Update zu den vorherigen Begehungsberichten von Tobias und Alban,
Begehung der Aggenstein Nordostwand vom 24.08.2020
Erst mal ein großes Lob an Tobias Bailer und Alban Glaser mit Tourenpartnern für die sehr guten Berichte zur Begehung dieser eindrucksvollen Abenteuerroute.
Die Route scheint nach wie vor nicht zu häufig wiederholt zu werden, obwohl es wenige Alternativen mit ähnlich schneller Erreichbarkeit in so speziellem Ambiente gibt.
Das faszinierende an der Route ist weniger die Schönheit der Kletterstellen als vielmehr die geniale Linienführung mit einigen wirklich originellen Passagen. Die letzten 20 Meter in der 2. SL klettert man z. B. nicht im Gras sondern auf einem steil ansteigenden Alpenrosenband. Hier lacht nicht nur das Steilgrasherz, sondern die Route wird zur wildromantischen Bergfahrt. Vermutlich wird die Brüchigkeit und der Grasanteil weiter dafür sorgen, dass nur wenige Begehungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind.
Vorgeschichte:
Wir wollten die Nordostwand bereits am 5. Juli 2020 klettern, nach mehreren trockenen Tagen zuvor. Die Anfahrt zur Wand unternahmen wir mit den Bikes von der ehemaligen Grenzstation. Bereits der Weg unterhalb des Sessellifts war komplett ein Matschsee, von den Kühen zusätzlich so ausgetrampelt, dass ein passieren das erste Abenteuer darstellte. Trotz der Trockenperiode war die Wand relativ nass und wir drehten nach der ersten Seillänge um, da uns der Weiterweg bei der Nässe und der ungeschickten Rückzugsmöglichkeit zu riskant war. Dafür haben wir dann noch die erste Seillänge der Morbus Flattermann gemacht, aber auch diese war etwas feucht und dreckig. Zu diesem Zeitpunkt war auch der Lange Strich wegen Felssturzgefahr gesperrt. Ob das mit dem Starkregen im Monat zuvor zusammenhing wissen wir nicht, ist aber schon denkbar. Auf jeden Fall war das Umdrehen im Nachhinein die richtige Entscheidung.
Silke beim Sportklettern in der 1. SL der Morbus Flattermann
Zweiter Anlauf
Am 24. August war es endlich soweit. Die Kinder waren bei den Großeltern und wir hatten ein kleines Zeitfenster von einem Tag. Das Wetter war kühl und trocken gemeldet und auch die Tage zuvor war die Niederschlagsmenge nicht so hoch gewesen. Also ab ins Abenteuer und hoffen dass alles halbwegs trocken ist. Wir starteten diesmal mit der Breitenbergbahn. Der Weg Richtung "Langer Strich" wurde neu geebnet und war diesmal problemlos trocken zu begehen. Gegen 10:00 Uhr erreichten wir gemütlich den Einstieg. Es war nicht komplett trocken, aber auf jeden Fall deutlich besser als beim ersten Versuch. Beim Klettern fühlte sich die Graspassage zum "ehemaligen Stand" (2. BH) ausgewaschener und unzuverlässiger an, obwohl die Wand trockener als beim ersten Versuch war.
Christian am 1. Bolt in der 1. SL
Jetzt zu den News:
1. SL: Das Fixseil am Ende der 1. Seillänge hängt immer noch an der Wand und verliert langsam seine Farbe. Am 1. Standplatz hängt links oben am Überhang immer noch eine Dyneemaschlinge mit 2 NH, welche vermutlich zu dem Projekt mit dem Fixseil gehören.
Silke kurz vor dem ersten Stand
2. SL: Die muss für den Schwierigkeitsgrad schon geklettert werden. Man klettert bis zum markanten Turm und dann nach links oben.
Der 1. BH muss sportlich angeklettert werden, danach geht es dafür gut gesichert über die schwere Stelle bis zum NH.
Dann kurz nach links (Cam Stelle) und wieder nach rechts um die Ecke (BH) zur kurzen Plattenstelle. Nun erreicht man die Alpenrosenrampe, einfach einzigartig.
Alpenrosenband
Am Standplatz angekommen sieht man rechts die Direkte Nordostwand / Morbus Brexit von unten kommen bzw. auch eine Reepschnur welche einen Fixkeil mit NH verbindet um dort in der Gesamtheit eine zuverlässige Zwischensicherung zu ergeben.
3. SL: Leider war bei uns vom Stand weg alles komplett nass, so dass die Passage über den NH bis hin zum 1. Bolt aufgrund der Verhältnisse unsere erste Schlüsselstelle darstellte. Viel Adrenalin für wenig Genuss.
Der eingezeichnete Zwischenstand im Panico Allgäuführer oder in den anderen Beschreibungen ist unnötig, da alle NH und das verbaute Bandmaterial die besten Zeiten hinter sich haben.
Blick in die 3. SL, Silke kurz vor dem im Panico eingezeichneten Zwischenstand
Hier auf jeden Fall nach links weiter klettern. Am Beginn der Rampe kommt noch ein NH und drei Meter nach links kommt der "richtige" Standplatz welcher im Panico-Topo und auch bei den vorangegangenen Begehungen von Tobias und Alban vermutlich übersehen wurde. Es steckt ein Verbundmörtelhaken, ein Expressanker und 2 gute NH vom "alten Standplatz" siehe Freudig-Topo.
Perfekter 3. Standplatz
4. SL: Vom Standplatz leicht nach rechts auf die Rampe wie von Alban und Tobias beschrieben und an der Plattenstelle nach links raus das Band entlang, mehrere Möglichkeiten für SU und Köpfl. Nach der kleinen Föhre kurz abklettern, an der größeren Föhre vorbei, BH und NH und die brüchige Kaminrampe hoch (nochmal NH).
Silke am Band bei den Föhren
Bei uns waren hier in der kaminartigen Rampe Löcher im Boden und der Untergrund kurz vor dem Abrutschen. Ob sich das Band hier in den nächsten Jahren verabschieden wird bleibt abzuwarten (sonst gibt es hier noch die Möglichkeit von der Variante, die Tobias geklettert hat). Danach kommt auf jeden Fall in der Gufel ein super Stand mit Ring BH. Trotz allem eine schöne Länge, was die Linienführung angeht.
5. SL: Die war bei unseren insgesamt mäßigen Verhältnissen mal wirklich ein Genuss. Die Feuchtigkeit störte nicht wirklich. Am Start quert man in festem Fels (BH + Köpflschlinge) nach rechts und bekommt am Ende einen schönen, gut kletterbaren Kamin und zuletzt einen ausgesetzten Stand am Pfeiler mit beeindruckendem Ausblick in jede Richtung.
Blick vom 5. Stand
6. SL: Diese startet schön und führt schnell zur gut gesicherten Schlüsselstelle. Wir sind diese auch, wie von Alban beschrieben, als Unter-/Seitgriffpassage geklettert. Nach dem eingezeichneten NH folgte nach 5 m ein weiterer NH. Dann wurde es unangenehm brüchig mit absturzbereiten Graspolstern und noch größeren wackligen Blöcken.
Tatsächlich unangenehm, da es keine Möglichkeiten gab mit Cams die Absicherung sinnvoll aufzubessern, dafür sorgte diese Passage für ein plus an Adrenalinausschüttung. Der Stand in der Nische war etwas feuchtelig, links von uns tropfte es munter herunter.
Entspannt am Stand
Das Wandbuch fehlt immer noch, letzter Eintrag war von Irene Epple - Waigel und Stefan Blochum vom 28. Juli 2018. Unser Eintrag ist nur am Zettel darunter eingeritzt, da der Stift nicht mehr schrieb.
7. SL: Es geht sofort nach rechts um die Ecke und in einer leicht ansteigenden Querung (oberes Band) auf einer Grasrampe dem leichtesten Weg folgend (nach ca. 5 Meter perfekter Riss für 0,5er Tricam 2 Meter über dem Band). Silke folgte hier im Nachstieg dem Tricam direkt nach rechts oben, da der Seilverlauf ihr hier den richtigen Weg suggerierte. Dies war ihre persönliche Schlüsselstelle. Richtigerweise klettert man nach rechts um die Ecke und danach wieder leicht links ansteigend auf einer sehr steilen Rampe zu einem sichtbaren NH und weiter zu BH. Nach dem nächsten BH wird es etwas brüchiger, dann alter Sticht BH mit Ring und unangenehm brüchig darüber. Kein gutes Abfluggelände, also besser gut prüfen und vorsichtig elfchengleich emporsteigen. Stand im Kamin bzw. etwas rechts davon mit BH.
8. SL: Man gräbt sich im Schutt nach oben, dann der BH mit etwas feucht-glitschigen Kaminwänden, aber das Ende ist in Sicht. Nach der einzigen 3 m Kletterstelle in dieser Seillänge darf man ein letztes mal vorsichtig im nicht zu festen Fels nach oben tänzeln und abrupt endet das Abenteuer auf dem Wanderweg.
Beim Blick den Langen Strich hinunter, waren auch hier links des Wanderwegs die ausgewaschenen Graspolster, welche teilweise hinuntergeschwemmt wurden, auffällig. Da wir in den letzten 20 Jahren den Aggenstein auf sehr vielen Kletterwegen durchstiegen haben, war das auf jeden Fall ungewöhnlich.
Insgesamt hatten wir doch etwas mehr Zeit benötigt als gedacht, daher mussten wir die bereits bezahlte Talfahrt mit der Breitenbergbahn ausfallen lassen. Wir entschieden uns den Aggenstein Hauptgipfel noch kurz zu besteigen. Im Abstieg ging es vorbei an der Bad Kissinger Hütte, den Bösen Tritt hinunter und weiter durch die malerische Reichenbachklamm. Der passende Abschluss an ein wildromantisches Bergabenteuer bei nicht ganz idealen Verhältnissen und der Erkenntnis dass man trotz dieses speziellen Jahres immer noch an seinem Dasein hängt und sich in unangenehmen Situationen lieber festhält. Ins Gras beißen ist noch keine Option!
Reflektion zur Tourenplanung / Risikomanagement:
Angetroffene Verhältnisse:
Die Graspolster waren teilweise ausgewaschen und hatten sich an einigen Stellen vom Untergrund gelöst, was beim Höhersteigen zu einer erhöhten Ernsthaftigkeit geführt hat. Vor allem die 3. Seillänge war vom Stand weg extrem nass bis hin zu wasserführend.
Warum haben wir nicht umgedreht, obwohl in der Beschreibung abgeraten wird, bei Nässe einzusteigen?
Punkt 1: Nachdem wir schon einmal umgedreht haben und es auf den ersten Blick besser aussah, war das Bauchgefühl besser.
Punkt 2: Die Linie ist ja saniert, der Schwierigkeitsgrad niedrig, da steht man ja weit genug drüber um mit etwas Feuchtigkeit umzugehen.
In der Reflektion betrachtet muß man beide Punkte überdenken:
Punkt 1: Weniger nass ist trotzdem nass und wird halt nicht trocken. Die Nässe ist tendenziell weniger problematisch als die ausgespülten Graspolsterpassagen.
Punkt 2: Gebohrte Standplätze und einige Zwischenbohrhaken führen zu mehr Sicherheit, die man dann verschenkt, in dem man Hammer und Haken nicht mitnimmt und dadurch in dem Gestein wenig Möglichkeiten für Rückzug / Versteiger und zusätzliche Absicherung zwischen Gras und mürbem Fels hat. Gleichzeitg führte das auch dazu, die zu erwartende
Feuchtigkeit nicht zu ernst zu nehmen.
Dazu kommt noch das Unplanbare: Die Regenfälle in den Wochen zuvor müssen so stark gewesen sein, dass viele der Graspolster von den Wassermassen von der Wand gelöst wurden bzw. kurz vor dem Abflug standen. Dies war vor allem im Beginn der 3. SL, am Ende der 4. SL und jeweils ab der Mitte von 6. und 7. SL ein Risikofaktor den wir nicht auf dem Schirm hatten. Vermutlich werden die Graspolster wieder anwachsen und sich alles wieder normalisieren. Die zweite Möglichkeit wäre, dass sich bei weiterer Nässe und Frost im Winter auch das Ende der 4. Seillänge dauerhaft verändert und auch der Bereich im oberen Drittel von SL 6 und 7 größere instabile Blöcke, die derzeit überklettert werden, verabschieden.
Gefährlichkeit:
Grundsätzlich sind die Standplätze sicher und gut. Auch die schweren Stellen sind gut gesichert. Die Gefährlichkeit und mäßige zusätzliche Absicherbarkeit liegt hauptsächlich in den leichteren grasigen Abschnitten, welche bei trockenen Verhältnissen unschwierig sind und bei gut verankerten Graspolstern auch problemlos überklettert werden können. Eisgerät oder ähnliches hatten wir nicht mitgenommen und hätte bei den absturzbereiten Graspolstern auch keine zusätzliche Sicherheit gebracht. Das Sturzgelände im leichten Gelände ist wie zu erwarten ungut durch Querungen und Bänder.
Ausblick / Tips:
Lag es an der Nässe, dass sich die Graspolster so ungut entwickelt haben und wird das alles wieder besser oder verändern sich hier einige Bereiche in Zukunft?
Es bleibt abzuwarten was die nächsten Wiederholer sagen. Auf jeden Fall ist die Tour bei guten Verhältnissen für Liebhaber dieser Art von Kletterei anzuraten.
Auch nach Trockenperioden kann die Route nass sein, wenn zuvor die Regenfälle entsprechend heftig waren, das Wasser speichert sich länger in der Wand und tropft von den Überhängen nach. In der Planung sollte man nicht nur einige trockene Tage abwarten, sondern nach ungewöhnlich vielen und starken Niederschlagsmengen mehr Zeit vergehen lassen. Dass sich Graspolster dadurch lösen, ist mit Sicherheit nicht ungewöhnlich, es braucht eine gewisse Zeit, bis sich alles wieder zuverlässig mit dem Untergrund verwächst. Um die idealen Verhältnisse vorzufinden gehört mit Sicherheit auch etwas Glück - der Graspolsterzustand macht den Unterschied in den leichten Seillängen und beeinflußt die Gefährlichkeit am Meisten.
Die Nordostwand bietet trotz Sanierung weiterhin genügend Abenteuer, da nicht alles planbar ist und das ist auch gut so.
Daher sollten Hammer und Haken wenigstens im Rucksack dabei sein, damit man im Notfall alle Optionen hat. Dass sich Teile der Route verändern werden ist sicher, auch wenn die Bereiche in der Nordostwand nicht das Ausmaß am Hochvogel annehmen werden. Die Berge bleiben in Bewegung und auch am Aggenstein wird es noch einige Male ordentlich rumpeln.
Begehung der Aggenstein Nordostwand vom 24.08.2020
Erst mal ein großes Lob an Tobias Bailer und Alban Glaser mit Tourenpartnern für die sehr guten Berichte zur Begehung dieser eindrucksvollen Abenteuerroute.
Die Route scheint nach wie vor nicht zu häufig wiederholt zu werden, obwohl es wenige Alternativen mit ähnlich schneller Erreichbarkeit in so speziellem Ambiente gibt.
Das faszinierende an der Route ist weniger die Schönheit der Kletterstellen als vielmehr die geniale Linienführung mit einigen wirklich originellen Passagen. Die letzten 20 Meter in der 2. SL klettert man z. B. nicht im Gras sondern auf einem steil ansteigenden Alpenrosenband. Hier lacht nicht nur das Steilgrasherz, sondern die Route wird zur wildromantischen Bergfahrt. Vermutlich wird die Brüchigkeit und der Grasanteil weiter dafür sorgen, dass nur wenige Begehungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind.
Vorgeschichte:
Wir wollten die Nordostwand bereits am 5. Juli 2020 klettern, nach mehreren trockenen Tagen zuvor. Die Anfahrt zur Wand unternahmen wir mit den Bikes von der ehemaligen Grenzstation. Bereits der Weg unterhalb des Sessellifts war komplett ein Matschsee, von den Kühen zusätzlich so ausgetrampelt, dass ein passieren das erste Abenteuer darstellte. Trotz der Trockenperiode war die Wand relativ nass und wir drehten nach der ersten Seillänge um, da uns der Weiterweg bei der Nässe und der ungeschickten Rückzugsmöglichkeit zu riskant war. Dafür haben wir dann noch die erste Seillänge der Morbus Flattermann gemacht, aber auch diese war etwas feucht und dreckig. Zu diesem Zeitpunkt war auch der Lange Strich wegen Felssturzgefahr gesperrt. Ob das mit dem Starkregen im Monat zuvor zusammenhing wissen wir nicht, ist aber schon denkbar. Auf jeden Fall war das Umdrehen im Nachhinein die richtige Entscheidung.
Silke beim Sportklettern in der 1. SL der Morbus Flattermann
Zweiter Anlauf
Am 24. August war es endlich soweit. Die Kinder waren bei den Großeltern und wir hatten ein kleines Zeitfenster von einem Tag. Das Wetter war kühl und trocken gemeldet und auch die Tage zuvor war die Niederschlagsmenge nicht so hoch gewesen. Also ab ins Abenteuer und hoffen dass alles halbwegs trocken ist. Wir starteten diesmal mit der Breitenbergbahn. Der Weg Richtung "Langer Strich" wurde neu geebnet und war diesmal problemlos trocken zu begehen. Gegen 10:00 Uhr erreichten wir gemütlich den Einstieg. Es war nicht komplett trocken, aber auf jeden Fall deutlich besser als beim ersten Versuch. Beim Klettern fühlte sich die Graspassage zum "ehemaligen Stand" (2. BH) ausgewaschener und unzuverlässiger an, obwohl die Wand trockener als beim ersten Versuch war.
Christian am 1. Bolt in der 1. SL
Jetzt zu den News:
1. SL: Das Fixseil am Ende der 1. Seillänge hängt immer noch an der Wand und verliert langsam seine Farbe. Am 1. Standplatz hängt links oben am Überhang immer noch eine Dyneemaschlinge mit 2 NH, welche vermutlich zu dem Projekt mit dem Fixseil gehören.
Silke kurz vor dem ersten Stand
2. SL: Die muss für den Schwierigkeitsgrad schon geklettert werden. Man klettert bis zum markanten Turm und dann nach links oben.
Der 1. BH muss sportlich angeklettert werden, danach geht es dafür gut gesichert über die schwere Stelle bis zum NH.
Dann kurz nach links (Cam Stelle) und wieder nach rechts um die Ecke (BH) zur kurzen Plattenstelle. Nun erreicht man die Alpenrosenrampe, einfach einzigartig.
Alpenrosenband
Am Standplatz angekommen sieht man rechts die Direkte Nordostwand / Morbus Brexit von unten kommen bzw. auch eine Reepschnur welche einen Fixkeil mit NH verbindet um dort in der Gesamtheit eine zuverlässige Zwischensicherung zu ergeben.
3. SL: Leider war bei uns vom Stand weg alles komplett nass, so dass die Passage über den NH bis hin zum 1. Bolt aufgrund der Verhältnisse unsere erste Schlüsselstelle darstellte. Viel Adrenalin für wenig Genuss.
Der eingezeichnete Zwischenstand im Panico Allgäuführer oder in den anderen Beschreibungen ist unnötig, da alle NH und das verbaute Bandmaterial die besten Zeiten hinter sich haben.
Blick in die 3. SL, Silke kurz vor dem im Panico eingezeichneten Zwischenstand
Hier auf jeden Fall nach links weiter klettern. Am Beginn der Rampe kommt noch ein NH und drei Meter nach links kommt der "richtige" Standplatz welcher im Panico-Topo und auch bei den vorangegangenen Begehungen von Tobias und Alban vermutlich übersehen wurde. Es steckt ein Verbundmörtelhaken, ein Expressanker und 2 gute NH vom "alten Standplatz" siehe Freudig-Topo.
Perfekter 3. Standplatz
4. SL: Vom Standplatz leicht nach rechts auf die Rampe wie von Alban und Tobias beschrieben und an der Plattenstelle nach links raus das Band entlang, mehrere Möglichkeiten für SU und Köpfl. Nach der kleinen Föhre kurz abklettern, an der größeren Föhre vorbei, BH und NH und die brüchige Kaminrampe hoch (nochmal NH).
Silke am Band bei den Föhren
Bei uns waren hier in der kaminartigen Rampe Löcher im Boden und der Untergrund kurz vor dem Abrutschen. Ob sich das Band hier in den nächsten Jahren verabschieden wird bleibt abzuwarten (sonst gibt es hier noch die Möglichkeit von der Variante, die Tobias geklettert hat). Danach kommt auf jeden Fall in der Gufel ein super Stand mit Ring BH. Trotz allem eine schöne Länge, was die Linienführung angeht.
5. SL: Die war bei unseren insgesamt mäßigen Verhältnissen mal wirklich ein Genuss. Die Feuchtigkeit störte nicht wirklich. Am Start quert man in festem Fels (BH + Köpflschlinge) nach rechts und bekommt am Ende einen schönen, gut kletterbaren Kamin und zuletzt einen ausgesetzten Stand am Pfeiler mit beeindruckendem Ausblick in jede Richtung.
Blick vom 5. Stand
6. SL: Diese startet schön und führt schnell zur gut gesicherten Schlüsselstelle. Wir sind diese auch, wie von Alban beschrieben, als Unter-/Seitgriffpassage geklettert. Nach dem eingezeichneten NH folgte nach 5 m ein weiterer NH. Dann wurde es unangenehm brüchig mit absturzbereiten Graspolstern und noch größeren wackligen Blöcken.
Tatsächlich unangenehm, da es keine Möglichkeiten gab mit Cams die Absicherung sinnvoll aufzubessern, dafür sorgte diese Passage für ein plus an Adrenalinausschüttung. Der Stand in der Nische war etwas feuchtelig, links von uns tropfte es munter herunter.
Entspannt am Stand
Das Wandbuch fehlt immer noch, letzter Eintrag war von Irene Epple - Waigel und Stefan Blochum vom 28. Juli 2018. Unser Eintrag ist nur am Zettel darunter eingeritzt, da der Stift nicht mehr schrieb.
7. SL: Es geht sofort nach rechts um die Ecke und in einer leicht ansteigenden Querung (oberes Band) auf einer Grasrampe dem leichtesten Weg folgend (nach ca. 5 Meter perfekter Riss für 0,5er Tricam 2 Meter über dem Band). Silke folgte hier im Nachstieg dem Tricam direkt nach rechts oben, da der Seilverlauf ihr hier den richtigen Weg suggerierte. Dies war ihre persönliche Schlüsselstelle. Richtigerweise klettert man nach rechts um die Ecke und danach wieder leicht links ansteigend auf einer sehr steilen Rampe zu einem sichtbaren NH und weiter zu BH. Nach dem nächsten BH wird es etwas brüchiger, dann alter Sticht BH mit Ring und unangenehm brüchig darüber. Kein gutes Abfluggelände, also besser gut prüfen und vorsichtig elfchengleich emporsteigen. Stand im Kamin bzw. etwas rechts davon mit BH.
8. SL: Man gräbt sich im Schutt nach oben, dann der BH mit etwas feucht-glitschigen Kaminwänden, aber das Ende ist in Sicht. Nach der einzigen 3 m Kletterstelle in dieser Seillänge darf man ein letztes mal vorsichtig im nicht zu festen Fels nach oben tänzeln und abrupt endet das Abenteuer auf dem Wanderweg.
Beim Blick den Langen Strich hinunter, waren auch hier links des Wanderwegs die ausgewaschenen Graspolster, welche teilweise hinuntergeschwemmt wurden, auffällig. Da wir in den letzten 20 Jahren den Aggenstein auf sehr vielen Kletterwegen durchstiegen haben, war das auf jeden Fall ungewöhnlich.
Insgesamt hatten wir doch etwas mehr Zeit benötigt als gedacht, daher mussten wir die bereits bezahlte Talfahrt mit der Breitenbergbahn ausfallen lassen. Wir entschieden uns den Aggenstein Hauptgipfel noch kurz zu besteigen. Im Abstieg ging es vorbei an der Bad Kissinger Hütte, den Bösen Tritt hinunter und weiter durch die malerische Reichenbachklamm. Der passende Abschluss an ein wildromantisches Bergabenteuer bei nicht ganz idealen Verhältnissen und der Erkenntnis dass man trotz dieses speziellen Jahres immer noch an seinem Dasein hängt und sich in unangenehmen Situationen lieber festhält. Ins Gras beißen ist noch keine Option!
Reflektion zur Tourenplanung / Risikomanagement:
Angetroffene Verhältnisse:
Die Graspolster waren teilweise ausgewaschen und hatten sich an einigen Stellen vom Untergrund gelöst, was beim Höhersteigen zu einer erhöhten Ernsthaftigkeit geführt hat. Vor allem die 3. Seillänge war vom Stand weg extrem nass bis hin zu wasserführend.
Warum haben wir nicht umgedreht, obwohl in der Beschreibung abgeraten wird, bei Nässe einzusteigen?
Punkt 1: Nachdem wir schon einmal umgedreht haben und es auf den ersten Blick besser aussah, war das Bauchgefühl besser.
Punkt 2: Die Linie ist ja saniert, der Schwierigkeitsgrad niedrig, da steht man ja weit genug drüber um mit etwas Feuchtigkeit umzugehen.
In der Reflektion betrachtet muß man beide Punkte überdenken:
Punkt 1: Weniger nass ist trotzdem nass und wird halt nicht trocken. Die Nässe ist tendenziell weniger problematisch als die ausgespülten Graspolsterpassagen.
Punkt 2: Gebohrte Standplätze und einige Zwischenbohrhaken führen zu mehr Sicherheit, die man dann verschenkt, in dem man Hammer und Haken nicht mitnimmt und dadurch in dem Gestein wenig Möglichkeiten für Rückzug / Versteiger und zusätzliche Absicherung zwischen Gras und mürbem Fels hat. Gleichzeitg führte das auch dazu, die zu erwartende
Feuchtigkeit nicht zu ernst zu nehmen.
Dazu kommt noch das Unplanbare: Die Regenfälle in den Wochen zuvor müssen so stark gewesen sein, dass viele der Graspolster von den Wassermassen von der Wand gelöst wurden bzw. kurz vor dem Abflug standen. Dies war vor allem im Beginn der 3. SL, am Ende der 4. SL und jeweils ab der Mitte von 6. und 7. SL ein Risikofaktor den wir nicht auf dem Schirm hatten. Vermutlich werden die Graspolster wieder anwachsen und sich alles wieder normalisieren. Die zweite Möglichkeit wäre, dass sich bei weiterer Nässe und Frost im Winter auch das Ende der 4. Seillänge dauerhaft verändert und auch der Bereich im oberen Drittel von SL 6 und 7 größere instabile Blöcke, die derzeit überklettert werden, verabschieden.
Gefährlichkeit:
Grundsätzlich sind die Standplätze sicher und gut. Auch die schweren Stellen sind gut gesichert. Die Gefährlichkeit und mäßige zusätzliche Absicherbarkeit liegt hauptsächlich in den leichteren grasigen Abschnitten, welche bei trockenen Verhältnissen unschwierig sind und bei gut verankerten Graspolstern auch problemlos überklettert werden können. Eisgerät oder ähnliches hatten wir nicht mitgenommen und hätte bei den absturzbereiten Graspolstern auch keine zusätzliche Sicherheit gebracht. Das Sturzgelände im leichten Gelände ist wie zu erwarten ungut durch Querungen und Bänder.
Ausblick / Tips:
Lag es an der Nässe, dass sich die Graspolster so ungut entwickelt haben und wird das alles wieder besser oder verändern sich hier einige Bereiche in Zukunft?
Es bleibt abzuwarten was die nächsten Wiederholer sagen. Auf jeden Fall ist die Tour bei guten Verhältnissen für Liebhaber dieser Art von Kletterei anzuraten.
Auch nach Trockenperioden kann die Route nass sein, wenn zuvor die Regenfälle entsprechend heftig waren, das Wasser speichert sich länger in der Wand und tropft von den Überhängen nach. In der Planung sollte man nicht nur einige trockene Tage abwarten, sondern nach ungewöhnlich vielen und starken Niederschlagsmengen mehr Zeit vergehen lassen. Dass sich Graspolster dadurch lösen, ist mit Sicherheit nicht ungewöhnlich, es braucht eine gewisse Zeit, bis sich alles wieder zuverlässig mit dem Untergrund verwächst. Um die idealen Verhältnisse vorzufinden gehört mit Sicherheit auch etwas Glück - der Graspolsterzustand macht den Unterschied in den leichten Seillängen und beeinflußt die Gefährlichkeit am Meisten.
Die Nordostwand bietet trotz Sanierung weiterhin genügend Abenteuer, da nicht alles planbar ist und das ist auch gut so.
Daher sollten Hammer und Haken wenigstens im Rucksack dabei sein, damit man im Notfall alle Optionen hat. Dass sich Teile der Route verändern werden ist sicher, auch wenn die Bereiche in der Nordostwand nicht das Ausmaß am Hochvogel annehmen werden. Die Berge bleiben in Bewegung und auch am Aggenstein wird es noch einige Male ordentlich rumpeln.