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Königspitze Nordwand (Ertl/Brehm), 20./21.05.06
#1

[Bild: 10_Knigspitze_Felsteil.jpg]


[Bild: 10_Einstiegsseillnge.jpg]


[Bild: 10_Blick_vom_Stand_auf_die_3_Seillnge.jpg]


[Bild: 10_Mitte_Felsteil_leichte_Schneerinnen.jpg]


[Bild: 10_vorletzte_Seillnge_Felsteil.jpg]


Seilschaft: Peter Faulhaber, Alban Glaser

Schon lange hat uns die Königspitze Nordwand gereizt. Die Wandverhältnisse haben mittlerweile wenig mit dem zu tun was im Führer steht. Das Einstiegseisfeld fehlt und so muß wegen zunehmender Ausaperung zunächst über gefrorenen Bruch der bessere Felsteil erreicht werden.
Nachdem wir beide schon verschiedenen Touren im Gebiet gemacht und mehrmals die Wand gesehen hatten hofften wir aufgrund der diesjährigen hohen Schneelage auf gute Bedingungen. Mit ein paar sehr nützlichen Infos von jüngsten Begehungen machten wir uns vergangenes Wochende auf den Weg nach Sulden. Das Wetter war halblebig angesagt aber für Sonntag insbesondere Montag war jedoch gutes Wetter angekündigt.
Am Samstag sind wir gegen 13 Uhr bei Nieselregen über den Sommerweg (gut ohne Schneeschuhe begehbar)zur Hintergrathütte aufgestiegen. Von dort über den Gletscher zur Rampe gequert und in ihr empor(alles knietiefer Sulzschnee) zum Biwakplatz unterhalb des Felskamins. Wir waren unschlüssig ob wir hier biwakieren oder nicht doch noch nach einem höheren Biwakplatz suchen sollten. So oder so sind wir erst mal den Kamin noch empor (Fels 3-4, 2 Felshaken, Camelots 0,5-1, guter Stand am Anfang und am Ende des Kamins, Kamin etwa 25-30m)und weiter bis zum Gletscherbecken. Wir bezogen unser Biwak dann direkt auf dem Gletscher, nahe der Gletscherbruchkante, unter zwei großen Felsbrocken (sind vom Ende des Kamins sichtbar). Dort guter überdachter Biwakplatz für 2 Personen (Auto-Biwakplatz etwa 4-5h). Gegen 20 Uhr schneite es noch mal richtig fest und der Naßschnee lief als Rinnsal entlang des Felsbrockens und verwandelte unseren Biwakplatz in eine Tropfsteinhöhle. Nachdem wir unseren Platz etwas mit Steinen ausgebaut hatten und uns etwas anders positioniert hatten konnten wir dann sogar ganz passabel schlafen. Etwas Sorge machten uns die hohen Temperaturen. Der Schnee um uns herum war sulzig und man brach oft knietief ein, zudem machte die dichte Wolkendecke eine nächtliche Abstrahlung unwahrscheinlich. Gegen späten Abend hörte es jedoch dann auf zu schneien und riß in der Nacht zum sternenklaren Himmel auf. Sonntag morgen um 4 ging der Wecker und gegen 5 gings dann los. Das Wetter war schon wieder zugezogen und der Schnee war nur oberflächlich gefroren. Auch die Wand war nur bis zum Ende des Felsteils einsahbar, oben hing der Nebel, vom Tal kroch er langsam herauf.
In einer rechtsausholenden Schleife sind wir in etwa einer Stunde zum Wandfuß gequert. Die Wand sah in der direkten Draufsicht schon recht imposant aus. Nach kurzer Pause am Wandfuß und Beratschlagung wie wir die brüchige Wandzone bis in die Eisrinne angehen wollten gings dann gegen 6.30 Uhr los.
Bergschrund ließ sich leicht links des Einstieges gut überwinden (mehrere breite Schneebrücken). Noch etwas empor zum Einstieg bei Eissanduhr mit Seilmaterial und altem Twistlockkarabiner. Die erste Seillänge hatte sehr schlechten Fels, nur mit Felshaken war eine Absicherung einigermaßen möglich. Vom Eissanduhrstand kletterte Peter zunächst leicht rechts die Rampe hinauf und dann nach 10m schräg nach links(M4 etwa, die Linie gerade weiter nach rechts empor sah dann von oben eher undankbarer aus) über eine abdrängende Felsstelle empor zu dem oberen Band/Rampe unter Überhang. Dort ein einzelner Felshaken der zum halblebigen Stand mit weiteren Haken ausgebaut werden kann.Diese Seillänge (ca. 35m) weißt gelben kleinsplittrigen Fels auf, teilweise nur gefrorener Kleinschutt. Man schlägt mit Steigeisen und Eisgerät öfters mittten in den gelben Sand bis man etwas Halt findet.
Zweite Länge war recht einfach; nahezu waagrecht etwa 20m auf dem Band (Schnee) nach rechts queren (Hakenmöglichkeiten als ZS)bis zu dessem Ende vor plattiger Wandstelle. Dort an einer Schuppe mit Riß Stand möglich (Camelot 0,75; 0,5). 3. Seillänge (etwa 50m): vom Stand etwa 6m nach rechts über Leisten die Platten queren (M3-4) in eine etwa 2-3m breite Rinne mit Eis/Hartfirn. Die Rinne gerade empor (Eisschraubenmöglichkeiten)über zwei Aufschwünge (Stellen bis 65/70 Grad) zu einer kleinen Verflachung. Hier wieder guter bequemer Stand an 1er-Camelot und Köpfle.
4. Seillänge (50m): Vom Stand nach links in geneigte Rinne und in ihr zunächst recht einfach im Trittschnee empor bis zu Aufschwung mit mehreren Rinnen. Durch die mittlere im dünnen Eis/Hartschnee etwa 8m im Kombigelände empor (M4, zuvor gute Sicherungsmöglichkeit)zu kleinem Absatz mit großem Felskopf. An dessen rechter Seite guter Stand mit kleiner Felssanduhr und 0,75er Camelot. Die vierte Seillänge war neben der dritten die schönste der Tour, einigermaßen gut absicherbar, gute Stände und anregende Kletterstellen.
5. Seillänge (60-70m): Rechts vom Stand durch eine Rinne empor (bei uns vorwiegend dünner Schnee)in das größere Schneefeld im Kessel im oberen Teil des Felsteils. Nachdem wir nur ein 50m Seil dabeihatten kletterten wir kurz simultan über das Schneefeld schräg links empor bis kurz vor der Rechtquerung als erster Sicherungspunkt ein leidlicher Stand an einer Schuppe möglich war. 6. Seillänge (50-60m): Nach rechts über gestuften Fels hinausqueren(M3, Hakenmöglichkeiten, etwas brüchig) in den Eisteil (Eis/Firnfeld). Stand war bei uns wegen reichlich Schnee nur an vergrabenen Eisgeräten möglich.
Der Nebel hatte uns mittlerweile vollständig eingehülllt, von oben wie von unten kommend.
Wir hatten kaum Sicht und peilten eine leicht nach schräg links verlaufende Linie an um nahe an den Gipfel zu gelangen.
Das Eisschild weißt derzeit viel Schnee auf. In der ersten Hälfte nur Lockerschnee. Sicherung nicht möglich da das Eis nichtmal irgendwo ausgrabbar war.
In der zweiten Hälfte dann guter Trittschnee. Eisschraubenmöglichkeiten waren ausgrabbar. Wir gingen simultan am langen Seil und drehten alle 30-40m eine Schraube ein. Bis auf einen kleinen Blankeisaufschwung (15m, 65Grad) 100m unter dem Gipfel nahezu nirgends Blankeis. Wir glaubten und hofften schon an diesem Aufschwung kurz unter dem Grat zu sein aber danach gings nochmals 100m weiter.Endlich kam die Gipfelwächte (2m) in Sicht welche bei uns an einer Schwachstelle einigermaßen gut überwindbar war(Sicherungsmöglichkeit im Blankeis direkt darunter). Mit Peter der mich anfeuerte schafte ich es dann seitlich eines Eispilzes als Stütze mich die Wächte hinaufzugraben und auszusteigen. Wir kamen etwa 20m rechts des Gipfelkreuzes gegen 12.30 Uhr auf den Grat heraus.
Zeit Einstieg bis Gipfel etwa 6h, dabei 3h für den Felsteil und 3h für den Eisteil.
So recht die Erleichterung wollte am Gipfel bei Nebel und Sturm nicht aufkommen da wir genau wußten wie schwer es bei diesen Sichtverhältnissen sein wird den Abstieg zu finden. Ich war anfangs noch recht zuversichtlich da ich erst letztes Jahr auf der Königspitze war und mir alles gut eingeprägt hatte. Wir tasteten uns durch den fesligen Gipfelaufbau hinab auf das Schneefeld zum Skidepot des Normalweges. Auf dem breiten Schneefeld des Normalweges war dann völliges Whiteout so dass wir den Abzweig zum geplanten Abstieg via Ostrinne nichmal finden konnten. Wir sahen zwar in der Ostflanke mehrere Rinnen aber diese gehen nach Wandfotos nicht bis ganz hinunter. Auch die felsdurchsetzte Flanke in der wir uns befanden hatte nichts mit der Firnflanke des Normalweges zu tundie ich in erinnerung hatte. Wir erkannten, dass wir zu weit gequert haben mußten und zu hoch, allerdings bei dieser Sicht auch keine echte Chance hatten den Abzweig zur Ostrinne zu finden. Wir querten daher ständig weiter nach links die Ostflanke und erreichten dann auf etwa 3600m Höhe die Kante zur Nordflanke. Nachdem die Minnigeroderinne vom Biwak aus ganz gut ausgesehen hatte war sie unser Abstiegsziel. Wir stiegen im fesldurchsetzten Gelände noch etwas die Kante entlang ab. Dann querten wir hinein in die Nordflanke um eine breite Rinne zu erreichen die nach der Minnigeroderinne aussah(nachdem es kurz aufgerissen hattte sahen wir das wir richtig waren).In ihr stiegen wir, in wieder einfacherem Gelände (Firn, 45 Grad), weiter bis kurz vor den Gletscher ab um in Abstiegrichtung nach links auf den Gletscher über Bänder und kleine Rinnen zu gelangen (ca. 16 Uhr). Weiterer Abstieg entlang unserer Zustiegsspur im naßen Sulzschnee. Wir hinterließen am Kamin einen Karabiner. Selbst mit diesem ließ sich das Seil noch schlecht abziehen (besser hängenlassen).Gegen 18.30 Uhr waren wir dann wieder am Auto.
Die Heimfahrt hielt noch eine Überraschung bereit. Kurz nach Sulden riß der Keilriemen für die Batterie. Trotz drastischen Energiesparmaßnahmen (mit Standlicht bei Dunkelheit auf der Autobahn) versagte uns die Batterie bei Feldkirch den Dienst. Wir kamen gerade noch von der Autobahn runter und blieben auf der Ausfahrt stehen. Peters Eltern waren so freundlich uns von dort abzuholen und ersparten uns ein weiteres Biwak.

Bemerkung und Empfehlung:
Tour bleibt ernsthaft und ein großzügiges Unternehmen. Bei starker Ausaperung des Felsteils wegen der stellenweise mangelhaften Felsqualität im unteren Teil nicht zu empfehlen. Tour ist deutlich schwerer als die Ortler Nordwand, konditionel bei guten Abstiegsmöglichkeiten über die Ostrinne jedoch etwas weniger fordernd wie der Ortler (subjektive Einschätzung). Früh einsteigen, der Felsteil liegt im Mai schon gegen 6 Uhr in der Sonne. Es finden sich kaum Haken in der Wand (vielleicht verschneit?, fanden insg. nur einen Normalhaken). Die Crux des Felsteiles ist eindeutig die erste Seillänge. Evtl. könnte von der Eissanduhr über steiles Eis (75 Grad)das Querband mit noch 4m Felsklettern direkt erreicht werden (bei uns war das Eis morsch wegen den warmen Temperaturen. Schräg ab Einstieg die Felsen nach rechts zu queren bis zur Eisrinne schaut sehr undankbar, nicht absicherbar und gefährlich aus. Laut Berichten anderer Kletterer ist dies psychisch auch sehr fordernd und gefährlich. Momentan im übrigen Felsteil wegen des Schnees gute Bedingungen. Wenn es kälter wird dann wahrscheinlich richtig gut da die Eisgeräte dann auch besser halten (bei uns sind sie öfters durchgerutscht).Eisteil wird mit den Neuschneefällen im unteren Teil mühsam bleiben erlaubt/zwingt jedoch zu sicherungsfreiem Steigen.
Nullgradgrenze sollte für diese Tour besser unter 3000m liegen (viel an diesem Berg wird nur durch den Frost zusammengehalten).
Empfohlenes Material: Camelots 0,3-1 (waren oft einsetzbar im Gegensatz zu den Keilen), mittlere Klemmkeile (Gr. 3-7), Mehrere kleine und mittlere Felshaken (vorallem ein paar dünne 5-7cm lange Messerhaken), 5-6 Eisschrauben (Für Felsteil 2 kurze vorteilhaft).
Man sollte sich vor der Tour genau mit dem Abstieg und Alternativen befassen. Wer über die Ostrinne absteigt muß von rechts (in Abstiegsrichtung gesehen) die zweite Rinne nehmen. Die erste endet etwa 100m über dem Gletscher in einem Felsabbruch.
Minnigeroderinne bei den derzeitigen Verhältnissen wahrscheinlich auch mit Ski befahrbar. Der untere Teil der Thomas-Gruhl-Gedächtnisführe schaut sehr schwer aus, wenn der Schnee da allerdings durchfriert schauts bis auf den felsigen Einstieg nicht schlecht aus.Die 2m breite steile Rinne der Aschenbrenner-Direkten sah schneeerfüllt aus (Eis?). Hütten geschlossen. Seilbahnbetrieb eingestellt. Im Gebiet noch gute Skitourenverhältnisse. Für Zebru/Königspitze derzeit keine Schneeschuhe notwendig.

Nützliche Links:
Bilder und allgemeine Infos zur Königspitze:
http://www.summitpost.org/mountain/rock/...pitze.html

Beschreibung der Ostrinne:
http://www.bergsteigen.at/de/touren.aspx?ID=1114

Wetterbericht:
http://www.provinz.bz.it/wetter/suedtirol.htm


http://www.sulden.com/de/sulden/sommer/a...dtirol.asp

Webcam, Hütteninfos, Seilbahninfos, sonstiges:
http://www.sulden.com/de/sulden/sommer/a...dtirol.asp

Lawinenlagebericht und Schneeinfos:
http://www.provinz.bz.it/lawinen/
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