Bei „Crack Baby“ handelt es sich wahrscheinlich um einen, ja vielleicht sogar DEN, berühmtesten Eisfall unserer Alpen. Kandersteg ist das Mekka und die Breitwangfluh hoch über dem Kandertal sozusagen der Circus Maximus des Eis- und Mixedkletterns. Die Lage an der Breitwangfluh, die 1000 Hm Zustieg, die anhaltenden Schwierigkeiten, die Länge und natürlich die schöne Form dieses Eisgebildes machen „Crack Baby“ zu dem was es ist, ein begehrter und nicht geschenkter absoluter Megaklassiker. Erstbegangen wurde „Crack Baby“ (WI 6 / 340 m) vom leider mit 31 viel zu früh beim Base Jumpen verstorbenen Eiskletterpionier Xaver Bongart und Michael Gruber am 15. Februar 1993.
„Auch im Eisfall klettern setzt er [Xaver Bongart] neue Akzente. Er macht das Eisklettern zu dem, was es heute ist: ein Extremsport ... Seine 1988 mit Peter Gobet eröffnete Route „Rübezahl“ (WI 6) stellt alles in den Schatten was bis dahin in der Schweiz an Eisfällen geklettert wurde. Und mit „Crack Baby“ sollte Xaver diese Leistung im Februar 1993 noch einmal toppen. Mit seinen Artikeln in den „Alpen“, der Zeitschrift des SAC, und in zwei Tageszeitungen weist er zahlreichen Kletterern den Weg in eine neue Ära des Eiskletterns, bei der das Klettern an Eisfällen als eigenständige Disziplin gesehen wird und nicht mehr als bloßes Training für die großen Nordwände.“
aus: Wen die Götter lieben – Ulrich Remanofsky
Breitwangfluh
Breitwangfluh – Crack Baby
Bis vor drei Jahren gab es die Möglichkeit den 1000 hm langen Zustieg mit einer Art Seilbahn/Materialbahn um 700 Hm zu verkürzen. Von Mitholz (956 m) im Kandertal ging die Bahn auf Anfrage bis zu den Unteren Giesene Almen (1668 m). Einer schön gelegenen kleinen nur im Sommer bewohnten Siedlung unterhalb der Breitwangfluh. Seit einem Sturmschaden ist Bahn definitiv beschädigt, nicht funktionsfähig und wird nach Anfrage auch nicht mehr aufgebaut (Stand März 2013).
Nun ist der 6. Eisgrad natürlich nicht gerade mein Vorstiegsrevier und schon gar nicht an einem Fall mit 340 m Länge. Somit habe ich das große Erlebnis des „Crack Baby“ nur meinem bärenstark vorsteigenden Freund Florian zu verdanken und es war sozusagen für mich ein um einen Tag vorgezogenes Geburtstaggeschenk. Beeindruckend zu sehen wie ruhig, souverän und flott Florian auch in den schwersten Längen vorgestiegen ist.
Noch am Freitagabend fahren wir nach Mitholz im Kandertal und übernachten im Auto. Der zweimalige Zusammenstoß mit dem Schweizer Militär auf der Suche nach dem richtigen Ausgangspunkt und auch Übernachtungsplätzchen verlief glücklicherweise unblutig und so konnten wir uns am frühen nächsten Morgen gegen 05:00 Uhr an den 1000 Hm langen Zustieg zur Breitwangfluh machen. Nach knapp 1,5 h haben wir die Unteren Giesene Almen (1668 m) erreicht und nach weiteren 30 min stehen wir vor dem beeindruckenden „Crack Baby“. Wir sind die ersten und an diesem Tag auch die einzigen im „Crack Baby“. Eine weitere Seilschaft ist etwas später in die Alphasäule eingestiegen, musste aber leider wegen Dauerduschgang abbrechen. Was die Nässe anbelangt hatten wir anscheinend etwas mehr Glück, was natürlich nicht heißen soll das wir keine Duschgänge erhalten haben.
Unteren Giesene Almen (1668 m)
Blick von den Almen zur Breitwangfluh
„Crack Baby“ gesehen vom Einstieg
Die erste Seillänge steige dann ich vor und um gleich mal Meter zu machen klettern wir eine lange 80 m Seillänge am langen Seil. Danach folgt die 2. SL (ca. WI 4+) und somit auch die letzte gemäßigte Seillänge für eine ganze Weile.
Einstiegsseillänge
Einstiegsseillänge
2. SL
bequemer Stand in einer Eishöhle
Mit der 3. SL wird es dann ernst und man taucht ein ins endgültig steile Metier. Von der Eishöhle folgen zunächst 10 steile Meter bis auf eine Art Band vor dem ersten richtig steilen Aufschwung. Dieser Aufschwung wird von einem großen Eisüberhang abgeschlossen welcher rechtsquerend umgangen werden kann.
Blick aus der Höhle
rechtsquerende Umgehung des großen Überhangs
Blick vom Band auf den Überhang
Mit der 4. SL (55 m) folgt gleich die nächste äußerst anhaltende steile Länge. Die Unterarme bläst es schon mal gewaltig auf. Ein großer Vorteil sind die wenigstens meistens super bequemen Standplätze auf Absätzen oder Bändern. Die teils vorhandene Borhhakenstände nehmen wir aber im Aufstieg gar nicht in Anspruch. Bei gutem Eis ja auch nicht wirklich nötig.
4.SL
kurz vor dem Stand
Mit der folgenden 5. SL folgt die bei uns anspruchsvollste und auch steilste Seillänge. Das Eis war hier nun doch schon deutlich von der Wärme gezeichnet und es wurden größere Mengen Eis zu Tale befördert. Teilweise war es morsch und immer wieder bricht unter den Füßen einiges aus. Trotz der Qualität und Steilheit des Eises zieht Florian volle 55 m durch. Respekt!
5.SL – die steilste Seillänge und bei uns das schlechteste Eis
5.SL – die steilste Seillänge und bei uns das schlechteste Eis
Es folgen nochmal 15 steilste Meter bevor es sich minimal zurücklehnt um nochmal etwas später den großen Ausstiegskessel zu erreichen.
letzte Seillänge vor dem Ausstiegskessel
im Ausstiegskessel
Doch wenig später liegt auch diese letzte Seillänge und somit das „Crack Baby“ hinter uns. Ich bin zwar merklich platt aber die brennenden Unterarme sind bald vergessen und wir freuen uns über diesen absoluten Megaklassiker.
letzte Seillänge
on Top of „Crack Baby“
on Top of „Crack Baby“
Teils an Abalakovs, teils an den vorhandenen Bohrhakenständen erfolgt die steile und ausgesetzte Abseilfahrt. Der Wasserfall hat sich nun am Nachmittag merklich seiner namensgebenden Funktion gewidmet und mehrere Duschgänge folgen.
steile und ausgesetzte Abseilfahrt
Gutgelaunt und zufrieden machen wir uns an den 1000 Hm Abstieg zurück zum Auto in Mitholz. Am Abend fahren wir noch nach Kandersteg und checken die Lage im Öschiwald und am Staubach. Die vermeintlich absolut aussichtslosen Verhältnisse können wir nicht sehen und so sind wir am nächsten morgen mit dem „Blue Magic“ noch eine weiteren Kandersteg-Klassiker geklettert.
im Abstieg, hinten die Breitwangfluh
im Abstieg, hinten die Breitwangfluh
die Seilbahn ist definitiv massiv beschädigt
die militärische Konfrontation am Vorabend hatte auch damit zu tun ;-)
Führer:
Eiskletterführer
Hot Ice, Schweiz
Urs Odermatt
Panico
Alpine Ice
600 schönste Eisfälle im Alpenraum
Mario Sertori
Versante Sud
Karten:
SAC-Karte 1248
Mürren
1:25000
Viele Grüße
Florian und Tobias
„Auch im Eisfall klettern setzt er [Xaver Bongart] neue Akzente. Er macht das Eisklettern zu dem, was es heute ist: ein Extremsport ... Seine 1988 mit Peter Gobet eröffnete Route „Rübezahl“ (WI 6) stellt alles in den Schatten was bis dahin in der Schweiz an Eisfällen geklettert wurde. Und mit „Crack Baby“ sollte Xaver diese Leistung im Februar 1993 noch einmal toppen. Mit seinen Artikeln in den „Alpen“, der Zeitschrift des SAC, und in zwei Tageszeitungen weist er zahlreichen Kletterern den Weg in eine neue Ära des Eiskletterns, bei der das Klettern an Eisfällen als eigenständige Disziplin gesehen wird und nicht mehr als bloßes Training für die großen Nordwände.“
aus: Wen die Götter lieben – Ulrich Remanofsky
Breitwangfluh
Breitwangfluh – Crack Baby
Bis vor drei Jahren gab es die Möglichkeit den 1000 hm langen Zustieg mit einer Art Seilbahn/Materialbahn um 700 Hm zu verkürzen. Von Mitholz (956 m) im Kandertal ging die Bahn auf Anfrage bis zu den Unteren Giesene Almen (1668 m). Einer schön gelegenen kleinen nur im Sommer bewohnten Siedlung unterhalb der Breitwangfluh. Seit einem Sturmschaden ist Bahn definitiv beschädigt, nicht funktionsfähig und wird nach Anfrage auch nicht mehr aufgebaut (Stand März 2013).
Nun ist der 6. Eisgrad natürlich nicht gerade mein Vorstiegsrevier und schon gar nicht an einem Fall mit 340 m Länge. Somit habe ich das große Erlebnis des „Crack Baby“ nur meinem bärenstark vorsteigenden Freund Florian zu verdanken und es war sozusagen für mich ein um einen Tag vorgezogenes Geburtstaggeschenk. Beeindruckend zu sehen wie ruhig, souverän und flott Florian auch in den schwersten Längen vorgestiegen ist.
Noch am Freitagabend fahren wir nach Mitholz im Kandertal und übernachten im Auto. Der zweimalige Zusammenstoß mit dem Schweizer Militär auf der Suche nach dem richtigen Ausgangspunkt und auch Übernachtungsplätzchen verlief glücklicherweise unblutig und so konnten wir uns am frühen nächsten Morgen gegen 05:00 Uhr an den 1000 Hm langen Zustieg zur Breitwangfluh machen. Nach knapp 1,5 h haben wir die Unteren Giesene Almen (1668 m) erreicht und nach weiteren 30 min stehen wir vor dem beeindruckenden „Crack Baby“. Wir sind die ersten und an diesem Tag auch die einzigen im „Crack Baby“. Eine weitere Seilschaft ist etwas später in die Alphasäule eingestiegen, musste aber leider wegen Dauerduschgang abbrechen. Was die Nässe anbelangt hatten wir anscheinend etwas mehr Glück, was natürlich nicht heißen soll das wir keine Duschgänge erhalten haben.
Unteren Giesene Almen (1668 m)
Blick von den Almen zur Breitwangfluh
„Crack Baby“ gesehen vom Einstieg
Die erste Seillänge steige dann ich vor und um gleich mal Meter zu machen klettern wir eine lange 80 m Seillänge am langen Seil. Danach folgt die 2. SL (ca. WI 4+) und somit auch die letzte gemäßigte Seillänge für eine ganze Weile.
Einstiegsseillänge
Einstiegsseillänge
2. SL
bequemer Stand in einer Eishöhle
Mit der 3. SL wird es dann ernst und man taucht ein ins endgültig steile Metier. Von der Eishöhle folgen zunächst 10 steile Meter bis auf eine Art Band vor dem ersten richtig steilen Aufschwung. Dieser Aufschwung wird von einem großen Eisüberhang abgeschlossen welcher rechtsquerend umgangen werden kann.
Blick aus der Höhle
rechtsquerende Umgehung des großen Überhangs
Blick vom Band auf den Überhang
Mit der 4. SL (55 m) folgt gleich die nächste äußerst anhaltende steile Länge. Die Unterarme bläst es schon mal gewaltig auf. Ein großer Vorteil sind die wenigstens meistens super bequemen Standplätze auf Absätzen oder Bändern. Die teils vorhandene Borhhakenstände nehmen wir aber im Aufstieg gar nicht in Anspruch. Bei gutem Eis ja auch nicht wirklich nötig.
4.SL
kurz vor dem Stand
Mit der folgenden 5. SL folgt die bei uns anspruchsvollste und auch steilste Seillänge. Das Eis war hier nun doch schon deutlich von der Wärme gezeichnet und es wurden größere Mengen Eis zu Tale befördert. Teilweise war es morsch und immer wieder bricht unter den Füßen einiges aus. Trotz der Qualität und Steilheit des Eises zieht Florian volle 55 m durch. Respekt!
5.SL – die steilste Seillänge und bei uns das schlechteste Eis
5.SL – die steilste Seillänge und bei uns das schlechteste Eis
Es folgen nochmal 15 steilste Meter bevor es sich minimal zurücklehnt um nochmal etwas später den großen Ausstiegskessel zu erreichen.
letzte Seillänge vor dem Ausstiegskessel
im Ausstiegskessel
Doch wenig später liegt auch diese letzte Seillänge und somit das „Crack Baby“ hinter uns. Ich bin zwar merklich platt aber die brennenden Unterarme sind bald vergessen und wir freuen uns über diesen absoluten Megaklassiker.
letzte Seillänge
on Top of „Crack Baby“
on Top of „Crack Baby“
Teils an Abalakovs, teils an den vorhandenen Bohrhakenständen erfolgt die steile und ausgesetzte Abseilfahrt. Der Wasserfall hat sich nun am Nachmittag merklich seiner namensgebenden Funktion gewidmet und mehrere Duschgänge folgen.
steile und ausgesetzte Abseilfahrt
Gutgelaunt und zufrieden machen wir uns an den 1000 Hm Abstieg zurück zum Auto in Mitholz. Am Abend fahren wir noch nach Kandersteg und checken die Lage im Öschiwald und am Staubach. Die vermeintlich absolut aussichtslosen Verhältnisse können wir nicht sehen und so sind wir am nächsten morgen mit dem „Blue Magic“ noch eine weiteren Kandersteg-Klassiker geklettert.
im Abstieg, hinten die Breitwangfluh
im Abstieg, hinten die Breitwangfluh
die Seilbahn ist definitiv massiv beschädigt
die militärische Konfrontation am Vorabend hatte auch damit zu tun ;-)
Führer:
Eiskletterführer
Hot Ice, Schweiz
Urs Odermatt
Panico
Alpine Ice
600 schönste Eisfälle im Alpenraum
Mario Sertori
Versante Sud
Karten:
SAC-Karte 1248
Mürren
1:25000
Viele Grüße
Florian und Tobias