03.03.2015, 02:23
der "Zollhausfall" im Engetal
Grenzfall Spezial
Aufgrund schlechten Wetters, durch den Niederschlag prognostiziertem Anstieg der Lawinengefahr und etwas Zustiegsfaulheit war der Grenzfall im Engetal mit seinen vielen Varianten einmal mehr das spontane Ausweichziel des verregneten Sonntags. Die Eisverhältnisse waren eigentlich erstaunlich gut, bereits vom Parkplatz (kleine Bucht direkt vor dem Steinbruch) können diese gut eingesehen werden. Ein kurzer Abstecher zum alten Zollhaus verschaffte dann Klarheit dass auch der Zollhausfall (so genannt im neuen Eiskletterführer von 2013/14) sehr gut aufgebaut war. In knappen 10min waren wir schon am Einstieg. Ich kletterte die erste, eher flachere Länge (WI 2) die etwas dünneres Eis bot, sich aber gut mit mittleren und kurzen Schrauben absichern ließ. Nach etwa 30m kam ich linkerhand an einem alten Schlaghakenstand vorbei (4NH mit altem und neuerem Schlingenmaterial, 1 dünnes Abseilglied und ein alter Karabiner) und bezog dort Stand. Die ersten Meter waren ideal zum Einklettern und Felix zog nachgekommen an mir vorbei und weiter zum ersten steileren Aufschwung der sich etwa 20m oberhalb befand.
Links davon in einer Gufel befindet sich ein BH-Stand der Felix irgendwie magisch anzog und zum Stand nach kurzer Länge verleitete.
Der Aufschwung entpuppte sich dann als etwas röhrig und als mir mal kurz beide Füße ausbrachen bzw. die Monozacker an der Röhre abrutschte wurds gar noch spannend (WI 3/3+).
Darüber dann wieder leichteres Gelände und in einer kleinen Verflachung befindet sich linkerhand ein weiterer BH-Stand an zwei Bolts. Diesen Stand nutzten wir diesmal nur als Zwischensicherung und nach einem weiteren schönen Steilaufschwung von ca. 6m legte sich dann der Fall schnell zurück und das Ende des Eises ist erreicht. Zuletzt kommt man recht offensichtlich zu einem BH mit Maillon-Rapid an der linken Seite. Wir seilten vom letzten Stand bis zur Mitte des Falls hinunter und seilten dann von einer bereits vorhandenen Abalakovschlinge ein weiteres Mal hinunter.
Alternativ hätte man gut vom ersten NH-Stand abseilen können. Ein schöner Fall und lohnende Alternative zum Grenzfall wenn mal wieder zuviel los ist.
Wir querten direkt rechts an der Wand entlang und kamen so einfach zurück in den Steinbruch zum eigentlichen Grenzfall. Eine Seilschaft war bereits im Eisstreifen. Mein anvisiertes Ziel war einen Ausstieg nach ganz oben in den abschließenden Waldgürtel oberhalb der letzten Felsstufe zu versuchen. Vor Jahren hatte ich nach einer Begehung des Eisstreifens eine Rinne gesehen die sich logisch als Ausstieg durch den letzten Felsgürtel anbietet. Bis dahin wollten wir aber auch noch Spaß haben und die andere Seilschaft nicht stören. Da aktuell der Eisstreifen bis ganz runter gutes Eis aufweist stieg ich ganz unten ein, mega ausgehookt geht es dankbar und einfach einen kleinen steileren Aufschwung hinauf (BH nach ca. 15m mit Abseilglied, vermutlich als Topropeumlenker gedacht) und dann etwas flacher den Eisstreifen hinauf. Ich kletterte an den zwei rechterhand befindlichen Ständen vorbei und zog dann nach links über eine Rippe zum Fuß eines vereisten Felsgürtels der aktuell 2 schöne Eislinien aufweist. Das Seil war längst aus und Felix kam bereits am langen Seil nach. Die Rechte der zwei dort befindlichen Eislinien bot schöne und gut absicherbare Kletterei WI 2+/3 und bei Softeis konnte selbst die mittlerweile spürbare Seilreibung und das einsetzende Regenwetter mir den Kletterspaß nicht verderben. Nach ca. 90 Klettermeter war dann ein Schneekessel erreicht mit zahlreichen Bäumen, an welchem ich an einem mit bereits alten und neuem Schlingenmaterial Stand bezog. Der Schneekessel wurde nach oben durch eine überhängende gelbsplittrige Wand mit Eisgebilden an der Basis abgeschlossen. Im untersten Drittel leitete eine fast durchgehende Eislinie schräg rechts empor und schien gegen Ende einen Ausstieg nach weiter oben zu ermöglichen. Sah spannend aus.
Ca. 50m Stapfgelände dann waren wir an der vereisten Wand angekommen.
Wir kletterten eine kurze, ca. 15m lange Seillänge in eine kleine Gufel direkt unter dem Überhang und vor der eigentlichen Eisquerung.
Dort konnte gut und bequem Stand im Eis bezogen werden. Felix rödelte auf und machte sich an die Querung. Eine kurze Schraube nach dem Stand in einem Eispilz vermittelte Sicherheit, die nächste Absicherung, ein Spectre-Ice-Piton diente mehr unserer alpinen Unterhaltung denn der Sicherheit aber schaut halt immer sau schneidig aus des Ding. Vom Spectre weg kletterte Felix ein paar Meter im eher dünnen Eis um dann auf einer geneigten Platte unterhalb der vom Dach runterhängenden Eiszapfen wieder gutes und ausreichend dickes Eis für 2 kurze Schrauben zu finden.
An der rechten Dachkante angekommen ging hinter den Eiszapfen eine dünne aber solide Eisspur hinauf (kurz WI 3), oberhalb derer Felix dann bequemen Stand in flacherem Gelände im letzten Eis bezog.
Eine wirklich sehr schöne und lohnende Länge. Nun waren wir ganz oben im letzten Kessel angekommen in dem auch die Tour über den Eisstreifen endet. Direkt links um die Ecke sahen wir die anvisierte Mixed-Ausstiegsseillänge.
Unten hatte es noch minimal Eis, dann ein paar Graspolster und oben? Ja oben kurz unter dem Ausstieg war etwas die Frage. Hier wirkte die rechte Kaminbegrenzung glattwandig und das dort sichtbare Eis ultradünn oder gar schon abgelöst, ein überhängender Kaminaufschwung führt jedoch zwingend dazu hier irgendwie ausspreizen zu müssen. Im Grund des dortigen Kaminrisses ließen sich Absicherungsmöglichkeiten erahnen, wird sich schon irgendwie gut auflösen. Nachdem wir Friends, Keile, 2 Spectre-Ice-Pitons und sogar 2 Haken dabei hatten fühlte ich mich ausreichend bewaffnet. An der Basis der Kaminverschneidung noch die letzte Schraube gedreht (am besten hätte ich die zahlreichen anderen gleich hierlassen sollen, später gingen sie beim Kaminschrubben eher im Weg um). 2 Graspolster getoolt und dann an der linken Kaminflucht weiter da hier ein dünner Riß Absicherungchance versprach. Ein Slider und kurz darauf einen 0,5er Cam wanderten in den Fels, das macht Laune. Drytolling links im Riß und rechts im Gras, oberhalb konnte an einem größeren Klemmblock mit beiden Gerät gehookt werden und hinein in den eigentlichen Kamin in dessen Grund ich mit den Eisgeräten im gefrorenen Gras und Dreck immer wieder Halt fand. Ein 1er Cam und glaub 7er-Keil schafften weiteres Vertrauen. Bis hierhin anregend, ganz gut kletterbar und absicherbar. Nun kam der kleine Kaminüberhang der zum Ausspreizen zwang. Ich kroch noch ganz hinten unter den Überhang rein und legte dort einen 0,75er Cam und verlängerte diesen mit einer langen Schlinge und Exe. Die rechte Begrenzugswand war echt so glatt wie sie von unten aussah und das wenige Zentimeter dicke Eis darauf sogar noch schlechter, links gabs aber ein paar Trittstufen und weiter oben nen Riß zum Hooken. Mit dem Eisgerät fand ich rechts ne kleine Leiste und konnte mich etwas in den Spreizschritt emporstemmen. Recht wacklig aber immerhin. Der Gedanke an den nicht 1a liegenden Cam unter mir verleiteten mich in einem kleinen Riß einen Felshaken zu schlagen. Angesichts einer Nähmaschine meines linken Beines begnügte ich mich mit einer suboptimalen Eindringtiefe und akzeptierte den Sicherungspunkt als moralische Unterstützung. Das linke Eisgerät steckte stabil verkeilt in einem Riß, mit dem rechten versuchte ich ähnliches löste dabei jedoch nur die Felsschuppe an der ich gerade hebeln wollte was die Schwerpunktverteilung auf den wackligen rechten Tritt nicht verbesserte. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Das rechte Eisgerät ließ sich dann aber im Fels und kurz danach frozen Turf gut versenken und dank guter Haltepunkte konnte ich weiter emporspreizen und kam wieder in deutlich leichteres Gelände. Puhh, spannend. Zur Entspannung im Steilgras nun nen Spectre-Ice-Piton versenkt und die wenigen Meter im Steilgras noch ausgestiegen. Kurz hinter der Kante stand ein kleines Bäumchen an welchem ich Stand machte. Hier könnte nun vermutlich weiter im Wald ansteigend leicht der „Gipfel“ erreicht werden. Im Gegensatz zu weiter unten fanden sich an den unmittelbar um den Ausstieg sich befindlichen Bäumen und Latschen keinerlei Schlingen oder Seilreste, scheint also daher keine öfters gekletterte Mixedlänge (ca. M5) zu sein. Felix fands im Nachstieg durchaus auch noch spannend und machte sich oben angekommen gleich auf die Suche nach einem direkten Abseilweg. Nach kurzem Erkunden war jedoch schnell klar das unser 60m-Seil nicht über den Überhang (der oberhalb der Quergangseisseillänge) hinab in den Schneekessel reichen würde. Also hinab wie hinauf. Ich seilte voran, unten angekommen testeten wir ob sich das Seil abziehen lies, was leider nichtder Fall war. Felix verlängerte daher die Abseilstelle mit einer langen Schlinge und zog beim eigenen Abseilen den Verbindungsknoten noch über die Graskante und auch nächste Felskante ein Stück hinab. Dadurch ließ sich das Seil nun einigermaßen abziehen. Nun hätten wir entweder eine Abalakov auf Höhe unseres letzten Eisstandes fabrizieren können, ich fand jedoch auf der anderen Seite eines kleinen Rückens (dort wo die Tour vom Eisstreifen hochkommt) einen Abseilkarabiner an einem alten Seilstück an ner vertrauenserweckenden Latsche. Von dort in ca. 50m hinunter in den Schneekessel den wir im Aufstieg schon hochgestapft sind. Vom dortigen Abseilstand an dem Baum 60 weitere Meter hinunter schräg in den Eisstreifen hinein und dort ne Abalakov gedreht da es wegen 5m nimmer zum BH-Stand gereicht hat. Von hier in 50m hinter zum Einstieg.
Alles in Allem ne schöne, lohnende Eisverbindungsvariante mit alpinem Abschluß. Pitschnass vom Regen aber zufrieden das Maximum aus dem lapidaren „Grenzfall“ für uns rausgeholt zu haben beendeten wir nun den Eisklettertag.
Der Grenzfall hat mehr zu bieten als man denkt und es gäbe dort noch weitere Eis- und Mixedmöglichkeiten im oberen Wandbereich und auch rechts des Steinbruches.
Gruß Alban und Felix