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Shaksgam China Expedition 2014 – schmaler Grat zwischen Erfolg und Tragödie - Druckversion

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Shaksgam China Expedition 2014 – schmaler Grat zwischen Erfolg und Tragödie - Tobias - 12.09.2014

Shaksgam China Expedition 2014 – schmaler Grat zwischen Erfolg und Tragödie


Text, Bilder und Informationen: Christof Nettekoven und Harry Kirschenhofer


Für 2014 hatten wir uns ein ganz besonderes Zielgebiet für Erstbesteigungen ausgesucht: Das „magische“ Shaksgam Tal, Grenzgebiet zwischen China und Pakistan auf der Nordseite des Karakorum. Dieses entlegene Gebiet, bekannt für die Nordwände von K2, Gasherbrum I und II sowie Broad Peak ist ein Paradies für namenlose, unbestiegene Gipfel. Aufgrund der logistischen Schwierigkeiten wurde diese Tour als Kooperation dreier unabhängiger Teams unter Bruce Normand durchgeführt.

- Bruce Normand (Schottland), Dmitry Shapovalov (Ukraine), Jesse Mease und Rob Duncan (beide USA).
- Peter Mežnar und Aleš Holc (Slovenien)
- Harry Kirschenhofer, Lukas Brexler und Christof Nettekoven (Deutschland)

Unser Startschuss fiel am 14.06 mit zwei Flügen von Frankfurt über Istanbul nach Bishkek, Kirgistan, gefolgt von vier Tagen Bus- und Jeepfahrt, zuerst 540 km durch Kirgistan und das Tien Shan Gebirge über den Torugart Pass, 160 km nach Kashgar und weiter 500 km entlang der Taklamakan Wüste über Yarkant und Kargahlik, schliesslich über die Pässe des Kun Lun (Akkes Dawan, 3.200m, Chirag Saldy 5.000m). Bei Mazar verliessen wir die südliche Seidenstrasse des Xinjiang Highway und folgten der Jeeppiste in das Aghil Gebirge und erreichten schließlich den Endpunkt der Schotterpiste an der Kirghisen Siedlung Yilik (3.800m).

Hier verluden wir unsere Ausrüstung auf Kamele und marschierten zu Fuß in vier Tagen durch das Surukwat Tal über den Aghil Pass (4.805m) in das Shaksgam Tal. Flussaufwärts bogen wir schließlich in unser Seitental mit dem Zielgebiet der Durbin Kangri Gipfel ab, wo wir unser Base Camp am 22.06. auf 4.142m errichteten (N 36°02 ́34,6 ́ ́ E 76°42 ́08,0 ́ ́).

   
   

Ab dem BC spaltet sich das Seitental in zwei enge Schluchten, durch die die Gletscherflüsse östlich vom Durbin Kangri I und westlich vom Durbin Kangri II fließen. Gemeinsam mit dem Team um Bruce Normand führte unser Zustieg durch den östlichen Canyon - der Materialtransport durch die Schlucht war die reinste Qual. Der Canyon verjüngt sich stellenweise auf nur noch 2m, mit Felsbrocken gespickt und permanentem Steinschlagrisiko ausgesetzt. Ständig musste man mit vollem Gepäck von Stein zu Stein über den Gletscherfluss springen, kletterte über teils haushohe Felsbrocken, dann musste man wieder unter den Felsen durchkriechen und wenn es gar nicht mehr anders ging, die steilen steinschlaggefährdeten Konglomerathänge traversieren. Zwischendurch erleichterten kleine Toteisfelder das Vorwärtskommen. Dieser Zustieg kostete die letzte Kraft….wir benötigten für einen geringen Höhengewinn von nur 300HM auf einer Gesamtlänge von ca. 5 km ganze 4 Stunden bis zum vorgeschobenen Basislager. Schließlich erreichten wir über die Gletscherzunge die großen Moränen des Durbin Kangri I, wo wir unser Zwischenlager (4.861m) aufbauten. Von hier führte der Weg über den Gletscher direkt unter der Durbin Kangri I Nordwand vorbei in ein großes Gletscherbecken wo wir unser Materialdepot und später unser Hochlager auf 5.409m errichteten (N 36°00 ́19,8 ́ ́ E 76°47 ́28,9 ́ ́). Während Christof noch durch eine größere Operation nur zwei Wochen vor Reisebeginn für den Gipfeltag nicht bereit war und wieder abstieg, schloss sich Dmitry Shapovalov vom Team Bruce Normand unserem Gipfelteam mit Harry und Lukas an.
Der Dreierseilschaft gelang schliesslich am 30.06.2014 um 13:30 Uhr der Gipfelerfolg am XIAO KANGRI mit 6.102m (N 36°01 ́06,8 ́ ́ E 76°47 ́38,4 ́ ́). Die formschöne Schnee- und Eispyramide des Xiao Kangri (= kleiner Eisberg) liegt genau zwischen den mächtigen Gipfeln des Durbin Kangri I und II.

   

Während wir am 05.07. zusammen mit Dmitry unseren Rückmarsch antraten, verblieben die restlichen Teams noch ca. 2,5 Wochen länger im Zielgebiet um die fast 7.000er zu besteigen. Bis hier hin war dies sicher eine der schönsten Expeditionen die ich jemals unternommen hatte. Aber leider nahm das Schicksal ab hier eine andere, tragische Wendung. Bereits wieder in Deutschland angekommen, erhielten wir die verstörende Nachricht von Bruce, dass Peter und Aleš nicht zum vereinbarten Termin wieder ins Basislager zurückgekehrt seien. (Der Satellitenkontakt war vor schon vor Tagen abgebrochen, die Slovenen hatten allerdings schon vorher Probleme mit der Energieversorgung, weshalb wir wegen fehlender Nachrichten zuerst nicht besorgt waren.). Bedingt durch einen extremen Temperaturanstieg auf über +10C in einer Höhe oberhalb von 5.000m, kam es zu einem dramatischen Anschwellen der Gletscherflüsse in den engen Canyons – auch die Toteisfelder schmolzen weg. Es gab kein Durchkommen mehr, das Tal der Slovenen blieb für Bruce Normand und sein Team unerreichbar!
Die Tage verstrichen bis die Chinesische Armee doch noch einen Hubschrauber frei gab. Aber auch diese Bemühungen blieben ergebnislos. Aleš Holc und Peter Mežnar bleiben an der Nordwand des Durbin Kangri II verschollen. Sie hinterlassen jeweils Frau und drei Kinder.

In Gedenken an Ales und Peter und zur Unterstützung ihrer hinterbliebenen Frauen und Kinder hat der slovenische Alpenverein Kamnik ein Spendenkonto eingerichtet:

Kontoinhaber (Alpenverein Kamnik): Planinsko društvo Kamnik
Adresse: Šutna 42, 1240 Kamnik
IBAN: SI56 0231 1026 1048 689
SWIFT: LJBASI2X
(Der Slovenische Alpenverein Kamnik stellt auch gerne Spendenquittungen auf Deutsch aus, Anfrage bitte an ao.kamnik@gmail.com)


Nachruf auf unsere zwei Freunde Aleš Holc und Peter Mežnar, verschollen am Durbin Kangri II.


    Peter Mežnar
    Aleš Holc

Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal schreiben müsste…die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt….aber nun ist es passiert.
Wir sind als eine Gruppe von neun Leuten, aufgeteilt in drei Sub-Teams auf Expedition in das „magische“ Shaksgam Tal an der Nordseite des Karakorum in China an der Grenze zu Pakistan gezogen – neun Leute mit unterschiedlichen Plänen im gleichen Gebiet – mit der gleichen Liebe und Leidenschaft für die Natur und Berge, speziell für das Abenteuer der Erstbesteigungen namenloser Gipfel….jeder kannte die damit verbundenen Risiken, jeder wusste was er da macht…und wofür.
Nun sind mit Aleš Holc und Peter Mežnar zwei großartige Menschen für immer in den Bergen geblieben … Erfahrung hatten die beiden Mitglieder des slowenischen Alpenvereins Kamnik als Bergretter genügend, Erstbesteigungen weltweit auf schwierigsten Routen sind Ihnen gelungen: im Himalaya von Indien über Tibet bis ins Tien Shan, über die Anden und vieles mehr…Nominierungen zum Piolet D´Or für die Xuelian West Erstbesteigung oder die Erstdurchsteigung der Nampa Südwand oder der Gyachung Kang Nordwand mit 7.952m zusammen mit Marko Prezelj lassen keinen Zweifel an den überragenden Fähigkeiten und Erfahrung der beiden!
Wir haben bis dahin eine wunderbare Tour zusammen verbracht – Ihre Lebensfreude, ja Lebenslust war ansteckend und ihr Humor unvergesslich, immer einen Scherz auf den Lippen und den „guten Dingen“ des Lebens zugeneigt….egal ob wir zusammen ein kühles „pivo“ auf der Anfahrt getrunken oder unser Gepäck auf dem Anmarsch durch Flüsse und über Pässe geschleppt haben….Zeit für einen Lacher gab es immer, egal wie hart die Etappen auch waren. Im Basislager bildete sich vor dem Küchen-Tarp von Ales und Peter immer eine lange Schlange, denn was ist ein minimalistischer Lightweight-Ansatz schon wert, wenn Ales und Peter frischen Proscuitto, frisches Gemüse und ihren slowenischen Bergkäse in die Pfanne werfen?
Egal ob als base-camp-DJ mit aus Küchengeräten gebastelten Boxenkreationen, gemeinsame Koch- und Backaktionen im Basislager – unser Versuch „Salami-Knoblauch-Zwiebel-Brot“ zu backen ist kläglich gescheitert, aber eure frischen Proscuitto-Gemüse-Wok-Gerichte waren die besten! Wo Ales und Peter sind, ist immer gute Stimmung!
Oder die verrückte Idee von Ales ein frisches Salatfeld im BC zu säen – zu dessen Ernte es nun leider nicht mehr kommen wird.
Wir haben nicht einfach nur die Gipfelsalami oder den slowenischen Bergkäse miteinander geteilt – wir haben unser Leben auf dieser Tour geteilt. Für mich bleiben diese Tour und die Zeit mit euch zusammen - vor allem aber ihr als Menschen und Freunde – unvergessen!
Meine Gedanken sind bei euch und euren Familien.
Ales und Peter hinterlassen jeweils Frau und drei Kinder….