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Neuner - Castiglioni-Detassis (V, 250 m, 9 SL), Dolomiten 26.08.11
#1
Wie schon früher des Öfteren führte es unsere Vater-Sohn Seilschaft für drei Tage zum Genussklettern in die Felswelt der Dolomiten. Als erstes Ziel ging es an den Neuner (2904 m), gelegen im Vallonkessel in der Sellagruppe, dessen gesamte Ostwand von einer tiefen Schlucht durchzogen wird. Durch diese Schlucht führt die Route Castiglioni/Detassis (EB:10. Juli 1935). Eine eher selten begangene schöne aber nicht zu unterschätzende Kletterei.

Dieser Route haftet der Ruf an sehr lange nass zu sein, was man sich bei den tiefen Schluchten und Kaminen auch nur allzu gut vorstellen kann. Rother schreibt gar „Ohne Neopren sollte man erst im Spätsommer kommen, und auch dann erst nach ein paar regenfreien Tagen“. Nach den genialen Sommerwochen Mitte/Ende August hatten wir diesbezüglich aber keine Probleme zu erwarten und auch nicht angetroffen. Der Fels im oberen Teil ist fest und griffig ansonsten eher durchschnittlich. Nirgends aber richtig schlecht. Trotzdem möchte ich bei mehreren Seilschaften nicht unbedingt dort sein. Wieso üblich liegt im III-IVer Gelände der Tour doch das eine oder andere Steinchen herum.

    Vallonkessel (Neuner in Bildmitte)
    Neuner Ostwand – Castiglioni-Detassis

Für die Absicherung ist größtenteils selbst zu sorgen und die wenigen Normalhaken waren nicht immer vertrauenserweckend. Auch für die Ständen ist teilweise komplett zu sorgen. Die anderen Stände lassen sich mit Cams und Keilen problemlos aufbessern. Insgesamt also mit einem kompletten Satz Cams und Keilen und einigen Schlingen gut absicherbar. Haken hatten wir keine dabei und sind auch nicht unbedingt nötig.

Nach der morgendlichen Anfahrt in die Dolomiten ein ideales Ziel, zumal die Zustiege im Vallonkessel aufgrund der Bahn lediglich bei ca. 20-30 min liegen. Von Corvara ging es gegen Mittag ganz relaxed mit der Bahn bis auf 2518 m ins Umfeld der Franz-Kostner Hütte. Von der Bergstation in großem Rechtsbogen unter den Wänden von Boèseekofel und Zehner durch bis unter die nicht zu verfehlende Schlucht in der Neuner Ostwand.

    Auf dem Weg in den Vallonkessel
    Neuner Ostwand – Castiglioni-Detassis

Zunächst war uns nicht ganz klar ob nun im rechten oder linken Ast der erste Stand liegt. Es ist der rechte (siehe nächstes Bild). Die 1.Sl (V, 30 m) ist relativ kleinsplittrig und fordert aus der kleinen Höhle heraus nach rechts doch beherztes Klettern.

    Blick auf die ersten beiden Seilängen
    1.Sl (V, 30 m)

In den folgenden Seillängen zunächst immer dem markanten Kamin folgen. Im etwas geneigteren Mittelteil auch rechts des nun nicht mehr deutlich vorhandenen Kamins möglich. Was die genaue Routenführung anbelangt ist eh jeder auf sich gestellt, Haken hat es im Mittelteil eh so gut keine. Problemlos auch in langen 60 m Seillängen kletterbar.

    2.SL (IV)
    3.SL (IV)
    6.SL (III+) – auf dem Weg in die Gipfelschlucht

Mit dem Beginn der Gipfelschlucht ist die Richtung zwar wieder völlig klar, beim Anblick der 8.SL (V, 30m) und deren Schluchtkamin muss man aber schon erstmal überlegen wie sie am besten angegangen wird: Auf dem Mega Klemmblock ganz nach hinten in den Kamin und von dort zunächst auf der rechten Wandseite weiter in den Berg hinein und nach oben bis nach links weit ausgespreizt werden kann. Nun auf der linken Schluchtseite wieder nach außen Richtung Licht klettern und dem steilen aber gut griffigen Kamin bis zum exponierten Standplatz (2 NH) folgen. Eine geniale Seillänge in gutem Fels die man so sicher nicht alle Tage unter die Finger bekommt.

    7.SL (IV+)
    8.SL (V, 30m) – in diesen Schlund hinein?
    8.SL (V, 30m) – wieder im Hellen
    am Stand nach der 8.SL

Die 9. und letzte Seillänge (III, 50m) führt durch einen tiefen und mit Klemmblöcken gespickten Kamin auf die Schutthalden des Gipfeldaches. Einige Höhenmeter rechtshaltend empor zum Gipfel des Neuner (2904 m).

    9.SL (III, 50m)
   

Vom Gipfel nach Süden dem Rücken entlang (Steinmänner) immer auf den Piz Boè (3152 m) zu und hinab in eine Art Scharte mit kleinem See. Von dort nach links und mithilfe einer Art Klettersteig (inklusive Hängebrücke) über eine –Steilstufe wieder hinab in den Vallonkessel und zurück zur Seilbahn.

    Im Abstieg
    Hängebrücke im Abstieg
    Die Steilstufe mit Klettersteig im Abstieg

Der Himmel hat sich schon während der Tour immer mehr zugezogen und auf dem Weg zurück zur nahen Seilbahnstation zuckten schon die ersten Blitze drüben an der Marmolada. Kaum wieder unten in Corvara angekommen gewitterte es kurz und heftig.
Als nächstes Ziel ging es in den Traumfels der Pala und an die, in diversen Bschreibungen als schönste Klettertour der Dolomiten bezeichnete, durchaus berühmte
Schleierkante an der Cima della Madonna.


    Fritz-Kostner Hütte und Marmolada



Kletterführer / Topos:

Kletterführer Dolomiten
4.Auflage 2003
Bergverlag Rother
Anette Köhler, Norbert Memmel

Dolomiten vertikal, Band Nord
3.Auflage 2008
Loboedition
Stefan Wagenhals & Freunde


Karten:

AV-Karte 52/1
Langkofel- und Sellagruppe
1:25000

Tabacco Karte Nr.06
Val di Fassa e Dolomiti Fassane
1:25000

oder Tabacco Karte Nr. 07
Alta Badia-Arraba-Marmolada
1:25000




Viele Grüße
Rudolf und Tobias
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