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Rot Turm - Südwand (VII-/VII, VI- A0, 230 m, 5 SL), Alpstein 08.06.13 - Druckversion

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Rot Turm - Südwand (VII-/VII, VI- A0, 230 m, 5 SL), Alpstein 08.06.13 - Tobias - 09.06.2013

„Beide Führen durchziehen sonnige Südwände, sind frühzeitig schneefrei und obendrein landschaftlich von hohem Reiz. Den Tiefblick zum Fählensee und das interessante Gegenüber der ... Kreuzberge wird auch der Liebhaber extremer Klettertouren würdigen“

„Die Südwand des Roten Turms ... bietet dem Könner herrliche, meist freie Kletterei; sie wird von drei Überhängen markiert. Der dritte Überhang überdacht eine mächtige glatte Platte, die ein anfangs tiefer, später immer feinerer Riss durchzieht. “

„Übrigens: Diese Kletterkombination zweier Führen übereinander ist eine praktische Sache für unsicheres Wetter. Man kann nach der „Aiguille Rouges“ das gefährliche Leben abbrechen und „dolce far niente“ üben...“


aus: Walter Pause - im extremen Fels.


Das markante Dreigestirn aus Freiheit, Hundstein und Rot Turm dürfte zusammen mit den Kreuzbergen und dem Wildhauser Schafberg das bekannteste alpine Kletterrevier des Alpsteins sein. Der schlank und anziehend wirkende Felszahn des Rot Turm und die als Extrem-Klassiker bekannte Südwand war unser Ziel. Zusammen mit der Südverschneidung am Hundstein ist diese Tour auch ein Pause-Klassiker. Es erwarten einen in der Tat landschaftliche Höhepunkte, ganz besondere Kletterstellen und Kalkfels der Extraklasse.

    Rot Turm, Freiheit und Hundstein (v.l.n.r.) von der Fählenalp
    Rot Turm - Südwand

Ausgangspunkt ist der Parkplatz Pfannenstiel (940 m), bei Brülisau im Appenzeller Land. Als Zustiegshilfe hatten wir die Fahrräder dabei. Der Schotterweg durch den Tobel bis zum Plattenbödeli (1249 m) ist aber dermaßen steil und zur Zeit auch noch teilweise frisch geschottert, so dass man die Sinnhaftigkeit des Fahrrades, welches man eh die meiste Zeit schiebt durchaus in Frage stellen darf. Selbst die Abfahrt am Abend hatte aufgrund der Steilheit und des frischen Schotters etwas Aufregendes an sich. Nach dem Plattenbödeli und der Abfahrt zum Sämtisersee wird es nur kurz flacher bevor der Weg wieder steiler Richtung Berggasthof Bollenwees (1470 m) und dem Fählensee hochzieht.

    am Sämtisersee
    Altmann, Rot Turm und Hundstein über dem Fählensee

Von der Bollenwees geht es nun zu Fuß dem Fählensee entlang bis zu der Fählenalp und noch gut 400- 500 m weiter bis zur ersten Schucht einer markanten Doppelschlucht. Nicht zu verwechseln mit einer leicht schluchtartigen Mulde 100 m vor der Doppelschlucht. Der Jahreszeit entsprechend liegt von der Schlucht bis fast zum Wanderweg noch Altschnee. Er war allerdings nicht allzu hart, hatte eine gute „Struktur“ an Schneetritten und war somit auch gut mit Zustiegsschuhen zu begehen. Am Randbereich und in evtl. unterspülten Passagen sollte man natürlich höchst aufmerksam und vorsichtig sein. Nach der Schlucht zieht das sogenannte „Mörderwegli“ elegant durch die steilen felsdurchsetzten Grasflanken. Später quert man unterhalb der Freiheit-Südwand hindurch und kommt in die Scharte zwischen Rot Turm und Hundstein. Hier am besten Rucksackdepot.

    Rückblick in die noch schneegefüllte Zustiegsschlucht
    Roter Turm und Hundstein (rechts) im Zustieg
    Freiheit - Südwand (Bildmitte)

Vom Rucksackdepot geht es sehr steil, ausgesetzt und abschüssig über Schrofen- und Grasgelände hinab zum Einstieg. Der Weg ist nicht immer ganz eindeutig und man sollte genau schauen in welches Gelände man absteigt.

    steiler Abstieg zum Einstieg
    rechts oder links? – von diesem Absatz war links der richtige Weg
    steiler Abstieg zum Einstieg

Der Einstieg ist markiert mit zwei Bohrhaken. Bei der 1. SL (IV+, 50 m) handelt es sich um die Kategorie typisch unangenehme Einstiegsseillänge. Der Fels ist noch etwas brüchig, das Gelände sehr grasig und schrofig. Zudem natürlich mit einem Bohrhaken und zwei Normalhaken auf 50 m nicht gerade übersichert. Die Kletterschwierigkeiten sind aber so gering (IV+) das man trotzdem schnell oben ist.

    1. SL (IV+, 50 m)

Mit der 2. SL (VI+, 35 m) klettert man aber in allerbestem Alpstein-Kalk. In dieser Länge gilt es in einer Rechts-Links-Schleife den 1. Wulst zu überwinden. An den Entscheidenden Stellen Bohrhaken, dazwischen einige Normalhaken.

    2. SL (VI+, 35 m)
    2. SL (VI+, 35 m)
    2. SL (VI+, 35 m)

Die 3. SL (VI, 40 m) führt unter den 2. Wulst und in begeisternder, großgriffiger Kletterei über ihn hinweg. Danach quert man oberhalb des Wulstes an riesigen Sanduhren ca. 10 m nach rechts zum Stand im markanten Riss der großen Platte

    3. SL (VI, 40 m) - am 2. Wulst
    3. SL (VI, 40 m) - am 2. Wulst
    3. SL (VI, 40 m) - Rechtsquergang zum Stand
    Stand nach der 3. SL am Fuß des markanten Risses

Die riesige und weithin sichtbare Platte unterhalb des 3. Wulsts wird von einem langen markanten Riss durchzogen. Die Linie könnte nicht arg viel deutlicher sein. Es müssen die verschiedensten Klettertechniken zum Einsatz kommen. Vom Piazen, Spreizen, Kaminklettern bis zum plattigen anstehen wir so manches gefordert um den Riss mit V+ (unterer Teil) und VI (oberer Teil) klettern zu können. Trotzdem herrlich und auf einer Länge von 50 m sehr, sehr selten. Am besten dürfte es auch sein den kompletten Riss (50 m) bis zum Stand direkt vor der Schlüsselstelle zu klettern. Laut Topo ist nach 30 m mitten im Riss Stand. Als Dreierseilschaft aber eher unangenehm und so klettere ich weiter.

    der Weiterweg dürfte nicht zu verfehlen sein...
    4. SL (VI, 50 m)
    4. SL (VI, 50 m) - Tiefblick vom Stand auf 50 m Riss
    4. SL (VI, 50 m)

Nach dieser langen Risslänge folgt die Schlüsselstelle der Tour. Den 3. Wulst gilt es in abdrängender, leicht überhängender und athletischer Kletterei zu überwinden (VII-/VII). Die Stelle wäre mit einem Normalhaken und einem Bohrhaken auch problemlos A0 zu überwinden. Nach dieser Schlüsselstelle in gut gestufter und leichter Kletterei (ca. IV bis V-) immer leichter werdend bis zum Gipfel des Rot Turm. Diese Seillänge ist ungefähr 60 m lang. Das Gipfelbuch war leider triefend nass.

    5. SL (VII-/VII, 60 m) - Schlüsselstelle
    5. SL (VII-/VII, 60 m) - Schlüsselstelle
    die letzen Meter vor dem Gipfel
    Hundstein - Südwand

Vom Gipfel auf deutlichen Trittspuren nach Norden bis zum gebohrten Abseilstand. Von hier auf einmal in knapp 60 m hinab zum Rucksackdepot. Es können aber auch kürzere Abseilstrecken gemacht werden, mehrere Stände vorhanden.

    Abseilen vom Roten Turm

Danach steigen wir übers „Mörderwegli“ wieder ab zur Fählenalp und weiter zu den Fahrrädern bei der Bollenwees.

    Rot Turm und Hundstein (dahinter) im Abstieg
    die noch schneegefüllte Zustiegsschlucht
    mehr schlecht wie recht ließ sich das inzwischen tiefe Altschneefeld abfahren
   



Rot Turm (2002 m) - Südwand:
- EB: Alfred Baumann und Ferdy Bürke 27.06.1947
- Schwierigkeit: VII-/VII (eine Stelle am 3. Wulst), sonst recht anhaltend V bis VI.
- Felsqualität: Bis auf die schrofige Einstiegsseillänge exzellenter Kalkfels. Nahezu keinerlei brüchige Bereiche!
- Absicherung: Standplätze mit meist einem Bohrhaken und meist mehreren Normalhaken. Sonst meist 2-3 Bohrhaken und mehrere Normalhaken (machten einen guten Eindruck) pro Seillänge. Problemlos mit mobilen Sicherungsgeräten zusätzlich absicherbar.
- Kletterlänge: ca. 230 m
- Kletterzeit: 2-3 h


Materialempfehlung:
- 60 m Doppelseil (mit 60 m kommt man mit einmal Abseilen vom Turm herunter)
- 12 Exen (einige davon lang)
- 4-6 Bandschlingen
- 1 kleiner Satz Keile
- kleine Auswahl Cams (ca. 4-5 Stück)
- das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial


Kletterführer / Topos:

SAC Kletterführer Alpstein
3. Auflage 2011
Werner Küng

Im extremen Fels
2. Auflage 1977
Walter Pause, Jürgen Winkler


AV-Karten:
1:25000: SAC Karte, 1115, Säntis


Viele Grüße
Ebe, Nina und Tobias