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Spinaspfeiler, Piz Palü Westgipfel Nordwand, 25.05.14
#1
   
   
Der Piz Palü übt mit seiner imposanten Nordansicht starke Anziehungskraft sowohl auf Skihochtourenaspiranten als auch auf Fels- und Eiskletterer aus. Die Dimensionen dieses Berges als auch seines Nachbarn dem Piz Bernina haben eigentlich schon Westalpenformat. Die leichte Erreichbarkeit des Gebietes durch die Diavolezza-Bahn steigern zusätzlich nochmal die Beliebtheit der dortigen Hochtouren. Die breite Nordwand des Piz Palü wird durch 3 markante Pfeiler gegliedert und den jeweils seitlich bzw. dazwischen gelegenen Eiswänden die teils mächtige und bedrohliche Seracformationen aufweisen. Aufgrund der drohenden Gefahr der Seracs und den weitaus objektiv sichereren Pfeilerrouten werden die „Eiswände“ zwischen den Pfeilern wohl nur sehr selten geklettert. Das beliebteste Ziel ist der Ostpfeiler (Kuffner), der hauptsächlich Felskletterei bis ca. UIAA 4 (Einzelstellen bis 5 auf gängigen Varianten) bietet und einen sehr moderaten und eher flachen Firngrat zum Schluss aufweist. Die Gipfelwächte, wie sie noch in altem Führerwerk steht, existiert kaum mehr bzw. sofern in kleinerer Ausprägung vorhanden kann diese rechts (westlich) zumeist einfach umgangen werden. Der Mittlere Pfeiler, der berühmte „Bumiller-Pfeiler“, ist der schwerste der 3 Pfeiler. Hier wartet Fels bis zum oberen 5 Grad und je nach den Eisverhältnissen Eis/Firn zw. 50-75 Grad. Durch das Wegschmelzen und Wegbrechen der Eisnase direkt oberhalb des felsigen Mittelparts dürften die aktuellen Anforderungen im Eis leichter sein wie in früheren Jahrzehnten. Zudem kann diese Eisnase auch links in deutlich leichterem Gelände umgangen werden. Was bleibt ist die objektive Gefahr die von dem riesigen Seracbalkon westlich des Bumillerpfeilers ausgeht und die den Zustieg zum felsigen Mittelpart bedroht. Der westliche Pfeiler, der Spinaspfeiler ( Via Zippert) ist der vermutlich am seltensten besuchte Pfeiler. Evtl. deswegen weil die anderen Pfeiler besser bekannt (mehr Infos verfügbar) oder eben beliebter sind. Manches mag natürlich auch die nicht ganz zutreffende Schwierigkeitsbewertung im SAC-Führer (Fels bis 5-) beigetragen haben.
Nachdem sowohl Peter als auch ich die beiden anderen Pfeiler (Ostpfeiler und Bumillerpfeiler) in vergangenen Jahren schon geklettert sind rückte der Spinaspfeiler immer weiter nach oben auf der Liste möglicher Tourenziele im Engadin. Durch die doch eher niedrigen Felsschwierigkeiten und Eislastigkeit des Pfeilers planten wir die Ski auch mit durch den Pfeiler zu nehmen um einen angenehmeren und schöneren Abstieg als auch Zustieg zu haben.
Am Samstag fuhren wir bei bestem Wetter ins Engadin und konnten vom Berninapaß aus bereits den Pfeiler voll einsehen.
   
Es hatte noch relativ viel Schnee im Gebiet und der Spinaspfeiler schien gute Verhältnisse zu haben. Wir hatten uns entschlossen oben auf der Diavolezza zu übernachten. Zwar wäre die Tour auch als ambitionierte Tagestour vom Tal aus möglich, von einer so durchgeführten Begehung des Bumillerpfeilers wusste ich aber noch wie strapaziös dann das Gesamtunternehmen werden kann und schließlich machen wir das Alles ja zum Spaß. Um nicht gleich zu sehr der Dekadenz zu verfallen liefen wir wenigstens mit Tourenski die Piste zu Diavolezza-Bergstation hinauf. Kurz vor 16 Uhr hätte es nämlich auch noch zu einer Bergfahrt mit der Bahn gereicht.
   
   
Nach etwa 2h 15min waren wir nach gemütlichem Aufstieg auf der noch offenen Skipiste an der Bergstation angekommen. Gerade rechtzeitig zum Abendessen. Von Walöters-Tourenbericht zum Spinaspfeiler (
http://wuidebuam.blogspot.de/2011/05/piz...eiler.html
) wusste ich bereits wie exklusiv die Küche dort oben sein soll. Unser 4-Gang-Halbpensions-Menü war dann wirklich zum Genießen und hatte so gar nichts mit z.B. dem Instant-Essen auf italienischen Hütten gemein. Von unserem Sitzplatz aus gab´s noch gratis großes Kino mit Blick auf die Nordwände des Palü, Bernina und Morteratsch, a Bier dazu: harte Bergsteigerentbehrung sieht anders aus.
   
Mit einem Fernglas betrachteten wir unser morgiges Tourenziel im Detail und spähten den besten Weg aus. Nahezu geplättet von dem opulenten Mahl bezogen wir dann relativ früh unser Lager denn ab 3.15 Uhr gab´s ja schon wieder das Frühstücksbüffet. Dieses stand dem Abendessen in seiner Üppigkeit und Qualität (Bircher-Müsli, Cappuccino, lecker Brot, Obst….) in nichts nach. Kurz vor 4 zogen wir dann die Ski an und starteten unsere Tour. Über Nacht hatte es abgestrahlt und die Schneedecke war gut gefroren. Ohne Felskontakt ging es zuerst steil die 250Hm hinunter auf den Pers-Gletscher und dann auf einer schon vorhandenen Spur Richtung Bumillerpfeiler. Der Gletscher war super eingeschneit und selbst auf dem Normalweg wies die Spur nur wenige sichtbare Spalten auf.
Mit dem ersten Licht kamen wir unterm dem Bumillerpfeiler an. Erinnerungen an die frühere Begehung dieser tollen Linie kam auf. Wir querten zügig rüber zum Einstieg des Spinaspfeiler und rödelten auf. Nachdem Steigeisen, Eisgeräte, Seil und sonstige Hardware aus dem Rucksack draußen waren kamen die Ski und Stöcke wieder ran, in der Summe dadurch der Rucksack kaum schwerer. Perfekt. Um 5:30 Uhr stiegen wir ein.
   
   
Der Bergschrund war einfach zu überwinden und in gutem Trittschnee stapften wir seilfrei die markante Rinne hinauf. Anfangs teils nur 45 Grad steil kamen zum Ende hin Passagen bis 50 Grad. Die Sonne berührte bald die gesamte Wand und zauberte eine herrliche Atmosphäre. Ich war einfach nur dankbar unterwegs sein zu dürfen und genoss das zügige Vorankommen und alpine Ambiente.
   
Am Ende wurde die Rinne immer schmaler.
   
Wir stiegen bis ganz zum Ende und querten dann weiter ansteigend in leichtem Mixedgelände nach links bis wir einen ersten steilen Felsturm somit etwas links umgangen hatten.
   
Unter uns fiel die Wand nun steil ab und zunehmend scharten wir mit den Steigeisen und Eisgeräten auf plattigen Fels.
   
Daher seilten wir hier nun schließlich an.
   
Wir hatten ein 60m Halbseilstrang dabei, 3 Keile, 2 Sliders, 2 Cams und 5 Schrauben sowie 4 Expressen. Ich hielt nach schräg rechts aufwärts zu den Gratfelsen und fand einen einfachen z-förmigen rampenartigen Durchgang (M1-2) der schließlich zu einer kleinen kaminartigen Rinne (M2-3) führte die auf die Gratschneide zurückführte. Im Fels ließ sich hier immer gut sichern. Direkt auf der Gratschneide war dann einfaches Weitersteigen im Schnee möglich. Peter kam am laufenden langen Seil nach.
   
   
   
Alle 10-20m setzte ich eine Zwischensicherung (1 Drehmoment-Felshaken in situ vorgefunden und belassen, vermutlich ein Standhaken) und kletterte so lange weiter bis fast alle Karabiner (ein paar mehr Karabiner hätten nicht geschadet, musste 2 Exen auseinander bauen) aufgebraucht waren und bezog mit dem letzten Material Stand im Blankeis an zwei guten Schrauben etwas seitlich links neben der Gratkante.
   
   
Theoretisch wäre hier (ebenso wie weiter unten) auch ein reines weiterklettern im Eis möglich gewesen. Man muss also nicht zwingend im oberen Bereich im Fels klettern. Peter stieg noch ein paar Meter im Blankeis weiter und dann im felsdurchsetzen Gelände an die Gratkante zurück und bezog Stand im Eis unterhalb eines Felsaufschwungs.
   
   
Bereits am Vorabend hatten wir mit dem Fernglas gesehen, dass die Flanke rechts (westlich) der Gratkante auf jeden Fall einen zügigen Ausstieg im Gipfelbereich erlauben sollte. Dahingegen suggerierte der Tourenbericht von Jonas (
http://j-sp.blogspot.de/2013/06/spinaspf...-palu.html
), dass die Gipfelfelsen von links (östlich) her nur schwer zu erklettern seien. Also entweder gerade hoch (sah auch lediglich nach kurzer Kletterei bis 3 aus) oder in leichter Rechtsschleife hoch. Ich querte ca. 20m ansteigend in die westliche Flanke und konnte dann über eine etwas schwerere Felsstelle (ca. M3, gut absicherbar, etwas lockere Felsen) gerade empor in wieder leichtes Gelände klettern und querte einfach zurück zur Gratkante, über diese dann ohne weitere Schwierigkeit zum Gipfel des Westpfeilers.
   
Gegen 9:30 Uhr hatten wir dann beide den Gipfel des Westpfeilers erreicht.
   
Eine gewisse Zufriedenheit über den reibungslosen und angenehmen Aufstieg als auch über die komplettierte Palü-Pfeiler-Trilogie machte sich breit. Am Hauptgipfel kamen die ersten Bergsteiger in Sicht die sich an eine Überschreitung (Ost nach West) gemacht hatten.
   
Nachdem wir beide schon mehrfach auf dem Piz Palü waren und ich die andere Abstiegsoption noch nicht kannte verzichteten wir beide auf den Hauptgipfel zu Gunsten einer früheren Heimkehr, das freut unsere Mädels zuhaus. Problemlos kletterten wir südseitig ca. 50Hm auf den Fellariagletscher ( hinunter. Theoretisch hätten wir auch oben schon die Skier anziehen können, so gut war die Flanke verfirnt.
   
Angekommen im Flachen konnten wir dann ohne Wind in der prallen Vormittagssonne entspannt uns unsere Gipfelrast genehmigen. Ein anderer Bergführer wies Peter darauf hin, dass der felsige Bereich des Fortezzagrates aktuell mit Skiern in der „Foura“ umfahren werden kann, wir also um das lästige und zeitraubende Abklettern/Abseilen kommen könnten. Diese verlockende Aussicht war nochmal Grund mehr diese Abstiegsrichtung einzuschlagen. Zügig konnten wir nun mit den Skiern via Fuorcula Bellavista Richtung Fortezzagrat abfahren und tatsächlich war in Abfahrtsrichtung links (westlich) im Eisbruch der „Foura“ ein Durchkommen.
   
Zwischen den Seracs lag sogar etwas Pulver und bescherte uns nochmal eine tolle Abfahrt neben beeindruckender Gletscherszenerie. Auf der Querverbindungsspur zw. Fortezzagratlücke und dem Übergang zum „Buuch“ trugen wir die Ski die wenigen Höhenmeter (ca. 40Hm) zu Fuß hinauf (mit Harscheisen wäre es vermutlich auch gegangen, hatten wir aber beide nicht dabei)und kamen so wieder an den Punkt, an dem wir nach dem Abseilen am Fortezzagrat rausgekommen wären.
   
Problemlos fuhren wir nun auf den alten Spuren noch den Grat entlang und dann bei der ersten Möglichkeit steil nach Osten (rechts) zum Persgletscher hinunter und dann mit minimal Anschieben rüber Richtung Palü-Normalweg. Mittlerweile hatte es aufgefirnt und war daher perfekt zum Runtercarven auf dem flacheren Gletscher. Der Gegenanstieg in der Sonne hoch zur Diavolezza war zwar kurz (ca. 250Hm, etwa 30min) aber doch auch etwas mühsam.
   
   
Gegen 11:30 Uhr, 2h nach Ankunft auf dem Westgipfel waren wir wieder auf der Diavolezza und genossen mit Sicht auf unser Tageswerk unser wohlverdientes Tourenbier.
   
Abschließend gab´s noch ein kleines „Infernorennen“ die Skipiste hinunter zum Auto. Welch geniale Erfindung doch Ski sind, zu Fuß hät der lange Rückweg vom Gipfel keinen solchen Spaß gemacht.

Facts:
Spinaspfeiler (Westpfeiler), Piz Palü Westgipfel (3823m)
Höhenmeter am Pfeiler: ca. 720m, ab Diavolezza bis Westgipfel etwa 1100Hm, Diavolezza via Westgipfel bis Diavolezza retour etwa 1400Hm, Auto über Diavolezza, Westpfeiler, Diavolezza retour bis Auto ca. 2200Hm
Schwierigkeit: 50Grad, M2 ( 2 Einzelstellen M3 auf unserer Linienführung)
Erstbegehung am 31. Juli 1899 von dem Briten J. T. Burton-Alexander in Begleitung der einheimischen Führer Christian Zippert und Florian Grass
Zeitbedarf: Pfeiler ca. 4h, Zustieg ab Diavolezza-Bergstation mit Ski ca. 1,5h, Rückweg ab Westgipfel bis Diavolezza-Bergstation mindestens 2h unter Skibenützung und „Foura“-Umgehungsvariante. Diavolezza Bergstation bis Talstation bei offener Piste und Skibenützung ca. 10min.
Materialempfehlung: 4 Schrauben, kleines Set von Keilen und Friends (mittlere Grössen), Blockschlingen
Bei entsprechender Schneelage sind Ski für Zu- und Abstieg angenehm und stören bei der Kletterei am Pfeiler nahezu nicht.
Hüttenstandort: Berghaus Diavolezza (2973m), Aufstieg ca. 880 Hm, ca. 2 bis 2,5h
Talort/Autoparkplatz: Diavolezza Talstation (2093m)

http://www.diavolezza.ch/diavolezza/

Wetter und Webcam zu den Nordwandpfeilerrouten unter:

http://www.diavolezza.ch/diavolezza/wetter/


Weitere Tourenberichte:
Kulinarisch wertvoller Link im originalen Walöter-Style:

http://wuidebuam.blogspot.de/2011/05/piz...eiler.html


Bericht vom Jonas:

http://j-sp.blogspot.de/2013/06/spinaspf...-palu.html

Video mit Impressionen zu Jonas Tourenbericht:

http://www.youtube.com/watch?v=qtu1qPbcI6I


Bericht von Philipp Abels zu einer Winterbegehung:

https://philippabels.wordpress.com/2011/...-piz-palu/


Weitere Tourenberichte mit teils unterschiedlicher Linienführung zum Westgipfel:

http://gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/57830


Bericht von Andreas Dick:

http://gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/57847

Weitere Infos und Bilder unter:

http://www.climberland.net/zippert/zippert_en.htm


http://www.summitpost.org/west-pillar-zi...oute/29746


http://www.on-ice.it/onice/onice_view_it...pe=4&id=35


http://giacomolonghi.wordpress.com/2011/...e-zippert/
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#2
Tolle Unternehmung und schöner Bericht Alban!

Gratuliere euch beiden zur abgeschlossenen Piz Palü Pfeiler Triologie
Smile
Respekt!

@ Peter: sexy Brille!!!
Cool

Cool

Cool


Grüße Tobias
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#3
Sehr guter Bericht und tolle Tour. Gratuliere!

Da gibt's einen kleinen, verzeihbaren Fehler. Ich bin derjenige der euch unter der Südflanke von der Foura-Abfahrt erzählt hatte. Nun, ich bin kein Bergführer ;-).

Wir sind ebenfalls diese Route abgefahren - war herrlich. Ursprünglich wollten wir südseitig zur Alp Grüm fahren, hatten aber auf dem Fortezzagrat zu viel Zeit verloren und waren um 11.00 statt um 9.00 auf dem Gipfel. Eine Südabfahrt war nicht mehr ratsam.

liebe grüsse aus zürich
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