras halten und auch stehen muss, sollte unbedingt auf sehr trockenen Verhältnisse gewartet werden. Dies kann auf Grund der Ausrichtung und des Charakters der Wand je nach Jahreszeit schon einige Tage dauern. Für zusätzliche (mentale) Sicherheit in den Steilgraspassagen könnte vielleicht sogar ein Eisgerät (oder ähnliches mit Haue) pro Seilschaft für den Vorsteiger nicht schaden. Wegen der etwas verwickelten, klassischen Routenführung mit vielen Querungen ist ein Rückzug nicht von jedem Stand aus problemlos möglich. Diesbezüglich kann bei zweifelhaftem Wetter über Hammer und wenige Haken im Rucksack für einen möglichen Rückzug zu mindestens nachgedacht werden.
Blick von der Breitenbergbahn
die Aggenstein Nordostwand
Von Pfronten ging es ganz gemütlich mit der Breitenbergbahn hoch und in lediglich 20 min hinüber zum Einstieg. Das ist ja wie beim Sportklettern?!? Dann blitzen einem auch in der leichten ersten Seillänge gleich noch die Bolts entgegen und ich habe hier einen ganzen Schwung Cams sowie Hammer und Haken am Gurt baumeln. Irgendwie komisch und paradox.
Das Topo aus dem Freudig-Führer ist wie gewohnt sehr gut und auch das Topo und die Textbeschreibung aus dem alten AV-Führer sind sehr treffend und man sollte mit diesen Informationen gut durchfinden. Nur haben sich inzwischen durch die Sanierung ein paar Standplätze etwas nach oben oder unten verschoben.
2. SL
2. SL
2. SL – unter dem nach Dach nach rechts und steil aber schön nach oben (VI oder V/A0)
3. SL – typisches Bild aus der Aggenstein Nordostwand
Nach drei Seillängen ist die markante nach links ziehende Rampe erreicht. Auf der Rampe wechseln sich steile Graspassagen (70°) mit plattigen Felspassagen ab. Die beiden Seillängen auf der Rampe haben wir zusammengefasst.
4. SL – da lacht doch das Steilgrasherz
5. SL – plattige Passage auf der Rampe (V-)
Noch bevor die Rampe endet wird sie steil, plattig und luftig auf Höhe eines Standplatzes mit 2 Bohrhaken nach rechts verlassen. In der Querung stecken ein Bohrhaken und ein fixe Schlinge. Wir haben hier irrtümlicherweise zu früh an einem einzelnen Zwischensicherungsbohrhaken Stand bezogen und sind zu früh nach rechts gequert. Diese 6. SL führt wieder zurück in den zentraleren Wandteil und an den Beginn einer markanten schrägen Verschneidung.
6. SL – wir sind hier zu früh nach rechts abgebogen und auf dem Bild handelt es sich um eine nicht zu empfehlende Variante
6. SL – wir sind hier zu früh nach rechts abgebogen und auf dem Bild handelt es sich um eine nicht zu empfehlende Variante
Die schon von unten markante und offensichtliche, schrägverlaufende Verschneidung/Rampe der 7. SL stellt dann die Schlüsselseillänge dar. Entweder VI oder V+/A0. Es handelt sich aber nur um wenige Meter und zudem steckt an der schwersten Stelle ein Bohrhaken. Stand am Rande einer markanten Höhle. Am Beginn dieser Seillänge kommen die Nordostwand und die Direkte Nordostwand ganz zusammen. Die Direkte zweigt dann aber waagrecht nach rechts ab. Dieser Quergang erinnert stark an die Dolomiten, ja fast schon ein klein wenig an den legendären Cassin Quergang an der Westlichen Zinne
, nur in die falsche Richtung und die Graspolster stören etwas.
7. SL (VI oder V+/A0)
Blick in den Dolomiten ähnlichen kurzen Quergang der Direkten Nordostwand
Stand am Höhlenrand
Nun folgen noch zwei Seillängen in der Ausstiegsschlucht und das Ende der Route ist erreicht. Die letzte Seillänge der Ausstiegschlucht steigen wir seilfrei nach oben und erreichen nach knapp 3 h den Ausstieg.
die erste Seillänge in der Ausstiegsschlucht (V-)
die zweite Seillänge in der Ausstiegsschlucht (IV)
am Ausstieg
Vom Ausstieg ließe sich über den obersten Teil des Normalweges „Langer Strich“ der Gipfel erreichen. Wir klettern aber noch schnell eine der kurzen Touren rechts des „Langen Strich“ und erreichen so den Gipfel des Aggenstein. Über den „Langen Strich“ steigen wir wieder zurück zur Breitenbergbahn und ein schöner Tourentag in einer inzwischen „Genuss-Abendteuer-Tour“ geht zu Ende.
Aggenstein (1987 m) - Nordostwand:
- 1. Begehung: Toni Ungelehrt, Sepp Maag, Ludwig Kübler 04.08.1946
- 1. Winterbegehung: Ali Kleemaier und Leo Schuster Dezember 1953
- 1. Solobegehung: Toni Freudig 05.07.1981
Literatur:
AV-Führer Tannheimer Berge
2. Auflage 1992
Bergverlag Rother
Marcus Lutz
Klettern rund um den Aggenstein
März 2002
Eigenverlag
Toni Freudig
Landkarten:
1:25000 AV Karte BY 5 – Tannheimer Berge
Viele Grüße
Christoph und Tobias
„Die Orientierung ist nicht ganz einfach. Spaß findet an dieser Kletterei nur jemand, der schon vorher grasige Wände geklettert ist.“
aus: Marcus Lutz – AV-Führer Tannheimer Berge
„Mit insgesamt ca. 60 Begehungen … handelt es sich um die meistbegangene unter den „großen“ Kletterrouten am Aggenstein.“
aus: Toni Freudig – Klettern rund um den Aggenstein
Den Zitaten aus den Kletterführern ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Die Nordostwand aus dem Jahre 1946 führt in klassisch alpiner Linie, immer die Schwachstellen ausnutzend, durch die an sich erst mal sehr abschreckend wirkende Wand. In dieser Art schon eine besondere und absolut lohnende Tour. Die Brüchigkeit hält sich sehr in Grenzen und die Entscheidenden Stellen sind in der Tat fest und sogar schön zu klettern. Nichtsdestotrotz wird sich hier der reine Kletterer nicht sehr wohlfühlen und ein Portion Steilgraserfahrung ist von Nöten. Für die erste gemeinsame Tour von Christoph und mir also genau die richtige Unternehmung.
Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Tour inzwischen stark saniert ist!!! An den Standplätzen sind meist sogar zwei Bohrhaken und an den entscheidenden Stellen sogar auch Zwischenbohrhaken. An sich ist diese Sanierung zwar vorbildlich geschehen und die Haken sind eigentlich perfekt an den richtigen Stellen gesetzt, doch ob auf den gerademal 8-9 Seillängen ca. 25 Bohrhaken nötig gewesen wären wage ich stark zu bezweifeln! Ich hatte zwar schon mal von Gerüchten über eine Sanierung dieser Tour gehört, in welchem Umfang und ob die Sanierung überhaupt satt gefunden hat wusste ich aber nicht. So sind wir jedenfalls, im Nachhinein, völlig Over-Equipped mit Hammer und einigen Haken, mit einem ganzen Satz Cams und Keilen hier angerückt. Im Endeffekt wurden auf der gesamten Route von uns nur viermal Cams gelegt…
Die Sanierung hat dieser Tour natürlich klar das ganz große Abenteuer genommen. Doch auch wenn sich die von uns gelegten 4 Cams vielleicht sehr wenig anhören, sollte einem schon bewusst sein das es sich um wildes Alpingelände handelt und trotz Sanierung diese Route meilenweit von einer Plaisirtour entfernt ist. Aufgrund dessen, das man sich hier oft richtig im Steilgras halten und auch stehen muss, sollte unbedingt auf sehr trockenen Verhältnisse gewartet werden. Dies kann auf Grund der Ausrichtung und des Charakters der Wand je nach Jahreszeit schon einige Tage dauern. Für zusätzliche (mentale) Sicherheit in den Steilgraspassagen könnte vielleicht sogar ein Eisgerät (oder ähnliches mit Haue) pro Seilschaft für den Vorsteiger nicht schaden. Wegen der etwas verwickelten, klassischen Routenführung mit vielen Querungen ist ein Rückzug nicht von jedem Stand aus problemlos möglich. Diesbezüglich kann bei zweifelhaftem Wetter über Hammer und wenige Haken im Rucksack für einen möglichen Rückzug zu mindestens nachgedacht werden.
Blick von der Breitenbergbahn
die Aggenstein Nordostwand
Von Pfronten ging es ganz gemütlich mit der Breitenbergbahn hoch und in lediglich 20 min hinüber zum Einstieg. Das ist ja wie beim Sportklettern?!? Dann blitzen einem auch in der leichten ersten Seillänge gleich noch die Bolts entgegen und ich habe hier einen ganzen Schwung Cams sowie Hammer und Haken am Gurt baumeln. Irgendwie komisch und paradox.
Das Topo aus dem Freudig-Führer ist wie gewohnt sehr gut und auch das Topo und die Textbeschreibung aus dem alten AV-Führer sind sehr treffend und man sollte mit diesen Informationen gut durchfinden. Nur haben sich inzwischen durch die Sanierung ein paar Standplätze etwas nach oben oder unten verschoben.
2. SL
2. SL
2. SL – unter dem nach Dach nach rechts und steil aber schön nach oben (VI oder V/A0)
3. SL – typisches Bild aus der Aggenstein Nordostwand
Nach drei Seillängen ist die markante nach links ziehende Rampe erreicht. Auf der Rampe wechseln sich steile Graspassagen (70°) mit plattigen Felspassagen ab. Die beiden Seillängen auf der Rampe haben wir zusammengefasst.
4. SL – da lacht doch das Steilgrasherz
5. SL – plattige Passage auf der Rampe (V-)
Noch bevor die Rampe endet wird sie steil, plattig und luftig auf Höhe eines Standplatzes mit 2 Bohrhaken nach rechts verlassen. In der Querung stecken ein Bohrhaken und ein fixe Schlinge. Wir haben hier irrtümlicherweise zu früh an einem einzelnen Zwischensicherungsbohrhaken Stand bezogen und sind zu früh nach rechts gequert. Diese 6. SL führt wieder zurück in den zentraleren Wandteil und an den Beginn einer markanten schrägen Verschneidung.
6. SL – wir sind hier zu früh nach rechts abgebogen und auf dem Bild handelt es sich um eine nicht zu empfehlende Variante
6. SL – wir sind hier zu früh nach rechts abgebogen und auf dem Bild handelt es sich um eine nicht zu empfehlende Variante
Die schon von unten markante und offensichtliche, schrägverlaufende Verschneidung/Rampe der 7. SL stellt dann die Schlüsselseillänge dar. Entweder VI oder V+/A0. Es handelt sich aber nur um wenige Meter und zudem steckt an der schwersten Stelle ein Bohrhaken. Stand am Rande einer markanten Höhle. Am Beginn dieser Seillänge kommen die Nordostwand und die Direkte Nordostwand ganz zusammen. Die Direkte zweigt dann aber waagrecht nach rechts ab. Dieser Quergang erinnert stark an die Dolomiten, ja fast schon ein klein wenig an den legendären Cassin Quergang an der Westlichen Zinne
, nur in die falsche Richtung und die Graspolster stören etwas.
7. SL (VI oder V+/A0)
Blick in den Dolomiten ähnlichen kurzen Quergang der Direkten Nordostwand
Stand am Höhlenrand
Nun folgen noch zwei Seillängen in der Ausstiegsschlucht und das Ende der Route ist erreicht. Die letzte Seillänge der Ausstiegschlucht steigen wir seilfrei nach oben und erreichen nach knapp 3 h den Ausstieg.
die erste Seillänge in der Ausstiegsschlucht (V-)
die zweite Seillänge in der Ausstiegsschlucht (IV)
am Ausstieg
Vom Ausstieg ließe sich über den obersten Teil des Normalweges „Langer Strich“ der Gipfel erreichen. Wir klettern aber noch schnell eine der kurzen Touren rechts des „Langen Strich“ und erreichen so den Gipfel des Aggenstein. Über den „Langen Strich“ steigen wir wieder zurück zur Breitenbergbahn und ein schöner Tourentag in einer inzwischen „Genuss-Abendteuer-Tour“ geht zu Ende.
Aggenstein (1987 m) - Nordostwand:
- 1. Begehung: Toni Ungelehrt, Sepp Maag, Ludwig Kübler 04.08.1946
- 1. Winterbegehung: Ali Kleemaier und Leo Schuster Dezember 1953
- 1. Solobegehung: Toni Freudig 05.07.1981
Literatur:
AV-Führer Tannheimer Berge
2. Auflage 1992
Bergverlag Rother
Marcus Lutz
Klettern rund um den Aggenstein
März 2002
Eigenverlag
Toni Freudig
Landkarten:
1:25000 AV Karte BY 5 – Tannheimer Berge
Viele Grüße
Christoph und Tobias