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2. Kreuzberg - Südwandverschneidung (VI+, 300 Hm, 12 SL), Alpstein 06.10.12
#1
„Der Kalkfels gilt im ganzen als kompakt und fest. Eine objektive Gefahr bedeutet die gelegentliche Begrasung, vor allem im Sockelbereich: Bei Regen und Nässe droht höchste Gefahr. Unsere Südwand-Verschneidung, mit Sockel 400, vom eigentlichen Einstieg gerechnet, nur gute 300 m hoch, gilt als eine der großartigsten modernen Führen im Alpstein, wofür bereits die Namen der Erstbegeher Max Niedermann und Seth Abderhalden bürgen.“

„Charakteristisch für diese Kalkkletterei im Voralpenfels sind der übergraste, schrofenartige Einstieg und die interessanten, wie Baumpilze wirkenden Grasnester beim Queren in den Verschneidungsgrund ... die erwähnten Nester gleichen festen Baumschwämmen, die eigenartigerweise sich selbst tragen und die Belastung durch den Kletterer aushalten. Botaniker müßte man sein.“


aus: Walter Pause - im extremen Fels.


Ja, Botaniker – dass ist das richtige Stichwort für diesen Klassiker in den Kreuzbergen. Die Südwandverschneidung am 2. Kreuzberg dürfte was die reine Kletterei anbelangt sicher nicht zu den schönsten „Pause-Touren“ gehören. Denn das Gras nimmt doch einen sehr, sehr großen Anteil dieser Unternehmung ein und gewisse botanische Kletterfähigkeiten sind nicht ganz schädlich. Das Gelände ist natürlich nirgends mit den Allgäuer Steilgrastouren wie dem Rädlergrat am Himmelhorn oder Touren an der Höfats zu vergleichen aber Steilgras ist Steilgras und hat einfach immer einen etwas wilderen Charakter. Wem das nichts ausmacht wird dennoch einen tollen alpinen und anspruchsvollen Klettertag hoch über dem Rheintal verbringen können. Zumal die sehr sanfte Sanierung aus dem Jahr 1993 mit einem Bohrhaken am Stand und ca. 2 Bohrhaken pro Seillänge einer solchen Tour in meinen Augen absolut angepasst ist. Es müssen ja nicht immer an die 10 Bohrhaken pro Seillänge wie am Bockmattli oder am Zuestoll sein.

    Sonnenaufgang in den Kreuzbergen
    2. Kreuzberg – Südwandverschneidung, Routenverlauf ab der 3. SL

Ganz besonders hat es mich gefreut nach Jahren mal wieder mit dem Michi F. unterwegs zu sein. Zumal ich doch gemeinsam mit ihm die ersten selbständig durchgeführten Gehversuche im Hochgebirge und im alpinen Felsgelände unternommen habe. Einige Nordwände in den Ötztalern und alpine Klettertouren in den „heimischen“ Tannheimern und im Wilden Kaiser haben wir fast noch zu Schulzeiten zusammen gemacht. So ging es also nun an diesem schönen Oktobertag mit dem Auto nach Sax / Röfisbach (480 m) im Rheintal und von dort (vorausgesetzt man findet irgendwann den richtigen Weg) weiter hinauf bis nach Nasseel (814 m).

Vom dortigen Parkplatz über den breiten und nicht zu verfehlenden steilen Wanderweg hinauf zur Unteralp (1393 m). Von dort ist der Blick endlich frei auf die Südwände der Kreuzberge 1-3 und auch auf den grasigen Zustieg über den Sockel. Wir deponieren in den Latschen bei der Unteralp einen Rucksack und legen gleich das Kletterzeug an. Der nicht zu unterschätzende Zustieg über Schrofen und teilweise Steilgras ist zwar nirgends extrem steil und ausgesetzt aber dennoch handelt es sich um durchgehendes Absturzgelände. Bei Nässe oder schlechterem Gras sehr spät oder früh im Jahr sicher unangenehmer. Aktuell hatte es aber noch beste Verhältnisse und das Gras stand super im Saft. Im aktuellen SAC-Kletterführer Alpstein gibt es eine super Skizze zu diesem Zustieg. Wir haben uns dann im Zustieg für die direkte Variante entscheiden und sind relativ gerade hoch zu unserem Einstieg der Südwandverschneidung und haben uns den üblichen Linksbogen gespart. Auf dem oberen Grasband angekommen war der richtige Einstieg dann gar nicht so leicht auszumachen und kurz mussten wir suchen.

    im Bereich der Unteralp
    Blick auf Südwände der Kreuzberge 1-3 und auf den grasigen Zustieg
    in der direkten Zustiegsvariante
    in der direkten Zustiegsvariante

Alle weiteren Angaben zu den Seillängen und Schwierigkeiten beziehen sich auf das sehr gute Topo aus dem aktuellen SAC-Kletterführer Alpstein (3. Auflage 2011): Mit der nicht zu unterschätzenden 1. SL (VI oder V+ A0, 40 m) ist gleich mal klar wie der Hase bzgl. Absicherung und Kletterei läuft: klassisch alpin eben.

    1. SL (VI oder V+ A0, 40 m) – am steilen Wulst
    1. SL (VI oder V+ A0, 40 m) – kurz vor dem Stand

Die 2. SL (VI oder VI- A0, 35 m) bietet dann steile und gut griffige Kletterei an sehr gutem Fels. Eine der schönsten Längen der Tour. Erst kurz vor dem Stand folgen ein paar grasige Meter.

    2. SL (VI oder VI- A0, 35 m) – tolle Kletterei und eine der schönsten Längen der Tour
    Sinnbild der ganzen Klettertour – viel Gras und etwas Fels ;-)
    3. SL (VI, 40 m)
    3. SL (VI, 40 m)
    tolles Ambiente hoch über dem Rheintal

Mit der 4. SL (IV+, 25 m) erreicht man durch eine Graspolsterquerung die eigentliche große Südwandverschneidung. Die folgende 5. SL (VI-, 45 m) machte nicht nur von unten einen unangenehmen Eindruck... Teilweise etwas heikle Kletterei in stark grasdurchsetztem und nicht immer festem Gelände. Mit der 6.SL (VI-, 35 m) erreicht man das grasige Absätzchen (Biwakplatz der Erstbegeher 1954) vor der Schlüsselstelle. Ein Wandbuch ist derzeit in der vorhandenen Schatulle leider nicht existent.

    5. SL (VI-, 45 m) – unangenehme Kletterei in stark grasdurchsetztem Fels
    5. SL (VI-, 45 m) – unangenehme Kletterei in stark grasdurchsetztem Fels
    5. SL (VI-, 45 m) – unangenehme Kletterei in stark grasdurchsetztem Fels
    6.SL (VI-, 35 m)
    6.SL (VI-, 35 m) – Blick auf den Dohlenriss mit Bäumchen in der Schlüsselseillänge

Nun folgt also mit der 7.SL (VI+, 25 m) die offizielle Schlüsselseillänge der Tour. Doch wie so oft in diesen „Schlüsselseillängen“ stecken auch hier viele Haken und die Seillänge wirkt nirgends richtig wild. Am Bäumchen im Dohlenriss kann man super eine solide Bandschlinge legen und in der schwersten Stelle (Querung aus dem Riss) steckt direkt ein Bohrhaken und im Riss Normalhaken. Haben die Kletterer früher hier anscheinend öfters mit den Dohlen kämpfen müssen war bei uns weder von Dohlen noch von Nestern was zu sehen. Das Bäumchen im Riss leistete nicht nur als Zwischensicherung treue Dienste. Im Sinne weiterer Begehungen sollte man deshalb vielleicht versuchen es beim drüber klettern nicht allzu sehr zu malträtieren.

    7.SL (VI+, 25 m) – Schlüsselseillänge
    7.SL (VI+, 25 m) – im Bäumchen
    7.SL (VI+, 25 m) – Michi kämpft mit dem Bäumchen

Die 8.SL (VI, 25 m) führt in toller steiler Kletterei ans Ende der eigentlichen riesigen Südwandverschneidung. Unter dem markanten Dach quert man steil und ausgesetzt in einer Art Hangelquerung nach rechts hinaus auf die, die restliche Wand durchziehende, Steilrampe.

    8.SL (VI, 25 m)
    8.SL (VI, 25 m)
    8.SL (VI, 25 m) – Hangelquergang aus der Verschneidung heraus

Es folgen nun noch vier Seillängen auf der Steilrampe des oberen Wandteils. Die Schwierigkeiten werden immer geringer, allerdings der Fels auch nicht besser. Die Seillängen 11 und 12 können zusammengefasst werden (dann aber 60 m!). Nach ca. 4 h 45 min Kletterzeit steigen wir auf dem Gipfel des 2. Kreuzberg (1970 m) aus.

    10.SL (V, 30 m)
    11.SL (V-, 30 m)
    die letzten Meter
    am Gipfel des 2. Kreuzberg
    Blick vom Gipfel über den Hohen Kasten bis zum Bodensee

Vom Gipfel erfolgt der Abstieg über den „Normalweg“. Zunächst nach Westen über gestuftes schrofiges Gelände. Es folgt eine kurze Traverse nach rechts (Norden) in den nördlichen von zwei Kaminen. Ein Muniring markiert den richtigen Kamin. Nun entweder abseilen oder problemlos abklettern (kurze Stelle ca. III) und im weiteren absteigend bis in die Scharte zwischen 2. und 3. Kreuzberg. Von dort nach rechts auf Wegspuren und leichtem Klettergelände (I-II) zum Wandfuss und direkt über den großen Rasenhang hinab zur Roslenalp (1767 m). Nach einem Abschlussbierchen auf der Roslenalp geht es wieder zurück zum Auto. Die angesagte Kaltfront am Abend schickte bereits ihre Vorboten.

    im Abstieg kurz nach dem Gipfel
    abklettern im Kamin
    etwas unterhalb der Scharte 2./3.
    Blick von der Roslenalp auf den 2. Kreuzberg und den Abstieg
    die Vorboten der angesagten Kaltfront


2. Kreuzberg (1970 m) – Südwandverschneidung:
- EB: Max Niedermann und Seth Abderhalden 27. und 28.05.1954
- Schwierigkeit: VI+ (in einer Seillänge), sonst recht anhaltend V bis VI. Gegen Ende leichter werdend.
- Felsqualität: Die Felsqualität an sich ist gut bis sehr gut. In den reinen Felspassagen wenig brüchiges dabei. Sehr häufig klettert man aber im steilen grasdurchsetzten Gelände wo natürlich nicht immer alles fest ist. Insgesamt sehr viele Graspassagen.
- Absicherung: Standplätze mit einem Bohrhaken und meist mehreren Normalhaken. Sonst meist 2 Bohrhaken und mehrere Normalhaken (machten einen guten Eindruck) pro Seillänge. In den leichteren / grasigen Passagen muss aber manchmal ganz schön von den Haken weggestiegen werden ohne selbst was legen zu können. Insgesamt ist der Fels für mobile Sicherungsgeräte nicht allzu dankbar.
- Wandhöhe: 300 hm
- Kletterzeit: 5-7 h


Materialempfehlung:
- 60 m Doppelseil
- 12 Exen (einige davon lang)
- 4-6 Bandschlingen
- 1 kleiner Satz Keile
- kleine Auswahl Cams (ca. 4-5 Stück)
- das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial


Kletterführer / Topos:

SAC Kletterführer Alpstein
3. Auflage 2011
Werner Küng

Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler


AV-Karten:
1:25000: SAC Karte, 1115, Säntis


Viele Grüße
Michael und Tobias
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2. Kreuzberg - Südwandverschneidung (VI+, 300 Hm, 12 SL), Alpstein 06.10.12 - von Tobias - 14.10.2012, 12:22

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