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Campanile Basso - Fehrmann (V+, 600 m, 21 SL), Brenta 17.08.11
#1
Wer möchte nicht einmal auf dem Campanile Basso stehen, dem wohl bekanntesten Berg der Brenta. Beim Anblick dieses schlanken hohen Turmes lacht das Kletterherz. Von Walter Pause wurde der Campanile Basso auch schon mal als „Welträtsel aus Stein“ bezeichnet. Früher wurde der Campanile Basso auch Guglia di Brenta genannt. Mit Rudolf Fehrmann (1908) und keinem geringerem als Paul Preuß (1911, Preußwand), haben sich zwei große Freikletterer der damaligen Zeit an diesem Berg verewigt.
Die SW-Verschneidung oder auch Fehrmann-Verschneidung, bietet steile Riss- und Verschneidungskletterei par Excellence. Beim Anblick von den Ständen auf viele der folgenden Verschneidungen will man es kaum glauben, dass es nur eine Seillänger im IV. oder unteren V. zu klettern gilt. Aber es ist so, der Fels bietet meist derart geniale Tritte und Griffe und das im Überfluss. Die Route leitet also in bestem Brentafels und bei ganz klassischer Linienführung durch die riesige Verschneidung in 16 Seillängen bis auf die Schulter und somit zum großen Band „Stradone Provinciale“. Von dort in weiteren 5 Seillängen über den Normalweg auf den Gipfel des Campanile Basso (2883 m). Die Absicherung, sowohl Stände wie Zwischensicherung, ist ganz klassisch mit Normalhaken. Die meisten Stände sind aber gut in Schuss und es lässt sich immer was dazulegen. Zwischenhaken sind auch einige vorhanden, aber mit Cams, Keilen und Schlingen problemlos noch zu erweitern.
Leider konnten wir den Berg nie in seiner ganzen, schlanken Bracht sehen und fotografieren. Die typischen nachmittäglichen Brentanebel haben dies im Abstieg verhindert.

    Campanile Basso
    Crozzon di Brenta (rechts) bei Sonnenaufgang

Nach der “Kiene” am Castelletto Inferiore und dem Hüttenübergang vom Rifugio Tuckett (2272 m) zum Rifugio Brentei (2182 m) am Abend, übernachteten wir dort. Die Brentei-Hütte kommt in den meisten Führern ganz schlecht weg. „Unfreundlich...immer voll...schlechtes Wasser“ und was noch alles zu lesen ist. Dies kann ich alles NICHT bestätigen! Trotz Hochsaison Mitte August und bestem Wetter war es kein Problem auf der Hütte einen Platz zu bekommen, das Personal und der Chef waren super nett, dass essen gut und das Wasser aus dem Hahn haben wir alle drei genossen und auch überlebt. Da gibt es schlimmere italienische Hütte.

Am nächsten morgen geht es erst gemütlich weiter ins Val Brenta Alta hinein immer auf dem Weg zur Bocca di Brenta. Bei ganz großen Blöcken nach links im Geröllfeld auf Steigspuren zur West-Südwestwand. Nach ca. 1 h steht man am Einstieg.

    Ende der 2.SL (IV-, 40 m)
    Der Blick Richtung Riesenverschneidung wird frei
    3.SL (IV+, 40 m)
   

Nach zwei Längen erreicht man langsam die eigentliche Riesenverschneidung, welche man im Grunde auf den nächstens 11 Seillängen nicht verlässt. Das steile Genuss-Verschneidungsspektakel kann beginnen...

    5.SL (V-, 35m)
    5.SL (V-, 35m)
    6.SL (IV+, 30m)
    6.SL (IV+, 30m)
    6.SL (IV+, 30m)
    9.SL (V-, 30m)
    10.SL (IV, 25m)
    11.SL (IV+, 25m)
    13.SL (IV, 25m)

Nach der 13.SL klettert man heute eher über die Platten auf der rechten Seite. Beim Anblick des tiefen nassen Verschneidungskamins steigt man gerne hinaus nach rechts in die Platten. Allerdings wird es hier nicht immer ganz leicht was den Routenverlauf angeht. Mit etwas Gespür und vereinzelten Normalhaken als Bestätigung sollte es aber kein Problem darstellen. Inzwischen waren auch die nachmittäglichen Brentanebel aufgezogen. Die 15 SL leitet über kleinen Überhang in die markante Höhle. Zwischenstand in der Höhle möglich. Besser aber gleich weiter nach links zu markanter weißer Schlinge und in einem herrlichen luftigen Quergang weiter nach links zu einem Absatz. Mit diesem Quergang endet die eigentliche Fehrmann-Verschneidung. Stand unter einem Vorsprung. Lieder stinkt es dort am Stand abartig... wie in einer alten Bahnhofstoilette. Können die Leute eigentlich nicht dort hinmachen wo auch hin und wieder etwas Regen hinkommt???

    14.SL (V+, 25m)
    14.SL (V+, 25m)
    15.SL (V+, 35m)
    15.SL (V+, 35m)
    15.SL (V+, 35m) – Nina am kleinen Überhang
    15.SL (V+, 35m)

Von der Bahnhofstoilette geht es in leichtem seilfrei Gelände in einem Linksbogen auf das große Band am Campanile Basso „Stradone Provinciale“. Am Normalweg ist schon reges Abseiltreiben angesagt. Immer mit der Sorge gleich wieder ein fliegendes Seil auf die Mütze zu bekommen klettere ich vorsichtig dem Strom entgegen. In 2 oder 3 Seillängen bis zu einem markanten Absatz und nun nach links in die Wand hinaus. Nochmal steil und luftig geht es dahin und wenig später stehen wir ganz alleine am Gipfel des Campanile Basso (2883 m).

    Immer gegen den Abseilstrom
   
    Links um die Kante geht es weiter
   
    Campanile Basso (2883 m)
    Campanile Basso (2883 m)

Zweimal abseilen bis zum Absatz. Von dort entweder 3 mal kürzer abseilen oder 1 mal 60m bis zur „Stradone Provinciale“. Auf der „Stradone Provinciale“ nach rechts bis zum nächsten großen Abseilring (Hier wäre der Einstieg zur Preußwand). Vom Ring weitere zweimal 40m abseilen bis man auf einem weiteren Band wieder 15 nach links muss zum nächsten Ring am Ende des Bandes. Am dortigen Ring war es derart nebelig, wir sahen keine 5 Meter mehr, und die weitere Abseilrichtung ist nicht eindeutig, zumindestens wenn man nichts sieht. Entweder nach rechts (Abstiegssinn) in die sehr steile Wand hinab oder eher geradeaus. Nun gut wir entschieden uns für rechts. Das Seil flog hinaus in den Nebel und es flog weit, also ist es lange steil unter uns. Mit Prusikmaterial bestückt, geht es hinunter in den Nebel......doch wir haben uns richtig entschieden, nach 40 m kommt der nächste dicke Ring. Von da weg schreibt Topoguide weitere 15 m abseilen. 45-50 m ist eher zutreffend!!! Über gestuftes Gelände weiter hinunter zur Schneerinne und links vom Schnee in die Scharte Bochetta die Campanile Basso. Von dort nach rechts über den derartig abgespeckten Bochettweg (Klettersteig) Richtung Bocca di Brenta (2549 m). Vom Ende des Klettersteiges (einiges unterhalb der Bocca di Brenta) wieder nach rechts und über Schneefelder auf den Weg zurück zum Rifugio Brentei.

    Die Verschneidung des Normalweges oberhalb der „Stradone Provinciale“
    „Stradone Provinciale“
    Das gestuftes Gelände vor der Schneerinne
    Bochetteweg
   

Von der Hütte ging es gleich weiter hinab zum Auto im Vallesinella. 21:00 Uhr Abfahrt in Madonna di Campiglio - Trento - Brenner usw. .....02:00 Uhr zu Hause.


Kletterführer:

Topoguide, Band 1
1.Auflage 2005
Nicole Luzar, Volker Roth

Kletterführer Dolomiten
4.Auflage 2003
Bergverlag Rother
Anette Köhler, Norbert Memmel

Dolomiten vertikal, Band Süd
2.Auflage 2005
Loboedition
Stefan Wagenhals & Freunde


Karte:

AV Karte Nr. 51
Brentagruppe
1:25000


Viele Grüße
Michael, Nina und Tobias
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