16.01.2010, 15:18
Endlich wars wieder soweit. Der Ben Nevis Deutschlands, der Jochberg, versprach mal wieder gute Verhältnisse zu haben. Also nix wie hin. Mit dem Auto am Kesselberg angekommen hat man erstmal gar nichts gesehen bis Petrus Ensicht hatte und der Nebel aufriss. Da stand er, der Jochberg. Das Gully-Eldorado in deutschen Landen. Aus jeder Rinne kommt irgendwo ein Wasserlauf runter der vereist. Man wundert sich beim hochklettern wie hoch die Eisstufen bzw. die Wasserquellen die sie speisen bis kurz unter Gipfel entspringen. Tobi scherzte schon dass da wohl ne Kapillarwirkung auf Kochel- und Walchensee mitverantwortlich wäre.
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Zwei weitere Autos standen schon am Parkplatz. Wäre ja auch zu schön gewesen allein unterwegs zu sein.
Auf dem Weg das Bachbett entlang konnten wir uns alle Linien erstmal ansehen.
Das „rechte Gully“ („rechte Route“ im alten Panico) hatte gegenüber letztem Jahr weniger Eis, dafür sahen die steilen Längen der „Via classica“ (im alten Panico: „rechtes Gully“) gut aus und der Einstieg über „Softice“ bot schöne Zustiegslängen. Das eindrucksvollste Gully stand ganz hinten am Ende des Bachbetts. Das „Big Gully“ (im alten Panico: mittleres Gully).
Ganz einsehbar ist es im Zustieg leider nicht, also Verhältnis-check erst unmittelbar am Einstieg oder in der Route möglich. Das Ambiente vor dem Losklettern mit Blick auf das Nebelmeer am Kochelsee war grandios.
Wir waren ne Dreierseilschaft, also immer einer wechselnd für ein paar Längen im Vorstieg.
Die erste Länge ist mehr Hochlaufen mit nur wenig Eis bis man an eine steilere Stufe gelangt. Hier hatte es einen Abseilbolt links an einem Block. Die nächste Stufe bot gutes, saftiges Eis bevor es flach nach schräg rechts hinten zu bequemen Standplatz an Bohrhaken ging.
Weiter rechts gab es noch mal einen Stand mit Abseilring am Beginn der Rampe, welche nach rechts hier abbiegt.
Die dritte Länge im Couloir versprach nun etwas filigraneres Eis zu haben. Das Topo von Peter Albert konnten wir so genau nicht verstehen. Na egal, dachten wir, wird scho irgendwie da durchgehen.
Bald wurde das Eis immer dünner, die Absicherungspunkte immer weniger bzw. lausiger und schließlich stand ich in einer engen Rinne am letzten Eisbätzchen und sah vor mir eine flache Rinnenverschneidung in der sich das vermeintliche Eis leider nur als lockerer Schnee auf glattem Fels herausstellte. Rechts war noch mal ein uralt Haken der schon abgeschlagen, und nur wenige Zentimeter im Fels war.
Es ließ sich leider sonst auch kein gescheiter Sicherungspunkt fabrizieren. Die Stelle umgehen sah auch nicht leicht aus, und Tobi meinte schließlich von unten heraufrufend, dass weiter oben immer mal wieder so felsige Aufschwünge kommen würden. Nachdem ich auf blankem Fels hier gar keine Kratzspuren von Steigeisen gesehen habe, hat es vermutlich hier sonst mehr Eis, oder man umgeht die Stelle irgendwie. Schließlich machte ich kehrt und seilte zurück zum Stand. Denke da lohnt es sich auf bessere Verhältnisse zu warten und dann genussvoller Steigen zu können. Dank Abseil-Bh waren wir schnell wieder unten und beschlossen die Via classica mit dem Zustieg über Softice zu klettern.
Tobi durfte nun ran und zog schnell über die erste Stufe zu Absatz vor der zweiten hinauf. Dort trafen wir noch auf andere Kletterer, die aber schon wieder beim Abseilen waren. Die folgende Stufe hatte wieder herrlich saftiges Eis und Tobi sicherte Frank und mich nach zu Stand an BH und Normalhaken am Ende des zweiten Eisaufschwunges. Vor uns sahen wir die felsige Mixedpassage von „Softice“, die von vielen Seilschaften wohl rechts umgangen worden ist.
Um zu der steilen Seillänge der „Via classica“ zu gelangen mussten wir aber jetzt schon nach links queren. Etwa mühsam schlugen wir uns waagrecht ca. 50m durch die Latschen bis zu einer Kanzel mit Baum auf einer Rippe, ab der man rüber ins Amphitheater blicken konnte.
Faszinierend was da so rumsteht. Eigentlich ein eigenständiges Tourenziel. Von unserem Punkt würde man leicht durch eine Rinne abseilend hinunter ins Theater kommen, oder von diesem herauf. Etwas unter Zeitdruck beschlossen wir aber direkt weiter zu steigen. Tobi kletterte über Gras und Latschen in einer kleinen Schneise empor. Eigentlich Allgäu-like. Fast schon Plaisirklettern. Das Fixseil in dieser Stufe amüsierte uns ein wenig, stammt aber vermutlich vom Einrichten des Eisklettergartens im Amphitheater. Oder doch für ein paar Münchner die net Grasklettern können?
Die nächste Stufe war dann das eigentliche Highlight des Tages. Ca. 25m sog diese steil dann flacher aber immer enger werdend gullymäßig hinauf. Frank durfte hier den Vorstieg übernehmen. Tobi sicherte und ich spielte Photograph.
Eh ganz lässig zu dritt unterwegs zu sein. Am Stand wird einem nicht langweilig und auch beim nachkraxeln geht’s lustig her. Der Vorsteiger muss sich halt immer glei Sprüch von zwei Leut gefallen lassen.
Die Seillänge war herrlich zu klettern und am Stand angekommen hatten wir alle schon ein fettes Grinsen auf dem Gesicht. Nochmal ging es ab hier über eine Eisstufe bis dass Gelände flacher wurde.
Frank hatte super Stand an saftiger Latsche bezogen (solange sie grün sind, sinds no gut..). Super Tour dachten wir alle, und Frank, der etwas zu diesem Tourenziel überzeugt werden musste da er dachte Jochberg ist nur „ kleine Eisstüfle“ klettern hatte seine Meinung längst geändert. Oben raus hatte ich nochmal das Vorstiegsvergnügen. Ganz nach links zog die Rinne ab unserem Stand.
Ich stapfte hinauf und musste mich zunehmend mit dem Treibschnee rumquälen den es eingeblasen hatte. Die Rinne ist hier nicht sehr steil, aber mein Zusatzgewicht langte schon, damit ich ein kleines Schneebrett auslöste. Es hatte da eine ungünstige Schicht im Altschnee. Nach etwa 50m gabs hinten in der Rinne eine vom Stand nicht sichtbare weitere größere Eisstufe.
Die Jungs erstmal nachgeholt
und dann ab hinauf ins Steileis.
Links sah leichter aus, dafür war das Eis morsch. Rechts dann aber richtig gutes Eis. Nach wenigen steilen Metern war dann aber schon wieder rum und sehr flach zogs hinter zur nächsten Eisstufe.
Dafür dass wir schon dachten, es wäre rum mit Eis nach der steilen Länge kam noch richtig ordentlich viele Aufschwünge. Echt ne geniale Route. Ich machte Stand an der nächsten Stufe und ließ mir nochmal alle Eisschrauben geben. Links sah man die Tour "Crazy daddys".
Nach dem moderaten Eisaufschwung nach unserem Standplatz zog es rechts hinüber in eine leichtere Rinne. Hier war dann irgendwann das Seil aus und wir kletterten den Rest bis zum Ausstieg simultan.
In der Rinne einfach gerade hoch bis zu einem weiteren Eisaufschwung und diesen in Rechts-Links-Schleife geklettert bis oben die Ausstiegsrinne kommt.
In ihr immer weiter einfach hochstapfen. Sie beschreibt einen langgezogenen Rechtsbogen und kommt dann oben direkt am Holzzaun raus.
Als Tobi und Frank nachkamen wars schon ziemlich am dämmern. Wir beeilten uns das wenige Restlicht noch zu nutzen und kamen ohne Stirnlampen auf dem gut eingespurten Weg bis zur Kesselbergstraße hinunter und weiter bis zum Auto.
Hier angekommen traf unmittelbar nach uns noch Martin, der neue Hausmeister vom Jochberg ein. Wir freuten uns ihn mal zu treffen und gemeinsam gingen wir noch gemütlich einkehren und ließen den Tag ausklingen.
Schee wars. Bis zum nächsten Mal.
Gruß Alban,
unterwegs mit Tobias Bailer und Frank Wäckerle
Facts:
Jochberg Nordwand, Via classica mit Einstieg über Softice (alter Panico bezeichnet die Via classica als rechten Gully).
Herrliche Route mit vielen schönen und auch abwechslungsreichen Eisaufschwüngen.
Ca. 500m, etwa 10 Seillängen Klettergelände. Kurze senkrechte Eispassagen bis WI 4, meist jedoch moderate Eiskletterei über viele Stufen hinweg. Die Schlüsselseillänge oberhalb des Amphitheaters hat manchmal zu wenig Eis im Vorhang. Kann dann aber angeblich etwas aufwendig irgendwie umgangen werden.
Bei uns waren als Material bei guten Verhältnissen nur Eisschrauben und Schlingen notwendig.