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Kingspitze - Nordostwand "Steuri" (VI, V+ A0, 650 mH), Engelhörner 04.08.13
#1
„Der Kingspitz, wie die Schweizer Bergsteiger sagen, ist die markanteste Berggestalt der Engelhorngruppe … in diesem aus Kalk gebauten „Vorgebirge“ der unmittelbar anschließenden Berner Alpen “

„Der Eintritt in die hochalpine Idylle des Rosenlauitales erzeugt denselben starken Eindruck wie das Erreichen des Ochsentales oberhalb der Engelhornhütte. Einen schärferen Kontrast gibt es nicht: unten die sanfte Harmonie der grünen Welt vor einer Fels- und Eisbühne, oben das schmale, strenge Kar, umstellt von lotrecht aufsteigenden Riesenwänden. Der Kletterer aus den Ostalpen denkt sofort ans Oberreintal…“

„Die Nordostwand ist eine … mächtige Plattenwand, oft geschlossen wie Granit, dennoch vielfach von Rissen durchzogen, dabei glatt, sehr glatt. In der Nordostwand der Kingspitze ist alles von einer im Kalk seltenen Glätte. Die Kletterei ist eigen, man schleicht und tastet sich durch den Steilfels auf Leisten empor…“


aus: Walter Pause – im extremen Fels.


    Kingspitze - Nordostwand


Nach dem anspruchsvollen und großen Abenteuer
„Scheideggwetterhorn - Direkte Nordwand“
, dem anschließenden Gipfelbiwak und dem am Tag darauf folgenden Abstieg folgte gleich am nächsten Tag noch die Nordostwand an der Kingspitze. Die „Steuri“ dürfte der wohl größte Klassiker der Engelhorngruppe sein und ist nicht zu letzt aufgrund seiner Aufnahme in Walter Pauses „im extremen Fels“ weit über die Grenzen der Zentralschweiz hinaus bekannt und beliebt. Auch wenn das Scheideggwetterhorn noch in den Knochen steckte und insbesondere beim morgendlichen Zustieg zu spüren war konnten wir die Tour relativ flott begehen. Trotz Gewitter und Wolkenbruch in der Wand standen wir nach 3 Seillängen am laufenden Seil und 2h 30 min am Gipfel der Kingspitze.

Besonders bedanken möchte ich mich noch bei
Marcel (mdettling.blogsport.ch)
für seine Hilfe, denn ohne sie hätten wir womöglich im morgendlichen Gewitter umgedreht. Während der Begehung standen wir in SMS-Kontakt und Marcel vorhersagte und lotste uns höchst professionell durch die angesagten Gewitterzellen dieses Tages. Von zu Hause am PC und in Zeiten von Smartphones später sogar noch aus dem Klettergarten verfolgte er Online auf dem Gewitterradar den räumlichen und zeitlichen Verlauf der Gewitterzellen und hielt uns auf dem Laufenden. Doch erstmal der Reihe nach...

    die Kingspitzgruppe im Abendlicht - gesehen von Rosenlaui


Tourenbericht:

Im Anschluss an den Abstieg vom Scheideggwetterhorn über die Glecksteinhütte Richtung Grindelwald verbrachten wir einen gemütlichen Nachmittag bei Rosenlaui. Dieser bestand eigentlich nur aus Essen, Erholung und Material sortieren.

   

Am nächsten Morgen steigen wir von Rosenlaui in Richtung Engelhornhütte und direkt hoch ins Ochsental. Nach ca. 1h 30 min ist der beeindruckende von steilen Felswänden umgebene Kessel erreicht und die Erinnerung ans Oberreintal im Wetterstein drängt sich wirklich geradezu auf. Es ist zwar eiskalt in diesem Kälteloch aber es scheint ein super Tag zu werden, der Himmel ist wolkenlos und zu mindestens noch auch strahlend blau. Die ca. 150 Hm im leichten unteren Wandteil (II-III) vor dem eigentlichen Einstieg sind mit den im Infoteil angegebenen Führern gut zu finden und problemlos seilfrei zu begehen.

    im leichten unteren Wandteil (II-III), noch vor dem Einstieg
    im leichten unteren Wandteil (II-III), noch vor dem Einstieg

Gegen 08:00 Uhr geht es am eigentlichen Einstieg los. Da wir von vornherein alles am laufenden Seil klettern wollen haben wir bewusst nur ein 50 m Einfachseil dabei.

    Einstiegsverschneidung
    typisches, kompaktes und eher abwärtsgeschichtetes Plattengelände

In der zweiten Seillänge erreichte mich dann eine SMS von Marcel: „Achtung Gewitter! In 30-60 min dürfte euch ein Gewitter voll erwischen!“… Da wir aber natürlich gerade voll am langen Seil kletterten und Florian 50 m weiter oben voraus raste war nicht gerade die ideale Zeit SMS zu lesen und das Handy blieb in der Tasche. So kam was Marcel mir eigentlich schon geschrieben hatte, exakt 40 min später, wir gerade im Bereich der fünften Seillänge, öffnete der Himmel seine Schleusen und Blitze zuckten über der Engelhorngruppe. Am Stand nach der sechsten Seillänge kommen wir dann zusammen und ich lese die SMS. Leider zu spät, schließlich sind wir ja schon mitten drin statt nur dabei. Im strömenden Regen schreib ich Marcel wie lange es wohl dauern könnte und ob wir auf Besserung hoffen können. Postwendende Antwort: „Die aktuelle Gewitterzelle dürfte bald weg sein aber in gut 1,5 h könnte die nächste rein ziehen“. Ich lese Florian diese SMS kurz vor wir schauen uns an und es war sofort klar wie es weiter geht. Wir versuchen es und treten Vollgas die Flucht nach vorne an. Zumal sich ein Rückzug nach der sechsten Seillänge plus 150 mH Vorbau und nur mit einem 50 m Einfachseil ausgerüstete auch eher zeitaufwendig gestalten kann.
Über die Platten läuft förmlich das Wasser und entsprechend anspruchsvoller wird die Kletterei. Denn was das an der Kingspitze bedeutet kann sich wohl jeder der die Tour schon mal geklettert hat gut vorstellen. Es geht zwar weiter am laufenden Seil voran aber aufgrund des anhaltenden Dauerregens eben etwas langsamer.

    Wolkenbruch über den Engelhörnern
    Wolkenbruch über den Engelhörnern
    Wolkenbruch über den Engelhörnern

Tatsächlich, wie Marcel es vorhersagte, war das Gewitter bald weg und bereits in der 10. Seillänge kletterten wir wieder in der Sonne. Am Wandbuch kamen wir wieder kurz zusammen.

    blauer Himmel nach dem Wolkenbruch
    10. Seillänge - kurz vor dem Wandbuch
    10. Seillänge - kurz vor dem Wandbuch

Nach dem Wandbuch folgte der letzte Abschnitt am laufenden Seil und wir sollten uns erst am Gipfel wieder sehen...

    11. Seillänge (VI)
    im oberen Teil
    die letzten Meter vor dem Gipfel

So stehen wir nach 3 Seillängen am laufenden Seil und 2h 30 min gegen 10:30 Uhr am Gipfel der Kingspitze (2621 m). Von dort bieten sich herrliche Blicke nach Südwesten auf den Rosenlauigletscher das Wetterhorn, die Wellhörner und vor allem auch das Scheideggwetterhorn. Schließlich ist es gerade mal 27 Stunden her das wir nach kaltem und spartanischem Biwak den Gipfel des
Scheideggwetterhorns
verlassen haben.

    am Gipfel der Kingspitze (2621 m)
    am Gipfel der Kingspitze (2621 m)
    Blick auf den Rosenlauigletscher und das Scheideggwetterhorn (direkt über dem Kopf von Florian)
    rechts im Profil Teile der Scheideggwetterhorn Nordwand

Wettertechnisch sollten wir nun Glück haben und nicht nochmal von einem Gewitter erwischt werden. Es zog vorbei. Wir machen uns an den nicht zu unterschätzenden Abstieg. Es folgt der oberste Westgrat, Abseilstelle vom Grat, Abseilen in der ausgewaschenen Rinne, Querung und Gegenanstieg zum Ochsensattel und weiter unten noch die Ochsenplatte. Dies waren jetzt nur die markantesten Geländebezeichnungen, dazwischen liegt aber sehr viel und oft auch etwas unangenehmes Gras / Schrofengelände in dem der beste Weg keineswegs offensichtlich ist. Alle Abseilstellen sind auch mit 50 m Einfachseil benutzbar. Vom Gipfel bis zum Rucksackdepot unter der Wand im Ochsental haben wir ca. 1 h 45 min gebraucht, also nicht enorm viel weniger wie für die eigentliche Klettertour. Dürfte die Tour selber schon noch im gehobenen Plaisirbereich anzusiedeln sein so wird dieser Bereich im Abstieg endgültig verlassen.

    im Abstieg kurz unterhalb des Gipfels
    Abseilen in der ausgewaschenen Rinne
    Blick vom Ochsensattel auf die Mittelgruppe der Engelhörner
    typisches Schrofengelände im Abstieg

Nach kurzer Rast auf der Engelhornhütte verabschieden wir uns von den Engelhörnern und machen uns an den Abstieg zurück nach Rosenlaui. Der Hüttenwirt konnte nicht glauben dass wir trotz des morgendlichen Gewitters bereits zur Mittagszeit bei ihm auf der Terrasse saßen. Im Verlauf des Abstiegs grüßt noch das Wellhorn verlockend herüber.

    Abschied von den Engelhörnern
    Rosenlauigletscher und Kleines Wellhorn


Kingspitze (2621 m) – Nordostwand:
- EB: Hermann Steuri, Mäusi Lüthy, Hans Haidegger 26. September 1938
- Schwierigkeiten: bei freier Kletterei eine Stelle VI, zwei weitere Stellen VI-. Ansonsten vielfach im V. Grad im oberen Teil noch leichter.
- Felsqualität: Wenig bis gar keine (je nach Empfinden) brüchige Passagen. Sehr kompakter meist eher abwärtsgeschichteter Kalkfels.
- Absicherung: Standplätze komplett gebohrt. Dazwischen auch einige und Bohrhaken und viele Normalhaken. Insgesamt gut eingerichtete
- Wandhöhe: 650 mH
- Kletterzeit: 5-7 h vom Einstieg


Materialempfehlung:
- 50 m Doppelseil
- 10 Exen
- 4-6 Bandschlingen
- wenige Keile
- 1 Satz Cams: 0.3 bis 3
- das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial


Kletterführer / Topos:

Topoguide, Band 1
1.Auflage 2005
Nicole Luzar, Volker Roth

Engelhornführer
5. Auflage 1990
Akademischer Alpenclub Bern
Kaspar Ochsner

Plaisir West
Edition Filidor
Jürg von Känel


Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler


SAC-Karten:
1:25000: SAC Karte, 1210, Innertkirchen
1:25000: SAC Karte, 1230, Guttannen


Viele Grüße
Florian und Tobias
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