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Gr. Ochsenwand - Gerade NO-Kante „Kalte Kante“ (VII-, 400mH), Kalkkögel 21.07.13
#1
„Die Kalkkögel sind gleichermaßen bekannt als auch gefürchtet. Manche Routen sind tatsächlich von haarsträubender Kühnheit. Seit jeher ist die Übungskletterei an den kleinen Türmen beliebt und brachte einige verwegene Denkmäler der Bruchkletterkunst hervor. Den höheren Wänden wurde oft großer Respekt entgegengebracht. “

„Seit fast 100 Jahren ein beliebtes Zentrum der Innsbrucker Abenteuerkletterer. Viele Turmnamen erinnern an sie (RAC-Turm=Real-Alpenclub; AAKI-Turm=Akademischer-Alpenklub-Innsbruck; Karwendlerturm; BB-Turm=Berglerbund).“

„Die Klettereien, vor allem der NO-Wand, gehören zu den großen Klassikern der Kalkkögel. Der Fels ist nicht überall von bester Qualität, obwohl die Huber-Zechel, der NO-Pfeiler ... und ehemals die Kalte Kante zu den schönen Kalkkögeltouren zu zählen sind.“


aus: Andreas Orgler: Klettern in den Stubaier Alpen


„Die mächtig aus dem obersten Karboden aufsteigende Nordostwand weist alleine in ihrem linken Teil ... drei Kletterführen auf: ... Unsere Gerade Nordostkante wird unter Innsbrucker Kletterern auch die „Kalte Kante“ genannt. Sie bietet eine sehr lohnende Kletterei des großen Altmeisters Hias Rebitsch in einem für Kalkkögel relativ festen Kalkgestein“

aus: Walter Pause - im extremen Fels, 2. Auflage


Mitte Juli waren Florian und ich einen Tag in den berühmt berüchtigten Kalkkögel unterwegs, genauer gesagt für ein kleines „Pause-Enchainment“ mit zwei Touren aus „im extremen Fels“ an einem Tag. Wir konnten beide Touren an der großen Ochsenwand an einem Tag hintereinander begehen. In der 1. Auflage ist die Direkte NO-Wand „Huber-Zechel“ zu finden. Sie wurde im 2. Band von der Geraden Nordostkante „Kalte Kante“ abgelöst. Als erstes haben wir die
"Huber-Zechel"
geklettert sind dann über die „Kalte Kante“ und ihre Ausbruchzone abgeseilt um sie anschließend im Aufstieg zu klettern und zum Gipfel auszusteigen.

    Große Ochsenwand NO Wand, Blick von der AK-Scharte
    Große Ochsenwand „Huber-Zechel“ und „Kalte Kante“

Zugegebenermaßen haben wir diese beiden Touren, im Gegensatz zu den allermeisten anderen Pausetouren, definitiv nur gemacht weil es eben Pausetouren sind. Was wir an diesem Tag allerdings alles erlebt haben war teils schon sehr sehr abenteuerlich und nach heutigen Maßstäben sind beiden Touren enorme Bruchklettereien, die eigentlich niemandem wirklich Empfohlen werden können. Insbesondere im Bereich der Ausbruchzone an der „Kalten Kante“ definitiv auch nicht ganz ungefährlich. Florian konnte trotzdem beide Touren Onsight klettern. Wir haben den ganzen Tag zentnerweiße, loses Gestein zu Tale befördert, irgendwann auch damit begonnen bewusst die gefährlichsten Brocken auszuräumen und es hat eigentlich permanent sowohl beim Vorsteiger wie auch beim Nachsteiger gescheppert. Zum Glück stehen wir beide ja dem Bruchklettern nicht ganz unfähig gegenüber (zu mindestens nach heutigen Maßstäben) aber wenn das noch die „schönen“ und „festen“ der klassischen Kalkkögeltouren waren (siehe Zitate aus dem Orgler-Führer), dann gute Nacht und mal wieder größten Respekt vor den früheren Extremen, wie Auckenthaler, Rebitsch, Rainer, Buhl, Spitzenstätter usw... die sich allesamt in den Kalkkögel ihre Denkmäler gesetzt haben. Definitiv am meisten Erwähnung in Bezug auf die Kalkkögel und die gesamten Stubaier Alpen dürfte aber Andreas Orgler verdient haben. Was der Spitzenalpinist und Eiskletterpionier Anfang der 80er Jahre an Erstbegehungen abgespult hat dürfte fast einmalig sein. Wenn man seinen Führer so durchblättert fällt man schier vom Glauben ab und fragt sich wie kann das eine Person alles gemacht haben. Anfang-Mitte der 80er hat er im Sommer, gefühlt, jeden 3. Tag eine Erstbegehung, oft auch solo, gemacht. Nicht nur diese enorme Menge ist beeindruckend und unvorstellbar, es waren ja zudem auch meist noch vogelwilde Touren, mit teilweise bezeichnenden Namen wie „Göttlicher Wahnsinn“, „Grauen, Gruseln, Gänsehaut“, „Der Himmel kann warten“, „Besser, berüchtigt als unbekannt“.


Bericht: „Kalte Kante“, Gipfel und Abstieg

Nach dem wir an diesem Tag als erstes über die
Direkte NO-Wand "Huber-Zechel"
zum Ausstieg der „Kalten Kante“ geklettert sind, beginnt die zweite Pause-Tour zunächst mit einer teils abenteuerlichen Abseilfahrt. Wobei sich abseilen recht bequem und unaufwendig anhört. Zunächst einmal galt es aber mehrere Abseilstände durch Hakenschlagen aufzubauen bzw. vorhandene Stände aufzubessern. Da wir nur ein 50 m Seil dabei hatten mussten wir sechsmal Abseilen, mit 60 m hätten wir uns einmal Hakenschlagen und Standbauen sparen können und wären auf fünfmal runtergekommen. Bis auf einen Haken haben wir alle Haken und gebauten Standplätze in der Tour belassen. Vorteil war natürlich das wir die Abseilstände zusätzlich zu den Haken auch mit Cams, Keilen und Bandschlingen aufbessern konnten, da wir ja im Aufstieg wieder vorbeikamen um das mobile Zeug wieder mitzunehmen. Das war auch gut so, denn indem Bruch solide Abseilstände zuschlagen gestaltete sich nicht immer einfach.

Zunächst einmal galt es aber mehrere Abseilstände durch Hakenschlagen aufzubauen bzw. vorhandene Stände aufzubessern.

    bei der Arbeit
    in dem Bruch solide Abseilstände zuschlagen gestaltete sich nicht immer einfach

Gegen 16:30 Uhr ist es dann soweit, wir wechseln wieder die Richtung und steigen in die nach dem Ausbruch in der 3. SL inzwischen berüchtigte „Kalte Kante“ ein. Zum ersten Stand (II-III) gut seilfrei machbar. Die 1. und 2. SL (V und IV) fasse ich zusammen und beziehe etwas links unterhalb der Ausbruchzone stand.

    1. SL (V)
    am Ende der 2.SL (IV) auf einem Band nach links unter den Ausbruch

Nun folgt also die besagte 3. Seillänge mit ihrem Ausbruchbereich über welchen im Führer von Andreas Orgler zu lesen ist: „Wandausbruch am 06. August 1983 in der 3.Seillänge. Seit damals mehrere Schwerverletzte bei Wiederholungsversuchen“. In den letzten Jahren wissen wir von zwei Begehungen. Zum einen von Roli und Sebastian (
www.alpinebande.com
) und zu anderen von David Bruder, also quasi den derzeitigen aktiven Pause-Jägern Nummer 1. Entweder sind die von Roli geschlagenen Haken schon wieder ausgebrochen, ausgestürzt, oder wir können sie nicht so richtig finden. Was Florian finden kann und einhängt sind einige alte und von der Schlagrichtung sehr schlechte Haken in brüchigem Fels. Zudem ist der Fels in diesem Ausbruchbereich nach wie vor sehr fragil. Die Schwierigkeiten sind eigentlich nicht einmal allzu schwer und wir würden es mit VII- bewerten, aufgrund des brüchigen Fels und der eigentlich nur mental vorhandenen Absicherung gefühlt um Welten schwerer. Ein solides Onsight Niveau im alpinen VIII. Grad kann hier sicher nicht schaden. Diese ganze Passage darf also durchaus als heikel und gefährlich bezeichnet werden. Respekt Flo, für diese Vorstiegsleistung!!!
Sollte sich da mal wieder jemand hinwagen, könnten evtl. 1-2 Messerhaken direkt vor dem ganz heißen Bereich geschlagen werden.

    3. SL (VII-), Start in die gefährliche Länge
    3. SL (VII-), die heißesten Meter beginnen
    3. SL (VII-), Stand und beruhigtere Nerven an beiden Enden des Seils

Vom Stand klettern wir die im Topo mit eingezeichneten Pfeilen gekennzeichnete Variante durch die rechterhand liegende steile Verschneidung. Denn die Linie vom Topo sieht vor Ort auch nicht gerade einladend aus. Unsere Variante war aber auch brüchig und anspruchsvoll. Als nächstes folgt die große und markante Verschneidung rechts der eigentlichen Kante. Doch was ist das, auf den ersten ca. 20 m ist der Fels zur Abwechslung mal sogar fest und es kommt fast schon richtiger Verschneidungsgenuss nach Dolomiten-Style auf. Doch keine Sorge dies ist nur von kurzer Dauer und am Ende der Verschneidung darf man wieder in die volle Kalkkögelbruch-Realität eintauchen.

    markante Verschneidung (VI-) - zunächst fest und schön…
    markante Verschneidung (VI-) - …dann darf man wieder in den vollen Bruch eintauchen

Nun folgen noch zwei Seillängen im IV. Grad und wir stehen nach 2,5 h Kletterzeit gegen 19:00 Uhr wieder auf dem Absatz der unseren Ausstieg aus der „Huber-Zechel“ markierte. Diese beiden Längen sind zwar leicht aber natürlich nicht gerade sehr fest

    noch zwei Seillängen im IV. Grad
    noch zwei Seillängen im IV. Grad
    noch zwei Seillängen im IV. Grad

Auf dem Weg über den Vorgipfel zum Ochsenwandklettersteig gehen wir zunächst noch etwas am langen Seil. Bald ist aber klar das das Seil außer zum Steinschlaglawinen auslösen keinen Sinn mehr hat. Also ohne Seil weiter und immer mehr oder weniger direkt dem Vorgipfelgrat entlang.

    am Vorgipfelgrat
    Abendstimmung überm Stubai
    Bruch soweit das Auge reicht

Als wir den Ochsenwandklettersteig erreichen ist eh schon längst klar dass wir sehr spät nach Hause kommen werden und es eine sehr kurze Nacht vor dem montagmorgendlichen Arbeitsbeginn geben wird. Von dem her lassen wir uns den Gipfel nicht nehmen und steigen zum Hauptgipfel der Großen Ochsenwand auf welchen wir gegen 20:00 Uhr erreichen. Den Sinn und Grund des ominösen Bauwerks im Gipfelbereich, welches einer Art Kanonenrohr ähnelt konnten wir nicht genau erkennen. Weiß da jemand mehr? Lawinensprengung? Klimaforschung? Wetterstation?

    das ominöse Bauwerk im Gipfelbereich
    Große Ochsenwand
    Große Ochsenwand
    Eintrag ins Gipfelbuch

Bei schönster Abendstimmung steigen wir über den Ochsenwandklettersteig in die AK-Scharte und weiter zur Adolf-Pichler-Hütte ab. Gegen 21:00 Uhr erreichen wir die Hütte und die freundliche Hüttenwirtin macht uns, nachdem wir erzählten was wir heute geklettert sind sogar noch was Warmes zu Essen und wir durften uns ins Kletterbuch der Kalkkögel eintragen. Frisch gestärkt weiter hinunter zum Auto bei der Kemater-Alm. Irgendwann mitten in der Nacht waren wir dann jeder zu Hause und ein langer erlebnisreicher Tag ging zu Ende.

    Abendstimmung im Abstieg, beim Schneefeld die AK-Scharte
   
    Abschied von der Großen Ochsenwand


Gr. Ochsenwand (2703 m) - Gerade NO-Kante NO „Kalte Kante“:
- EB: Mathias Rebitsch und K. Novosansky 1943; 1. Winterbegehung Hermann Buhl und J. Knoll
- Wandausbruch am 06. August 1983 in der 3.Seillänge. Seit damals mehrere Schwerverletzte bei Wiederholungsversuchen
- Schwierigkeit: VII- (ehemals VI-) im Bereich der äußerst heiklen Ausbruchzone, sonst V und VI-. Oben auf der Kante zwei Seillängen IV
- Felsqualität: Mehrheitlich grandioser Bruchhaufen, im Bereich der Ausbruchzone alles eher fragil. Lediglich einige Meter in der großen Verschneidung schmälern die Bruchkletterei
- Absicherung: Die Standplätze sind zwar größtenteils mit 2-3 Normalhaken eingerichtet, aber auch alle auf jeden Fall mit Cams und Keilen nachzubessern. Zwischenhaken in der heiklen 3. Seillänge nur ganz wenige und zudem äußerst schlechte vorhanden. Sollte sich da mal wieder jemand hinwagen, könnten evtl. 1-2 Messerhaken direkt vor dem ganz heißen Bereich geschlagen werden. Im oberen Teil haben wir zwei der von uns zum Abseilen geschlagenen Standplätze mit je zwei Normalhaken belassen und mit Prusikmaterial verbunden, sodass sie eigentlich gut zu finden sein dürften.
- Wandhöhe: 400 mH
- Kletterzeit: 3-4 h für die eigentliche Kante, bis zum Hauptgipfel nochmal ca. 1 h


Materialempfehlung:
- 60 m Doppelseil
- 12 Exen
- 6-8 Bandschlingen
- 1 kompletter Satz Cams: 0.3 bis 3
- Klemmkeile
- auf jeden Fall Hammer und einige Haken, für die Ausbruchzone evtl. Messerhaken
- das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial


Kletterführer / Topos:
Klettern in den Stubaier Alpen
1. Auflage 1992
Panico
Andreas Orgler

Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler

AV-Führer Stubaier Alpen
9. Auflage 1980
Bergverlag Rother, München
Heinrich und Walter Klier


Viele Grüße
Florian und Tobias
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#2
Ihr habt ja n Knall!

Ja das ist eine Lawinensprengeinrichtung die mit GAS betrieben wird.
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