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Petites Jorasses - Westwand „Contamine“ (VI / VI- A0 / 650 mH) 27.07.13
#1
„…dagegen weist diese Seite eine mächtige, wie ein Schild leicht gewölbte Mauer auf, die in verschiedenen Höhen von langen schwarzen Überhängen versperrt wird … hier finden wir eine herrliche, andauernd sehr schwierige, aber immer elegante technisch, quasi schwerelose Kletterei, ohne `Hauruck`“

aus: Gaston Rébuffat. 100 Idealtouren im Montblanc-Massiv


„Wer über die Eiswüste des Leschauxgletschers zur Westwand der PetitesJorasses aufsteigen will, der muß erst einmal am Walkerpfeiler vorbei, diesem höchsten aller hohen Ziele der Westalpen. Vielleicht ein Grund, weshalb diese Westwand so relativ spät entdeckt wurde [1955]…“

„Michel und Yvette Vaucher: Wir fanden diese Führe erstaunlich eindrucksvoll. Sie ist bestimmt eine der schönsten Felsführen in der Montblanc-Gruppe. Fast ausschließlich großartige Freikletterei in einem exzellenten Granitfels…“


aus: Walter Pause - im extremen Fels.


Die „Contamine“ in der PetitesJorasses Westwand war natürlich schon länger im Hinterkopf als Ziel vorhanden, wenn auch nicht unbedingt ganz oben auf der Prioritätenliste. Doch die Zeit und das passende Wetter in Chamonix waren für die drei Tage am Wochenende vorhanden und mussten genutzt werden. Mit dieser Tour konnte ich meine 6. Pausetour „im extremen Fels“ in diesem Monat (Juli 2013) klettern. Die Berichte eines Doppelschlages von Florian und mir mit zwei Pausetouren an einem Tag folgen noch….

    Grandes und PetitesJorasses
    Petites Jorasses – Westwand „Contamine“

Die Reise und der lange Zustieg zur Wand waren es aber Wert und die „Contamine“ ist unter klassischen Maßstäben wirklich eine Traum/Genusstour.Der Granitfels ist in der Tat exzellent und auf der ganzen Tour bei 650 m Wandhöhe (Kletterlänge deutlich länger) gibt es lediglich zwei sehr einfache Passagen die etwas brüchig sind!!!Die Schwierigkeiten liegen überwiegendund anhaltend im V. Grad mit wenigen Stellen im VI. Grad. Die Absicherung mit Normalhaken ist für solch eine klassische Tour eher unterdurchschnittlich, und man ist oft auch an den Ständen auf sich allein gestellt. Dies stellt aber keinerlei Problem dar sondern steigert eher noch die Begeisterung, denn die Risse, Schuppen und Köpfchen nehmen bereitwillig und nahezu überall haufenweise Cams, Keile und Schlingen auf. Der Abstieg zurück zum Einstieg erfolgte ganz bequem per Abseilen über die mit Bohrhaken gesicherte Piola-Tour „Anouk“. Alles in allem eine tolle Unternehmung im großartigen Ambiente des Leschaux-Kessel mit der alles dominierenden Nordwand der Grandes Jorasses in direkter Nachbarschaft.

    Blick von Montenvers

Am Freitagmorgen geht es zusammen mit Jochen und Andreas nach Chamonix und mit der Bahn hinauf nach Montenvers. Von dort über die Leitern aufs Mer de Glace und der lange Marsch zur Leschaux-Hütte beginnt. Die derzeit ca. 700 Hm fallen einem auf dieser langen Wegstrecke fast gar nicht auf. Ohne zu hetzten kommen wir nach knapp 3 h zur Hütte und ich genieße bei bestem Wetter zum ersten Mal die beeindruckenden Blicke und den Sonnenuntergang von der Terrasse der Leschaux-Hütte. Die seit diesem Jahr neue Hüttenwirtin Christelle ist super freundlich und fürsorglich. Lediglich fünf weitere Bergsteiger sind auf der Hütte, die beiden Bergführer aus Courmayeur mit ihren drei Gästen wollen auch an die Petites Jorasses, allerdings in die „Anouk“.

    Im Zustieg auf dem Leschauxgletscher
    Leschaux-Hütte
    Grandes Jorasses
    Aiguilles von Chamonix

Am nächsten Morgen klingelt um 02:30 Uhr der Wecker und nach einem tollen Freiluftfrühstück bei milden Temperaturen auf der Hüttenterrasse starten wir gegen 03:00 Uhr. Die Leitern und Stufen wieder runter auf den Leschaux-Gletscher und über ihn empor, bis es nach einer Zone mit einigen Querspalten nach links über die lange Firnmulde direkt unter die Westwand geht. Der Einstieg ist eindeutig zu finden, direkt im Grund der riesigen markanten Verschneidung des unteren Wandteils. Im Zustieg galt es, durch nicht ganz durchgefrorenen Schnee, etwas zu Spuren und es dauerte von der Hütte bis zum Einstieg fast 2,5 h.

Die beiden Bergführer mit ihren drei Gästen wollten nun aber die unteren schweren Längen der „Anouk“ über die Verschneidung der „Contamine“ umgehen. So standen am Einstieg plötzlich acht Personen und es entstand ein Wettrennen in den ersten beiden Längen, mit dem üblichen Caos bei 3 Paar Doppelseilen und acht Personen, die beiden Bergführer und ich alle auf einmal am ersten Stand, ein heilloses Durcheinander, Seile gehen drunter und drüber, Personen hinter und aneinander vorbei, der eine Gast hängt den anderen Seilschaften ausversehen die Sicherungen aus usw. Der Klügere gibt ja oft nach, in dem Fall aber weder die beiden Bergführer noch ich. Mit der 3. SL waren die Kräfteverhältnisse aber geklärt und wir waren auf dem 2. Platz. Der eine Bergführer war derart schnell und mit guten Gästen und nicht zu halten, den anderen Bergführer hatten wir im Griff.

Die Kletterei ist insbesondere gleich in der ersten Seillänge fordernd, zumal noch früh morgens, kalt und mit eher glattem Granit. Für V+ darf gleichmal ordentlich zugepackt werden. Die 2.SL ist deutlich leichter auch wenn ein markantes Dach oberhalb des Standplatzes zunächst einen anderen Eindruck macht. Nach zwei weiteren Längen in klassischer Granit Verschneidungskletterei (ca. IV-V) lässt man die markante Verschneidung hinter sich und quert auf einem leicht sandigen und etwas brüchigen Blockband nach rechts zu einem Bohrhakenstand der „Anouk“.

    2. SL (V-) - das Dach klettert sich easy
    3. SL (IV-V) klassische Granit Verschneidungskletterei
    3. SL (IV-V)klassische Granit Verschneidungskletterei

Hier kreuzen sich „Anouk“ und „Contamine“. Wir gehen nach rechts und nach zwei tollen steilen Verschneidungen (V+) geht es weiter nach rechts in leichterem Gelände in Richtung meist nassem Couloir. Es ist auch bei uns etwas nass, hält sich aber in Grenzen und ließ sich gut klettern. Nach einer Länge im Couloir erreicht man wieder ein breites (zweites) Blockband auf welchem es wieder nach links geht um den markanten zentralen Kamin zu erreichen

    Verschneidungen nach dem Blockband
    Verschneidungen nach dem Blockband
   
    Seilschaft in der “Anouk”
    Jochen im Bereich des Couloirs
    Stand auf dem Blockband nach dem Couloir
    Querung auf dem zweiten Blockband nach links
   

In dem nun folgenden markanten Kamin und vor allem am abschließenden Überhang liegen die Schlüsselstellen der ganzen Tour. Zunächst folgt aber eine sehr einfache 50 m Seillänge im Kamin bis an den Beginn eines sehr unangenehm aussehenden Rampf-Körperkamins. Wie im Eberlein-Führer beschrieben ist es aber leichter die linke Verschneidung zu wählen. Hab ich auch gemacht und es war mit eine der schönsten Seillänge der Tour. Zwar im VI. Grad aber eben superschön. In der nächsten Länge folgt dann gegen Ende die Schlüsselstelle am Überhang. Geht super frei zu klettern (harte VI) oder eben klassisch an 3-4 Haken VI-A0. Auch nach dem Überhang bleibt es in einer glatten Verschneidung etwas fordernd.

    die leichte Länge zu Beginn des Kamins
    die leichte Länge zu Beginn des Kamins
    Schlüsselstelle am Überhang
    Schlüsselstelle am Überhang

Den ganzen Tag über kann man übrigens den Walkerpfeiler schön beobachten. Noch besser wäre es natürlich gewesen eine Seilschaft dort zu beobachten, war aber leider nicht der Fall.

    Walkerpfeiler, der berühmte Nachbar
    Blick über den Leschauxgletscher und das Mer de Glace

Es folgen 3 geneigtere plattige Seillängen diagonal nach links oben bis zum markanten Schneefeld. In diesen Seillängen ist der Routenverlauf nicht offensichtlich und es gibt mehrere Möglichkeiten. Nun entweder übers Schneefeld (wenn man die Ausrüstung dabei hat) oder besser und heute wahrscheinlich am gängigsten über die glatten Platten rechts des Schneefeldes. Diese Platten sind zum Glück nur auf wenigen Metern sehr glatt und eher fordernd abgesichert. Bei uns zudem noch etwas nass.

    Querung nach links Richtung Schneefeld
    Platten rechts des Schneefeldes

Vom Stand, nach der Plattenseillänge rechts am Schneefeldvorbei, folgt der „Idealquergang“. Zunächst ist nicht ganz klar wo und ich versuche es viel zu hoch, doch zum Glück kommt mir da so ein Bild in Erinnerung. Ich klettere wieder zum Stand ab und alles ist klar und eigentlich auch so beschrieben. Direkt vom Stand geht es leicht fallend nach rechts an tollen Schuppen nach rechts. Das Titelbild vom Pausebuch (2. Auflage) ist mir in den Kopf geschossen. Auf diesem Bild sitzt eine blonde Frau ganz bequem an einem Stand genau dieses Querganges und der Kletterer geht den Quergang rüber.

    Idealquergang nach dem Schneefeld
    Idealquergang nach dem Schneefeld
    Idealquergang nach dem Schneefeld

Nach dem Quergang befindet man sich auf dem abgerundeten Pfeiler des oberen Wandteiles und man hat das Gefühl gleich oben zu sein. Der Grat ist schon erkennbar und das Gelände legt sich etwas zurück. Doch man täuscht sich mal wieder gewaltig und es folgen nochmal ganze 7-8 Seillängen (IV und V). In diesem Bereich ist die Routenführung dann auch nicht mehr offensichtlich aber auch nicht entscheidend. Wer über die „Anouk“ abseilen will sollte vielleicht schon mal nach den Bohrhaken und den Standplätzen Ausschau halten, denn die Routen verlaufen hier mehr oder weniger parallel, wenn nicht sogar identisch. Wir klettern definitiv die letzten beiden Seillängen über die Anouk.

    in den letzten Seillängen
    in den letzten Seillängen
    in den letzten Seillängen
    Ausstieg an der Gratkante
    die letzten Meter
    on Top

Gegen 14:30 Uhr nach ca. 8,5 h Kletterzeit steigen wir an der Gratkante aus und der Borhakenstand und erste Abseilstand wird über wenige Meter tolle Kletterei auf der Kante endgültig erreicht. Es gibt aber nur eine kurze Pause mit Panorama genießen, denn es wartet ja noch eine lange Abseilfahrt.

    Ausblick von der Petites Jorasses
    Ausblick von der Petites Jorasses

Die Abseilerei zu dritt zieht sich bei 21 Abseillängen ganz schön in die Länge. Prinzipiell geht es eigentlich ganz gut und die Stände sind leicht zu finden da mehr oder weniger immer in Falllinie. 50 m Doppelseil reicht überall aus. Allerdings ist man in Granitwänden dieser Neigung nie ganz vor Seilverhängern gefeit. Inklusive zwei Seilverhängern mit wieder hochklettern zog sich die ganz Angelegenheit 4 h in die Länge.

    Abseilen über Anouk
    wieder am Einstieg

Das Wetter war den ganzen Tag über bestens und super stabil, so machen wir keinen Stress und steigen ganz gemütlich zurück zur Hütte. Vom Einstieg haben wir die Hüttenwirtin Christelle kurz angerufen, ob sie uns noch was zum Essen bereithält. Gegen 20:15 Uhr sind wir wieder zurück auf der Leschauxhütte und dürfen noch ein Abendessen auf der Hüttenterasse genießen. Besten Dank Christelle…

    Petites Jorasse Westwand
    auf dem Leschaux-Gletscher
    auf dem Leschaux-Gletscher

Am nächsten Morgen geht es nach etwas zweifelhafterer Wettervorhersage direkt zurück nach Chamonix und ein tolles Wochenende endet.

    Markierungstonne auf dem Mer de Glace Moränen
    Abstieg übers Mer de Glace


Petites Jorasses (3649 m) - Westwand „Contamine“:
- EB: A. Contamine, M. Bron und P. Labrunie 20.-21.08.1955
- Schwierigkeit: VI oder VI- A0, anhaltend V
- Felsqualität: Mehrheitlich grandioser und absolut fester exzellenter Granit, nahezu keinerlei brüchige Passagen
- Absicherung: Die Absicherung mit Normalhaken ist für solch eine klassische Tour eher unterdurchschnittlich, und man ist oft auch an den Ständen auf sich allein gestellt. Dies stellt aber keinerlei Problem dar sondern steigert eher noch die Begeisterung, denn die Risse, Schuppen und Köpfchen nehmen bereitwillig und nahezu überall haufenweise Cams, Keile und Schlingen auf.
- Wandhöhe: 650 mH
- Kletterzeit: 6-8 h


Materialempfehlung:
- 50 m Doppelseil
- 12 Exen
- 6-8 Bandschlingen
- 1 Satz Cams: 0.3 bis 3
- Keile waren nicht nötig
- das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial


Kletterführer / Topos:
AV-Führer Mont-Blanc-Gruppe
10. Auflage 2005
Bergverlag Rother, München
Hartmut Eberlein

Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler

Die 100 Idealtouren im Montblanc-Massiv
Deutsche Ausgabe 1975
Gaston Rébuffat

Weitere Topos und Wandbilder sind im Internet zu finden

Ein Anouk-Topo gibt es bei Topoguide


IGN-Karten:
1:25000: 3630 OT, Chamonix Massif du Mont Blanc


Viele Grüße
Andreas, Jochen und Tobias
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