Perspektive 8000
Ein Expeditionsbericht zum fünfthöchsten Berg der Erde, dem Makalu (8463 → 8485m).
Spät, aber Gut Ding braucht Weil – oder ein kaputtes Knie…
Text und Buidl: Flo Hübschenberger
Endlich sitzen. Das linke Bein hängt in Tibet, das rechte in Nepal. Es ist kalt aber windstill man hört nichts, fühlt aber auch nichts mehr. Es schmeckt nichts, es riecht nichts. Sehen kann man was und das ist atemberaubend – ahh! daran liegt‘s also dass ich so schnaufen muss.
Es ist Samstag, der 17. Mai 2014 gegen 16.00 Uhr. Es geht nicht mehr höher.
Aber steht es dafür, dass eine 62-tägige Reise auf diese 20 Minuten reduziert wird? Überwiegt nicht das Gesamterlebnis oder war nicht gar mal der Weg das Ziel?
Naja, der Weg kann es ja schon mal nicht sein, anders erklärt sich das Phänomen „helicopter-mountaineering“ an Nepals höchsten Bergen nicht. Akklimatisiert wird an einem angenehmen Plätzchen von dem aus man sich ins Basislager eines Giganten verfrachten lässt. Aber hat man die Zugspitze erklommen wenn man die Gondel nützt und es auf die Toilette weiter als auf den höchsten Punkt ist? Darüber denken kann man wie man will. Für mich zählt er hier wieder, der Weg.
Überhaupt ist das Achttausender-(Müll-)Bergsteigen doch überholt. „Pistenalpinismus“, Egoismus, Massentourismus um nur ein paar der Vorwürfe zu nennen, mit denen das Höhenbergsteigen im 21 Jahrhundert konfrontiert wird. Und dennoch bleibt er, der gewisse Bann.
Alix und Luis, das Höhenbergsteiger-Pärchen aus Füssen begleiteten mich. Ich kannte beide von einem Schnupperkurs im Hochgebirge. Das war vor sechs Jahren und der Kurs hatte den Namen „Nanga Parbat“.
Gemeinsames Gipfelglück gab’s diesmal leider keines. Dennoch, ein Achttausender ohne Zusatz-Sauerstoff und Climbing Sherpas ist immer eine Teamleistung. Allein kommt man da nicht weit.
Wobei… schafft man es in einer einsamen Neumondnacht lästigen Ballast wie Kamera, GPS-Uhr und Paparazzi abzuschütteln ist weitaus mehr drin, vielleicht sogar ein Preis. Bleibt für den Steck auch weiterhin zu hoffen dass es ihn mit der Aktion nicht „Stangl’t“.
(siehe dazu:
http://www.bergsteigen.com/news/ungereim...purna-solo
)
Um es vorweg zu nehmen: Die Verwendung von Zusatz-Sauerstoff an einem Achttausender ist physisch bedingt absolut sinnvoll, da es einhergehende Gefahren deutlich senkt. Zu kritisieren sind allerdings viele Posts oder Berichterstattungen aus welchen nicht eindeutig hervorgeht das Zusatz-O2 verwendet wurde. Dann ist es nicht nur Doping, sondern Betrug!
Bedeutende bergsteigerische Leistungen konnten nur unter Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff realisiert werden (u.a. Jerzy Kukuczka Everest-Südpfeiler 1980 aber auch die Erstbesteigung des Makalu 1955). Sportlich wertvoll bleibt die Leistung, so lange man die verwendeten Flaschen selbstständig in die Hochlager schleppt. Dennoch, die Berge sind für alle da und der gegenseitige Respekt macht hier die Musik. Jeder darf seinen ganz individuellen Träumen und Zielen nachgehen. Ich selbst steh aber mehr so auf „oben ohne“!
Aber auch das Anbringen von Fixseilen muss berücksichtigt werden, da dies einen erheblichen Kraft- u. Zeitaufwand bedeutet. Eine indische Expeditionsgruppe kam bereits einige Wochen vor uns im Basislager an und deren Sherpas übernahmen diese Arbeit Großteils. Insofern möchte ich Messners Statement „Pistenalpinismus“ stehen lassen.
Langfristig geplant war die Expedition nicht. Im Januar stellte sich fest dass die von Luis geführte Baruntse-Expedition nicht zustande kommt. Also können die Karten neu gemischt werden. Ich wollte nach Nepal, bei Luis und Alix war es konkreter: Ein neuer Versuch am Makalu.
Die Organisiererei fand irgendwo zwischen Freilassing und Stuttgart, der Arbeit und den Wochenendausflügen statt.
Zur Akklimatisation von Lukla über das Solukhumbu und die Ice Cols an den Fuß des Makalu – genial wenn man sich jetzt die Bilder anschauen darf. Empfohlen kann es allerdings nicht werden. Jedoch ist das Solukhumbu, wenn auch alles andere als ursprünglich, in der Nebensaison absolut sehenswert.
In Erinnerung sollte mir der erste Morgen unseres „Dreckings“ an unserem Zeltplatz vor dem Amphu Laptsa (5845m) bleiben. Tags zuvor haben wir uns von unseren beiden Trägern, die uns durchs Solukhumbu begleitet haben verabschiedet. Ab hier geht’s in trauter Dreisamkeit weiter bis ins Hillary Basecamp. Gepackt wird ein irsinns großer Rucksack. Aber der Reihe nach. Richtig, erst übergeben, dann frühstücken (600er Ibu, Hexal sei Dank!), packeln und los geht’s.
Nach sechs Tagen Schinderei erreichten wir das Hillary Basecamp (4870m), eine Schwemmebene unter der Makalu-Südwand. Es bleibt die Frage ob wir uns damit gut akklimatisiert oder aufgearbeitet haben.
Nach einem Regenerations-Aufenthalt im Hillary Basecamp ziehen wir weiter ins heutige Basecamp (5680m) der Franzosenroute.
Die gängige Route, der Erstbesteiger über den Makalu La haben wir uns (primär) zum Ziel gesetzt. Bewusst dessen, dass man in der heutigen, kurzlebigen Zeit sämtliche Ideen oder Träume per Facebook oder Twitter vorab gepostet haben muss, bleiben wir clean. Die Zusatzoption sollte ohnehin in der Tasche bleiben.
Da waren wir also – leider aber nicht unser Expeditionsgepäck. Unser Basislager teilten wir mit einigen Spaniern um Ferran Latorre, die über die gleiche Agentur hier sind und ebenso versuchen den Makalu ohne Zusatz-O2 zu besteigen.
Immer noch in der Trekking-Ausrüstung unterwegs machten wir einen ersten Akklimatisationsturnus bis auf 6600m. Zurück, hat es auch unser Expeditionsgepäck geschafft, das wir Wochen zuvor in Kathmandu auf den Weg brachten.
Mist! Einen deutlichen gelb-Stich hat mein G’schloder (Auswurf/Sputum). Also Auszeit und Tabletten-Kur. Ehrlichkeit zu sich und seinem Körper ist beim Höhenbergsteigen nicht nur gut, sondern Überlebensstrategie.
Unser Tun am Berg fand so etwas versetzt statt. Alix und Luis starteten auf 7400m, den Makalu La, ich hütete währenddessen das Toilettenzelt. Nach einer knappen Woche war ich aber wieder unterwegs und gelangte im ersten Anlauf wetterbedingt auf knapp 7000m im zweiten Turnus auch auf den Makalu La (7400m). Jetzt müssen uns nur noch die Götter gut gestimmt sein.
Da doch ein paar Leute unterwegs waren und sich zwei versetzte Tage mit abflauendem Wind anboten wägten wir unsere Chancen ab. Egal, wir wollten nicht mehr länger warten und wagten den Vorstoß im ersten Grüppchen. In zwei Tagen gelangten wir auf den Makalu La und die zwei Quadratmeter Zeltboden wurden wieder zu dritt geteilt. Am 16.5. war es sehr stürmisch und wir entschieden uns erst gegen Mittag das Zelt zu verlassen. Das C4 stellten wir nach einem kurzen Spaziergang auf 7600m unterhalb einer markanten Felsrippe auf.
Heute Nacht wagen wir einen Versuch! Da es sehr kalt war und wir lange brauchten bis wir parat waren begrüßte uns vorm Zelt schon die Sonne. Weit und breit niemand, jedoch lassen sich am Beginn des French Couloir ein paar bewegende Punkte ausmachen.
Ok wir sind spät dran, sehr spät aber es ist immer noch saukalt. Die Heat-Pads die ich für meine Handschuhe dabei hatte funktionierten natürlich nicht. Luis konnte mir aber ein paar von seinen borgen. Bis zum Beginn des Gletscherbruchs waren wir gemeinsam unterwegs. Ich fühlte mich gut und nach einer kurzen Krisensitzung beschloss ich mal vorweg zu gehen. Nicht wissend wie weit sich das noch ziehen sollte marschierte ich munter drauf los. Ich musste anfangs immer wieder stehen bleiben fand aber bald ein gutes Tempo. Es geht höher. Irgendwann kam es mir vor als würde ich gegen den Strom schwimmen, da mir nur Bergsteiger/Sherpas entgegen kamen. Ich erfuhr: „no ropes“. Die Wetter- und Schneeverhältnisse waren sensationell, also weiter. Am Beginn des French Couloir traf ich auf Frederic Roux der als erster diese Saison den Gipfel erreichte. Er war zusammen mit Mike Horn in der frühen Nacht direkt von C3 gestartet.
Freds Zustand verschlechterte sich im Abstieg zusehens, er blieb aber Herr der Lage und stieg sehr schnell ins Basecamp ab, welches er bereits am nächsten Morgen erreichte.
Im French Couloir waren bei meiner Begehung nur bis 8350m neue Fixseile angebracht. Daher machten die meisten Gipfelaspiranten am 17.5. auch kehrt. Auf etwa 8300m konnte ich auf Mike Horn aufschließen und ihn überholen. Das French Couloir ist weniger ein Couloir, vielmehr eine Felsrippe, vom Anspruch vergleichbar mit dem Stüdlgrat auf den Großglockner. Auf den Gipfelgrat kommt man erst kurz vor dem letzten, nochmal anspruchsvollen Aufschwung zum Vorgipfel.
Der Begriff „Alpinstil“ an einem gut frequentierten Achttausender-(Normal-)Anstieg ist allgemein Blödsinn! Ab dem French Colouir waren die Fixseile am 17.5. auch nur spärlich bzw. gar nicht mehr verlegt. Dennoch findet man aus vergangenen Jahren alte Seilreste, die die Wegfindung erübrigen. Vom Einzelstrang heißt es tunlichst die Finger zu lassen, aber im Bündel genommen hält der alte Schrott schon. Spätestens am Vorgipfel-Aufschwung dann unumgänglich. Wenn auch nur 2m, aber 2m 80° unstrukturiertes, sprödes Eis mit einem Hochtourenpickel? Da ist’s vorbei mit "Eckenstein-Freestyle"!
Fred und Mike verfolgten einen anderen „Bauplan“. Sie waren die ganze Nacht über unterwegs, hinterher leider aber auch leicht angeschlagen. Wir entschieden uns gegen eine lange und vor allem kalte Nacht. „Just in Time“ war es für mich so möglich.
Langsam wurde es kalt und als Mike am Vorgipfel auftauchte machte ich kehrt und überließ ihm die Bühne.
Da ich selbst im Abstieg zunehmend erschöpft war und mehrmals rastete konnte Maik zeitweise wieder auf mich aufschließen. Der Abstieg gestaltete sich zäh aber gegen 22.00 Uhr sollte ich wieder am Zelt anläuten. Mike kam auch gut wieder runter.
Nach einer weiteren Nacht auf 7600m geht es gemeinsam ins Basecamp zurück.
Luis und Alix machten einen weiteren Versuch welcher uns die Gefahren auch bei bester Vorbereitung vor Augen führte. Ich selbst stieg noch 2x auf knapp 7000m, ohne nennenswerten Erfolg auf.
Bei Alix zeichnete sich ab, dass es für sie das sinnvollste ist, das Basislager auf dem schnellsten Weg, mit dem Helikopter zu verlassen um ein Krankenhaus aufzusuchen.
Da ich hier ihnen nicht weiter helfen konnte beschloss ich mich den Spaniern anzuschließen und mit Ihnen in vier Tagen nach Num zu trekken. Von dort geht es mit dem Jeep nach Tumlingtar, einem kleinen Flughafen auf tropischen 400m Seehöhe.
Zurück in Kathmandu wurde mit Richard, einem der Spanier, der eigentlich Peruaner ist noch ordentlich das Tanzbein geschwungen. Ich gab mir, mit dickem Schädel auch noch ein bisschen Touri-Kram. So findet mein Traum von Nepal vorerst sein Ende.
Bedanken darf ich mich in erster Linie bei Alix und Luis ohne deren Expeditions-Know-How diese Reise so nicht zustande gekommen wäre. Bei allen neu gewonnen Freunden aus anderen Expeditionsgruppen und unserem Basecamp-Team.
Ein großer Dank geht an Christian und seinem Rocksports-Team. Auch Amical alpin unterstützte uns perfekt bei Flug und Aircargo.
Vague Makalu statistics: Around 54 western climbers attempted to climb Makalu this northern spring season, 2014. Around 23 of those reached the summit. Of those, 3 climbed without the use of supplementary O2, and one of those descended in good health and unaided. The other two were pretty much fine once they got down to ABC. Most climbers who used supplementary O2 started using O2 from C3. A small number, maybe 4 people, used supplementary O2 from C2.
Auszug aus dem Expeditionsblog von Chris Jensen Burke. Sie verfolgt ihre 14x8000er durchwegs mit Sherpas und Flaschensauerstoff – macht aber auch keinen Hehl daraus. Sie sorgt sich sehr um die Mägen von „low-budget-no-oxygen-Hanswurschten“ die gefühlt 3x täglich, 7x die Woche „Dal Bhat“ (Reis mit Linsen-Soße und einem Hauch Gemüse) im Basislager serviert bekommen. Vielen Dank dafür!
(Blogeintrag von Chris:
http://www.chrisjensenburke.com/blog/mak...and-photos
)
Billi’s Arbeit als rasende Himalaya-Chronistin findet man unter:
(
http://himalayandatabase.com/2014%20Seas...%20A1.html
)
Die Faszination für die Bergwelt übt sie aber auch aktiv aus. Billi Bierling stand gemeinsam mit Heidi Sand (u.a.) am 25.5. auch ganz oben. Die ersten deutschen Mädl’s am Makalu!
Einige Panorama-Aufnahmen vom Gipfel konnte mir Günter Seyfferth veredeln. Wo ich war und wie’s da aussieht unter:
(
http://www.himalaya-info.org/makalu_panorama.htm
)
Ein Expeditionsbericht zum fünfthöchsten Berg der Erde, dem Makalu (8463 → 8485m).
Spät, aber Gut Ding braucht Weil – oder ein kaputtes Knie…
Text und Buidl: Flo Hübschenberger
Endlich sitzen. Das linke Bein hängt in Tibet, das rechte in Nepal. Es ist kalt aber windstill man hört nichts, fühlt aber auch nichts mehr. Es schmeckt nichts, es riecht nichts. Sehen kann man was und das ist atemberaubend – ahh! daran liegt‘s also dass ich so schnaufen muss.
Es ist Samstag, der 17. Mai 2014 gegen 16.00 Uhr. Es geht nicht mehr höher.
Aber steht es dafür, dass eine 62-tägige Reise auf diese 20 Minuten reduziert wird? Überwiegt nicht das Gesamterlebnis oder war nicht gar mal der Weg das Ziel?
Naja, der Weg kann es ja schon mal nicht sein, anders erklärt sich das Phänomen „helicopter-mountaineering“ an Nepals höchsten Bergen nicht. Akklimatisiert wird an einem angenehmen Plätzchen von dem aus man sich ins Basislager eines Giganten verfrachten lässt. Aber hat man die Zugspitze erklommen wenn man die Gondel nützt und es auf die Toilette weiter als auf den höchsten Punkt ist? Darüber denken kann man wie man will. Für mich zählt er hier wieder, der Weg.
Überhaupt ist das Achttausender-(Müll-)Bergsteigen doch überholt. „Pistenalpinismus“, Egoismus, Massentourismus um nur ein paar der Vorwürfe zu nennen, mit denen das Höhenbergsteigen im 21 Jahrhundert konfrontiert wird. Und dennoch bleibt er, der gewisse Bann.
Alix und Luis, das Höhenbergsteiger-Pärchen aus Füssen begleiteten mich. Ich kannte beide von einem Schnupperkurs im Hochgebirge. Das war vor sechs Jahren und der Kurs hatte den Namen „Nanga Parbat“.
Gemeinsames Gipfelglück gab’s diesmal leider keines. Dennoch, ein Achttausender ohne Zusatz-Sauerstoff und Climbing Sherpas ist immer eine Teamleistung. Allein kommt man da nicht weit.
Wobei… schafft man es in einer einsamen Neumondnacht lästigen Ballast wie Kamera, GPS-Uhr und Paparazzi abzuschütteln ist weitaus mehr drin, vielleicht sogar ein Preis. Bleibt für den Steck auch weiterhin zu hoffen dass es ihn mit der Aktion nicht „Stangl’t“.
(siehe dazu:
http://www.bergsteigen.com/news/ungereim...purna-solo
)
Um es vorweg zu nehmen: Die Verwendung von Zusatz-Sauerstoff an einem Achttausender ist physisch bedingt absolut sinnvoll, da es einhergehende Gefahren deutlich senkt. Zu kritisieren sind allerdings viele Posts oder Berichterstattungen aus welchen nicht eindeutig hervorgeht das Zusatz-O2 verwendet wurde. Dann ist es nicht nur Doping, sondern Betrug!
Bedeutende bergsteigerische Leistungen konnten nur unter Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff realisiert werden (u.a. Jerzy Kukuczka Everest-Südpfeiler 1980 aber auch die Erstbesteigung des Makalu 1955). Sportlich wertvoll bleibt die Leistung, so lange man die verwendeten Flaschen selbstständig in die Hochlager schleppt. Dennoch, die Berge sind für alle da und der gegenseitige Respekt macht hier die Musik. Jeder darf seinen ganz individuellen Träumen und Zielen nachgehen. Ich selbst steh aber mehr so auf „oben ohne“!
Aber auch das Anbringen von Fixseilen muss berücksichtigt werden, da dies einen erheblichen Kraft- u. Zeitaufwand bedeutet. Eine indische Expeditionsgruppe kam bereits einige Wochen vor uns im Basislager an und deren Sherpas übernahmen diese Arbeit Großteils. Insofern möchte ich Messners Statement „Pistenalpinismus“ stehen lassen.
Langfristig geplant war die Expedition nicht. Im Januar stellte sich fest dass die von Luis geführte Baruntse-Expedition nicht zustande kommt. Also können die Karten neu gemischt werden. Ich wollte nach Nepal, bei Luis und Alix war es konkreter: Ein neuer Versuch am Makalu.
Die Organisiererei fand irgendwo zwischen Freilassing und Stuttgart, der Arbeit und den Wochenendausflügen statt.
Zur Akklimatisation von Lukla über das Solukhumbu und die Ice Cols an den Fuß des Makalu – genial wenn man sich jetzt die Bilder anschauen darf. Empfohlen kann es allerdings nicht werden. Jedoch ist das Solukhumbu, wenn auch alles andere als ursprünglich, in der Nebensaison absolut sehenswert.
In Erinnerung sollte mir der erste Morgen unseres „Dreckings“ an unserem Zeltplatz vor dem Amphu Laptsa (5845m) bleiben. Tags zuvor haben wir uns von unseren beiden Trägern, die uns durchs Solukhumbu begleitet haben verabschiedet. Ab hier geht’s in trauter Dreisamkeit weiter bis ins Hillary Basecamp. Gepackt wird ein irsinns großer Rucksack. Aber der Reihe nach. Richtig, erst übergeben, dann frühstücken (600er Ibu, Hexal sei Dank!), packeln und los geht’s.
Nach sechs Tagen Schinderei erreichten wir das Hillary Basecamp (4870m), eine Schwemmebene unter der Makalu-Südwand. Es bleibt die Frage ob wir uns damit gut akklimatisiert oder aufgearbeitet haben.
Nach einem Regenerations-Aufenthalt im Hillary Basecamp ziehen wir weiter ins heutige Basecamp (5680m) der Franzosenroute.
Die gängige Route, der Erstbesteiger über den Makalu La haben wir uns (primär) zum Ziel gesetzt. Bewusst dessen, dass man in der heutigen, kurzlebigen Zeit sämtliche Ideen oder Träume per Facebook oder Twitter vorab gepostet haben muss, bleiben wir clean. Die Zusatzoption sollte ohnehin in der Tasche bleiben.
Da waren wir also – leider aber nicht unser Expeditionsgepäck. Unser Basislager teilten wir mit einigen Spaniern um Ferran Latorre, die über die gleiche Agentur hier sind und ebenso versuchen den Makalu ohne Zusatz-O2 zu besteigen.
Immer noch in der Trekking-Ausrüstung unterwegs machten wir einen ersten Akklimatisationsturnus bis auf 6600m. Zurück, hat es auch unser Expeditionsgepäck geschafft, das wir Wochen zuvor in Kathmandu auf den Weg brachten.
Mist! Einen deutlichen gelb-Stich hat mein G’schloder (Auswurf/Sputum). Also Auszeit und Tabletten-Kur. Ehrlichkeit zu sich und seinem Körper ist beim Höhenbergsteigen nicht nur gut, sondern Überlebensstrategie.
Unser Tun am Berg fand so etwas versetzt statt. Alix und Luis starteten auf 7400m, den Makalu La, ich hütete währenddessen das Toilettenzelt. Nach einer knappen Woche war ich aber wieder unterwegs und gelangte im ersten Anlauf wetterbedingt auf knapp 7000m im zweiten Turnus auch auf den Makalu La (7400m). Jetzt müssen uns nur noch die Götter gut gestimmt sein.
Da doch ein paar Leute unterwegs waren und sich zwei versetzte Tage mit abflauendem Wind anboten wägten wir unsere Chancen ab. Egal, wir wollten nicht mehr länger warten und wagten den Vorstoß im ersten Grüppchen. In zwei Tagen gelangten wir auf den Makalu La und die zwei Quadratmeter Zeltboden wurden wieder zu dritt geteilt. Am 16.5. war es sehr stürmisch und wir entschieden uns erst gegen Mittag das Zelt zu verlassen. Das C4 stellten wir nach einem kurzen Spaziergang auf 7600m unterhalb einer markanten Felsrippe auf.
Heute Nacht wagen wir einen Versuch! Da es sehr kalt war und wir lange brauchten bis wir parat waren begrüßte uns vorm Zelt schon die Sonne. Weit und breit niemand, jedoch lassen sich am Beginn des French Couloir ein paar bewegende Punkte ausmachen.
Ok wir sind spät dran, sehr spät aber es ist immer noch saukalt. Die Heat-Pads die ich für meine Handschuhe dabei hatte funktionierten natürlich nicht. Luis konnte mir aber ein paar von seinen borgen. Bis zum Beginn des Gletscherbruchs waren wir gemeinsam unterwegs. Ich fühlte mich gut und nach einer kurzen Krisensitzung beschloss ich mal vorweg zu gehen. Nicht wissend wie weit sich das noch ziehen sollte marschierte ich munter drauf los. Ich musste anfangs immer wieder stehen bleiben fand aber bald ein gutes Tempo. Es geht höher. Irgendwann kam es mir vor als würde ich gegen den Strom schwimmen, da mir nur Bergsteiger/Sherpas entgegen kamen. Ich erfuhr: „no ropes“. Die Wetter- und Schneeverhältnisse waren sensationell, also weiter. Am Beginn des French Couloir traf ich auf Frederic Roux der als erster diese Saison den Gipfel erreichte. Er war zusammen mit Mike Horn in der frühen Nacht direkt von C3 gestartet.
Freds Zustand verschlechterte sich im Abstieg zusehens, er blieb aber Herr der Lage und stieg sehr schnell ins Basecamp ab, welches er bereits am nächsten Morgen erreichte.
Im French Couloir waren bei meiner Begehung nur bis 8350m neue Fixseile angebracht. Daher machten die meisten Gipfelaspiranten am 17.5. auch kehrt. Auf etwa 8300m konnte ich auf Mike Horn aufschließen und ihn überholen. Das French Couloir ist weniger ein Couloir, vielmehr eine Felsrippe, vom Anspruch vergleichbar mit dem Stüdlgrat auf den Großglockner. Auf den Gipfelgrat kommt man erst kurz vor dem letzten, nochmal anspruchsvollen Aufschwung zum Vorgipfel.
Der Begriff „Alpinstil“ an einem gut frequentierten Achttausender-(Normal-)Anstieg ist allgemein Blödsinn! Ab dem French Colouir waren die Fixseile am 17.5. auch nur spärlich bzw. gar nicht mehr verlegt. Dennoch findet man aus vergangenen Jahren alte Seilreste, die die Wegfindung erübrigen. Vom Einzelstrang heißt es tunlichst die Finger zu lassen, aber im Bündel genommen hält der alte Schrott schon. Spätestens am Vorgipfel-Aufschwung dann unumgänglich. Wenn auch nur 2m, aber 2m 80° unstrukturiertes, sprödes Eis mit einem Hochtourenpickel? Da ist’s vorbei mit "Eckenstein-Freestyle"!
Fred und Mike verfolgten einen anderen „Bauplan“. Sie waren die ganze Nacht über unterwegs, hinterher leider aber auch leicht angeschlagen. Wir entschieden uns gegen eine lange und vor allem kalte Nacht. „Just in Time“ war es für mich so möglich.
Langsam wurde es kalt und als Mike am Vorgipfel auftauchte machte ich kehrt und überließ ihm die Bühne.
Da ich selbst im Abstieg zunehmend erschöpft war und mehrmals rastete konnte Maik zeitweise wieder auf mich aufschließen. Der Abstieg gestaltete sich zäh aber gegen 22.00 Uhr sollte ich wieder am Zelt anläuten. Mike kam auch gut wieder runter.
Nach einer weiteren Nacht auf 7600m geht es gemeinsam ins Basecamp zurück.
Luis und Alix machten einen weiteren Versuch welcher uns die Gefahren auch bei bester Vorbereitung vor Augen führte. Ich selbst stieg noch 2x auf knapp 7000m, ohne nennenswerten Erfolg auf.
Bei Alix zeichnete sich ab, dass es für sie das sinnvollste ist, das Basislager auf dem schnellsten Weg, mit dem Helikopter zu verlassen um ein Krankenhaus aufzusuchen.
Da ich hier ihnen nicht weiter helfen konnte beschloss ich mich den Spaniern anzuschließen und mit Ihnen in vier Tagen nach Num zu trekken. Von dort geht es mit dem Jeep nach Tumlingtar, einem kleinen Flughafen auf tropischen 400m Seehöhe.
Zurück in Kathmandu wurde mit Richard, einem der Spanier, der eigentlich Peruaner ist noch ordentlich das Tanzbein geschwungen. Ich gab mir, mit dickem Schädel auch noch ein bisschen Touri-Kram. So findet mein Traum von Nepal vorerst sein Ende.
Bedanken darf ich mich in erster Linie bei Alix und Luis ohne deren Expeditions-Know-How diese Reise so nicht zustande gekommen wäre. Bei allen neu gewonnen Freunden aus anderen Expeditionsgruppen und unserem Basecamp-Team.
Ein großer Dank geht an Christian und seinem Rocksports-Team. Auch Amical alpin unterstützte uns perfekt bei Flug und Aircargo.
Vague Makalu statistics: Around 54 western climbers attempted to climb Makalu this northern spring season, 2014. Around 23 of those reached the summit. Of those, 3 climbed without the use of supplementary O2, and one of those descended in good health and unaided. The other two were pretty much fine once they got down to ABC. Most climbers who used supplementary O2 started using O2 from C3. A small number, maybe 4 people, used supplementary O2 from C2.
Auszug aus dem Expeditionsblog von Chris Jensen Burke. Sie verfolgt ihre 14x8000er durchwegs mit Sherpas und Flaschensauerstoff – macht aber auch keinen Hehl daraus. Sie sorgt sich sehr um die Mägen von „low-budget-no-oxygen-Hanswurschten“ die gefühlt 3x täglich, 7x die Woche „Dal Bhat“ (Reis mit Linsen-Soße und einem Hauch Gemüse) im Basislager serviert bekommen. Vielen Dank dafür!
(Blogeintrag von Chris:
http://www.chrisjensenburke.com/blog/mak...and-photos
)
Billi’s Arbeit als rasende Himalaya-Chronistin findet man unter:
(
http://himalayandatabase.com/2014%20Seas...%20A1.html
)
Die Faszination für die Bergwelt übt sie aber auch aktiv aus. Billi Bierling stand gemeinsam mit Heidi Sand (u.a.) am 25.5. auch ganz oben. Die ersten deutschen Mädl’s am Makalu!
Einige Panorama-Aufnahmen vom Gipfel konnte mir Günter Seyfferth veredeln. Wo ich war und wie’s da aussieht unter:
(
http://www.himalaya-info.org/makalu_panorama.htm
)