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Tödi "direkte Nordwestwand (Anderegg/Schafflützel)"
#1
Vielen wird es gehen wie mir, man steht auf der Clariden und blickt hinüber zum Tödi.


[Bild: 5_001_b_Toedi_NWW.jpg]


Sofort fällt die markante Rinne in der rechten NW-Wand hälfte auf. Im Herbst 2005 sah ich es das erst mal und beschloss diese Linie zu klettern. Etwas mühsame Infosuche und die kompetente Hilfe von Urs Odermatt zeigten, das es sich um die Anderegg/Schafflützel Route, auch bekannt als "direkte Nordwestwand des Piz Russein" handelt. Eine sehr schlecht beschriebene Tour mit ständig veränderten Verhältnissen.


[Bild: 8267_1.jpg]

[Bild: 5_ToediNWW_topo.jpg]


Anfang Mai geht es dann endlich los. Axel ist mein Seilpartner, gut zu wissen jemanden dabei zu haben, der über soviel konditionelle Reserven verfügt.

Das Auto stellen wir in Tierfehd ab, da wir dann über den Normalweg absteigen. Nach etwas laufen, stoppen, laufen und noch mal stoppen kommen wir um 13Uhr in Urnerboden an. Eine kleine Gondel bringt uns 600m höher an den Fistengrat. Von hier beginnt der anstrengende Aufstieg zur Planurahütte. Der Schnee ist Faul und unsere Schneeschuhe rutschen bei jedem zweiten Schritt ab. Nach 6h erreichen wir um kurz vor acht endlich die Hütte. Wir werden warm empfangen und bekommen reichlich zu essen. Ein herzlicher Dank den spitzen Bewartern der Planurahütte, eine echte Insel im Reich der Gletscher, bei euch hat's uns echt super gefallen.

Am nächsten Morgen empfing uns hervorragendes Bergwetter und so machten wir uns auf den Weg zum Einstieg. Rechts am "chli Tödi" vorbei und hoch auf den Sattel. Aufrödeln und los.


[Bild: 5_02_Weg_zu_Einstieg.jpg]


Schneefeld:
Wir sind ca. 30m rechts des Lawinenkegels eingestiegen der unter der Rinne lag. Hier ging es über Schnee und kleine Felsstufen (II-III, 50-55°) ca. 100hm linkshaltend hoch, bis wir auf das Hauptfeld trafen, was uns in weiteren 150hm zu einem Wandriegel leitete (bis 60°). Diesen stiegen wir rechts an.


[Bild: 5_10_unter_dem_Wandriegel.jpg]



[Bild: 5_015_a_erster_stand.jpg]


Wandriegel:
Schwachstelle rechts angegangen.
1. SL: Der leicht aussehende Weg entpuppte sich als harte Mixedkletterei, da alles abwärts geschichtet und vereist war. Nur der glaube an den soliden Standplatz im Eis unten und zwei ausgeglichene Knifeblades ließ mich diese Stelle Meistern (M5 oder M6). Nach 60m Stand im schlechten Eis. Axel packt es gut.


[Bild: 5_018_a_Schluessel_laenge.jpg]


2. SL: Weiter in die zweite Seillänge, sie ist viel leichter M4 vielleicht. Steile Rinnen wechseln mit Schneegelände, immer wieder klopft man auf den Fels unterm Schnee. Nach 60m Stand in gutem Eis in einer Rinne.
3. SL: Von hier gehts linkshaltend weiter um Felstürmchen herum. Noch mal anhaltend M4 ohne gute Sicherungsmöglichkeiten. Stand nach weitern 60m unter dem 2. Eisfeld an mäßigem Eis.


[Bild: 5_023_b_2SL.jpg]


2. Eisfeld:
4. SL: Rechtshaltend über leichten Fels (M3) auf das 2. Eisfeld. Hier linkshaltend zu Felseinlagerungen. Hier Haken in Standplatzqualität geschlagen und mittels T-Block am gleitenden Seil hoch bis in die markante Ausstiegsschlucht (kurz simultan ohne ZS). Das Gelände ist aber max. 50° steil.

Abschlußschlucht:
5. SL: Hier kann unter einer markanten Rinne im Zentralteil der Schlucht Stand an Normalhaken (selbst schlagen) bezogen werden. Oder man geht wie wir simultan weiter und kann bald mit Eisschrauben sichern. Bis zu einem Stiftbohrhaken rechts (bis 75°).


[Bild: 5_23_Axel_in_Rinne2.jpg]


6. SL: Die eisige Rinne weiter hoch (zu Letzt 85°) und nach oben in geneigteres Gelände aussteigen. Kurz Schnee bis zu einem kleinen Felsriegel, hier Loch für Haken. Rechts durch kleine Verschneidung in das flachere Gelände unter der Endwechte. Stand nach 50m hinter der Wechte mit zwei T-Anker im Sulzschnee.

[Bild: 5_031_a_letzte_SL.jpg]


Abstieg: Man meint man hat es mit Erreichen des Gipfels geschafft.


[Bild: 5_031_c_Rotkaeppchen.jpg]



Rein technisch stimmt das ja, aber es erwartet einen noch ein Ewigkeitshatsch 2800hm hinunter bis Tierfehd. Man kann bei fortgeschrittener Tageszeit auch nochmals auf der Friedolinshütte nächtigen.

Allgemeines: Die Route lies sich extrem schlecht absichern, das Eis zum klettern war meist dünn und der Fels ungünstig geschichtet. Die Tour stellt eine große Anforderung an Technik und Psyche für beide Seilpartner. Wenn weniger Schnee liegt, findet man evtl. ein paar mehr von den angeblichen 4BH und 3NH.
Wir fanden die Route extrem spannend und lohnend. Gerade weil die Psyche auch mal wieder gut strapaziert wird. Die Route ist meiner Meinung nach nur bei eisigen Verhältnissen zu begehen.

Materialempfehlung: Neben der generellen Ausrüstung für kombinierte Wände, sollte ein Hakensortiment dabei sein (vor allem dünne Haken). Ein paar kurze Eisschrauben schaden bestimmt auch nicht, wir hatten eine 11cm dabei, das war zu wenig.

Der lange Zustieg und der anstrengende Abstieg runden die Sache richtig ab und man kann wieder am Auto angekommen richtig stolz sein.

Grüße,
Stefan (alias Zwerggäuer).
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