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Aggenstein - Isidor-Hacker-Gedenkweg (M5+, 70°, 380 m), Tannheimer Berge 03.12.13
#1
Der „Isidor-Hacker-Gedenkweg“ durch die Nordwand des Aggenstein Ostgipfels stand schon länger auf meiner alpinen ToDo Liste und schon längst wollte ich da mal hin. Zumal die Tour im Freundeskreis teilweise schon mehrfach geklettert und in den höchsten Tönen gelobt wurde. Nun war es also endlich soweit und zusammen mit Jürgen ging es in eine Welt aus winterlichem Fels, Steilgras, Eis und Schnee. Wir waren auf jeden Fall hellauf begeistert, konnten die Tour von unten bis oben voll genießen und empfanden sie fast schon als Paradetour winterlicher Allgäu-Climbs. Denn hier ist allerhand geboten, schöne und fordernde Felspassagen, perfekt und genüsslich zu kletternde Steilgrasabschnitte, als absolutes Schmankerl sogar eine ganze Eisseillänge und das alles bei toller ganz klassischer Linienführung entlang den gegebenen Schwachstellen.

Aufgrund vermutlich idealer Verhältnisse kamen wir gut voran und standen bereits nach gut 2 h auf der großen geneigten Terrasse im oberen Wandteil unterhalb der verschiedenen Ausstiegsvarianten. Nicht nur wegen der idealen Verhältnisse lockte uns die „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante. Sie stellt zum einen die schwerste Ausstiegsvariante dar und zum anderen ist im tollen Aggenstein-Kletterführer von Toni Freudig über diese von Peter Rohwedder und Wolfgang Mayr im Jahr 1998 erstbegangene Ausstiegsvariante zu lesen „keine Wiederholung bekannt“. Das motiviert doch. Sollte das noch stimmen wäre dies also 15 Jahre nach der Erstbegehung die erste Wiederholung gewesen. Um es gleich mal vorweg zu nehmen diese Variante hat es in sich und ist nicht nur bei den Schwierigkeiten sondern vor allem auch bei der Absicherung/Absicherbarkeit anspruchsvoller wie alle Seillängen im unteren Teil des „Isidor-Hacker-Gedenkweg“.

    Aggenstein Ostgipfel (links) und Hauptgipfel (rechts)

Das Skigebiet am Breitenberg hat den Liftbetrieb Anfang Dezember natürlich noch nicht begonnen und so geht es nach sternenklarer Nacht mit Ski über die trotzdem teilweise schon präparierte Piste an die gut 800 Höhenmeter Zustieg. Auf einem super Platzerl direkt neben dem Einstieg konnten wir ganz bequem Aufrödeln und die Schuhe wechseln. Kurz nach 9 Uhr starten wir.

    die ersten sechs Seillängen gesehen im Zustieg

Wenn der Nachsteiger einige Meter nachkommt lassen sich die ersten beiden Seillängen gut zusammenfassen (1. und 2. SL, gesamt ca. 70 m, M2-3 und leichter). Schöner nicht allzu schwerer Einstieg ins „Frozen-Gras-Climbing“. Im Gegensatz zum Rest der Tour war am Stand die frühwinterliche geringe Schneelage hinderlich. Der Stand war schlichtweg fast unerreichbar und baumelte deutlich über meinem Kopf. Zwei Meter unterhalb gab es aber eine Gufel in der ich einen super 1er Cam unterbrachte und die Eisgeräte bis Anschlag im gefrorenen Erdreich der Gufel versenken konnte.

    ganz zu Beginn
    Blick aus meinem Stand in der Gufel

In der 3. SL folgte die herrliche Eisseillänge (60°-70°, 40m). Dies war im Vorfeld eines der Fragezeichen. Hat es hier Anfang Dezember schon genügend Eis? Doch die länger anhaltenden Hochdruckwetterlage mit sehr kalten Temperaturen hat ausgereicht und wir konnten im tollen Softeis gemütlich Hochpickeln und mit kurzen Schrauben problemlos absichern. Sollte hier das Eis wirklich mal fehlen wird es deutlich anspruchsvoller. Es ist zwar alles geneigt und nicht steil aber in diesem Bereich sehr kompakt und plattig. Kurz vor dem vorhandenen Stand legte Jürgen noch die beste Zwischensicherung des Tages
Wink

Wink

Wink
.

    immer wieder tolles Nordwandambiente…
    Start ins Eis
    beste Eisbedingungen
   
Wink

Wink

Wink


Mit der 4. SL (M5, 20 m) folgt die erste anspruchsvolle Felsseillänge. Diagonal nach links oben. Hier sollen laut Topo drei Haken stecken. Unterwegs kann ich aber nur einen finden. An schöner Stelle wurde aber noch ein wohlklingender hinzugefügt und auch belassen. Der Stand nach dieser Seillänge ist sowie er eingerichtet ist eher schlecht. Aufgrund dessen das danach die Schlüsselstelle folgt sollte er auf jeden Fall ausgebaut werden, was mit alpiner Erfahrung aber gut möglich ist. Etwas oberhalb des vorhandenen Fixkeils befindet sich eine Art unvollendete Sanduhr bei der noch 2-3 mm Zusammenwachsen fehlen. Mit dem Knoten eines 8mm Reepschnurstückchens habe ich dort eine Art Sanduhrknotenschlinge eingebaut und auch belassen. Knotenschlinge am Aggenstein – die Sachsen wird es freuen…

    4. SL (M5, 20 m)
    4. SL (M5, 20 m)
    4. SL (M5, 20 m)
    die neue Sanduhrknotenschlinge

Jürgen startet in die Schlüsselstelle 5. SL (M5+, 25 m). Nach dreimal konzentriert auf der Platte anstehen ist man aber drüber und kann das Gerät wieder im Gras versenken. Allerdings muss hier schon engagiert, ohne die Möglichkeit einer Zwischensicherung, ein paar Meter vom Stand weggestiegen werden. Danach folgt ein schöner Felsaufschwung links raus und über eine Rampe wieder nach rechts folgend wird der Stand erreicht. Hier steckt sogar ein Bohrhaken.

    5. SL (M5+, 25 m), direkt in der Schlüsselpassage

Die 6. SL (M4, 60m) bietet zunächst angenehme Mixedkletterei. Danach folgt ein Abschnitt im dem das Graskletterherz Überschläge machen darf. Mehrere nahezu senkrechte Aufschwünge mit Idealgras, ja quasi sogar „Softgras“ darf freudig überwunden und genossen werden. Danach ist die große Grasterrasse im oberen Wandteil schon sichtbar. Doch bevor die Terrasse erreicht gilt es nochmal konzentriert einen kurzen steilen M4 Aufschwung zu überwinden. Einzelne Grasnarben sind aber auch hier immer in der Nähe sodass auch bei wenig vorhandener Absicherung der Blutdruck nicht allzu sehr steigen dürfte. Nach dem M4 Aufschwung folgte zunächst einfaches Steilgras und dann Schneegestapfe bis zum Stand an einer Latsche oder an einer der kleinen Fichten.

    am Beginn der 6. SL (M4, 60m), im Hintergrund der Breitenberg
    6. SL (M4, 60m), Steilgraskletterei in perfekter Form
    6. SL (M4, 60m), Steilgraskletterei in perfekter Form
    im einfachen Steilgras nach dem M4 Aufschwung

Es war nun gerade mal 11:15 Uhr und wie schon eingangs erwähnt wählten wir die anspruchsvolle und vermutlich noch nicht wiederholte „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante. Vom Stand folgt hierzu erst mal ca. 90 m Schneewühlen diagonal nach links an den Fuß dieser steilen Ausstiegsrinne. Wie ebenfalls im Freudig Aggenstein-Kletterführer erwähnt befindet sich in der gesamten „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante keinerlei fixes Material. Nach der Schneewühlerei bezieht Jürgen an zwei vom ihm geschlagenen Haken Stand. Diese Haken wurden aber auch wieder mitgenommen.

    Blick auf den oberen Wandteil und die „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante (roter Pfeil)
   
    Jürgen am Fuße der „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante

Ich starte in die erste Seillänge (Fels VI-, 40 m) dieser Ausstiegsvariante, welche zunächst mit moderater Fels-Gras-Kletterei aber schlechten Absicherungsmöglichkeiten beginnt. Nach 20 m kommt ein erster etwas steilerer Aufschwung, danach erreicht man eine Art Gufel. Leider konnte ich hier nichts Gutes legen oder schlagen und so galt es die steilen Meter direkt über die brüchige Gufel hinweg weit über der letzten Sicherung zu klettern. Ich gebe hier die Schwierigkeiten mal bewusst mit Fels VI- an und nicht in M-Graden, denn ich hab es ohne Handschuhe mit den Händen direkt am Fels geklettert. Die Angabe VI aus dem Freudig-Führer scheint mir aber minimal zu hoch gegriffen. Erst oberhalb der Gufel kann man das Eisgerät wieder sehr gut im Gras verwenden und ein 1er Cam kann gelegt werden. Danach galt es nach ein paar Metern einen Stand zu bauen. Mit einem Cam und zwei Normalhaken war dies mehr oder weniger gut möglich. Einen der Haken habe ich wieder mitgenommen, der bessere wurde belassen.

    zu Beginn der „Rohwedder-Mayr“ Ausstiegsvariante
   
    oberhalb der Gufel (Fels ca. VI-), es geht wieder kurz ins Gras
    oberhalb der Gufel (Fels ca. VI-), wieder im Gras

In der nächsten Seillänge bleibt es spannend und vor allem brüchig. Direkt durch eine Art schwach ausgeprägten Kamin (Fels ca. V+) gilt es sich vorsichtig hochzustemmen. Nach ca. 8 m im Kamin verlässt man ihn am besten nach links raus in wieder minimal grasigeres Gelände. Danach dem leichtesten Weg folgen zum nahen Ausstieg.

    Im schwachausgeprägten Kamin (Fels ca. 5+)
    Im schwachausgeprägten Kamin (Fels ca. 5+)
    Tiefblick aus der Kletterstellung
    am Ausstieg - im Hintergrund die höheren felsigen Tannheimer Berge Gehrenspitze, Köllenspitze, Gimpel und Rote Flüh (v.l.n.r.)

Nach wenigen Metern über einfaches Grasgelände ist der Aggenstein Ostgipfel erreicht.

    Aggenstein Ostgipfel
    Blick vom Gipfelgrat in die Allgäuer Alpen und hinunter ins Tannheimer Tal
    Blick zum Aggenstein Hauptgipfel

Vom Gipfel ging es nach Westen und es Warten eine Vielzahl mehr oder weniger abenteuerlichen Abstiegsmöglichkeiten. Wir wählten allerdings den sichersten aber vermutlich nicht den schnellsten Abstieg zurück zum Wandfuß. Von der Scharte oberhalb der Nordschlucht sind wir zum Ausstieg des „Schottengully“ aufgestiegen und haben über die Bohrhakenstände dieser Tour abgeseilt bis zur so genannten Steilweis. Bei wenig Schnee ist der letzte Abseiler über die Steilwies hinaus durchaus hoch und weit. Das kommt einem insbesondere soweit vor wenn man diesen Abseiler vom Hoch- oder Spätwinter her kennt wenn hier riesige Lawinenkegel liegen. Schon krass wenn man sich das dritte der folgenden Bilder anschaut und bedenkt das z.B. Jürgen hier vor ein paar Wintern 2,5 m über den schon sichtbaren Eiszapfen ab geklettert ist und dann im Schnee stand.

    Abseilen übers „Schottengully“
    Abseiler am Ende der Steilwies
    Abseiler am Ende der Steilwies

Nach dem Abseilen waren die Ski am Einstieg des „Isidor-Hacker-Gedenkweg“ schnell erreicht und es ging zügig zu Tale. Nach lediglich 20 min Abfahrt standen wir wieder am Auto und ein herrlicher Aggenstein-Nordwand-Tag ging zu Ende.

   


Führer:

Eiskletterführer
Bregenz bis Garmisch
2. Auflage 2008 / 3. Auflage 2014
Panico

Klettern rund um den Aggenstein
Toni Freudig
Eigenverlag

Karten:
AV-Karte BY 5 Tannheimer Berge
1:25000


Viele Grüße
Jürgen und Tobias
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#2
Wir hatten an dem Platz an dem jetzt die Knotenschlinge ist einen kleinen Friend wenn ich mich richtig erinnere. Ist das nicht die bessere Lösung als eine fixe Knotenschlinge?
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#3
Ja Stef, du wirst doch nicht etwa diese schöne Knotenschlinge verschmähen...
Wink

Wink


Der Riss in dem der Fixkeil und nun die Kontenschlinge liegt ist sicher bald 50-60 cm lang und da lassen sich an weiteren Stellen Cams unterbringen. An der Stelle selbst ist diese Knotenschlinge aufgrund idealer Zugrichtung wahrscheinlich sogar besser wie ein etwas auf Knick belasteter Cam. Natürlich ist eine Knotenschlinge nicht für die Ewigkeit und sollte voher etwas angeschaut werden.

So long...
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#4
Sers ihr Gras(sen)-Brüder,
nachdem ich gestern auch mal da war kann ich jetzt ENDLICH mitreden...
also:
- aus der Knoten-Schlingen-Diskussion halt ich mich raus...nur vll so viel: am besten den Stand lang einhängen und gleich weiter.-)
- nach der M4-Grasstelle in der 6ten Länge geht's wohl nach rechts, richtig? Bin grade über grass steiles Gras... sehr nett. Gut, dass darunter jetzt ein H mehr steckt und ne alte Haue... Ok, der Latschenstand ist dann eher eine 4cm-Kiefernstand...aber die wächst ja noch (in Deinem Bild mit dem roten Pfeil: vom Pfeil grad runter zur Bildmitte und dann etwas links: da ist der zukünfige Riesenkiefernstand!!
- Oben diese Rhowedder-Mayr gemacht, find ich total logisch. (als dritte Seilschaft, und erste Führungstour;
Tongue
) : geht grade so nicht mit 60m... Schnee hilft da auch nicht wirklich, sieht man das Gras nicht...bin getoolt, daher...M5 ohne Psychokomponente, M6 mit ist schon ok. Und danke für den Haken!
- sind über NO-Schlucht und Steilwies runter: oben am tiefsten Punkt 2 snargs im Gras gefunden, nach 55m auf der W-Seite vor dem Durchschlupf ein Keil mit Biner (von uns) und dann runterspuren zu BH oberhalb des Abbruchs...mei, geht sauschnell...und Ski wären geil.-)

Sonst: Trotz Frühling im Tal schön winterlich und gefroren...noch. Auch die Lumbada sah einladend aus. Ebenso der Schottengully und die Haff.
VGD
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#5
Hi, du nun Mitgras-Bruder,

schön das du am Aggenstein vorbei geschaut hast und so deinen Spaß mit dem steilen Allgäu-Gras hattest.

- was haben eigentlich alle gegen meine schöne Knotenschlinge?!?
Wink

- ja, da geht es leicht nach rechts raus. Zumindestens ist dies der leichteste Weg. Haben da die 60m bis zu deinem zukünftigen Riesenkiefernstand eigentlich schon gereicht? Das Kieferchen müsste man halt schön Pflegen, dann wird das schon...
- Super, 3. Begehung dieser Ausstiegsvariante. Hat sich mein Haken schon gelohnt...
Smile

- Diesen zwei Snarg Abseilstand haben Alban und ich nach der 1. Beghung unserer "walking on frozen grass" eingerichtet


Wie war eigentlich die Eisseillänge?

Viele Grüße
Tobias
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#6
Hallo in die Runde,

ich schaue immer träumerisch von unserer FeWo am Hopfensee auf die Nordwand des Aggensteins und mache mir Gedanken über mögliche Linien und Routen in dieser Wand. Mir war gar nicht klar das sich hier auch im Winter einige Mixed-Klettereien ergeben, kenne eher Sommertouren wie z.B. Morbus Flattermann (8-/8). Ich bin öfters in der Gegend, sollte von Euch der ein oder andere nochmal Lust haben auf z.B. Isidor-Hacker-Gedenkweg und mich mitnehmen wäre das ein Traum.

Freue mich von Eucgh zu lesen. Gruß Ralf
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