Laliderer Wand - Schmid/Krebs (VI, 850 Hm), Karwendelgebirge 19.08.12 - Druckversion +- Rocksports Forum (https://forum.rocksports.de) +-- Forum: Übersicht (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=3) +--- Forum: alpines Felsklettern (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=10) +---- Forum: Österreich (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=26) +---- Thema: Laliderer Wand - Schmid/Krebs (VI, 850 Hm), Karwendelgebirge 19.08.12 (/showthread.php?tid=763) |
Laliderer Wand - Schmid/Krebs (VI, 850 Hm), Karwendelgebirge 19.08.12 - Tobias - 26.08.2012 „Laliderer Wand und Laliderer Spitze stehen im Zentrum des Karwendels dicht beisammen, gehören einer Wandflucht an, die über den grünen Ahornböden der Taltiefe eine zyklopische Urwelt aufbaut. Aus grauen, groben Steinkaren steigen senkrechte, im Verfall zerfurchte und zerrissene Riesenmauern auf.“ „Nicht nur die Bergsteiger nennen diese Welt schön, und Beethovens Schicksalstöne klopfen an die Pforte ihres Weltbewußtseins: Freude, schöner Götterfunken, erfüllt sie, unter diesen Mauern wandelnd...“ „Die große Civettamauer gegen Nordwesten wirkt abweisend und schrecklich, aber doch prächtig dazu ... nicht so diese düstere Mauer zwischen Hohljoch und Spielißjoch, die aus grauen Schuttkaren und schmutzigen Firnresten zum selben Sonnenhimmel aufsteigt: Sie wirkt erdrückend. Man ist sofort der kleine Niemand unter der riesigen, drohenden Masse Berg“ „Orientierungssinn, Moral und Kondition, Härte in andauernder, schwerer Freikletterei, noch dazu in nicht immer ganz sicherem Fels, sind unerläßliche Voraussetzungen ... Die Biwakschachtel unterm Gipfelgrat wurde nicht wegen Geldüberflusses errichtet“ aus: Walter Pause - im extremen Fels. Zitate über die Laliderer Nordwände Laliderer Spitze und Laliderer Wand Laliderer Wand, Dreizinkenspitze und Grubenkarpfeiler (v.r.n.l.) Die Laliderer Nordwände gehören immer noch zu den großzügigsten und gewaltigsten Kletterherausforderungen der gesamten Kalkalpen. Die legendäre Schmid/Krebs durch die Nordwand der Laliderer Wand (2615 m) ist eine der ganz großen klassischen Wandklettereien der nördlichen Kalkalpen im sechsten Grad. Schon Walter Pause beschreibt im „extremen Fels“ gleich zwei Routen in den Laliderer Nordwänden: die Schmid/Krebs und die Rebitsch/Spiegel (Direkte Nordwand). Nur noch der Grandes Jorasses, der Aiguille Noir de Peuterey, der Marmolada, der Civetta, der Fleischbank und der Schüsselkarspitze wurde diese Ehre zuteil. 850 m Wandhöhe, 7-12 h Kletterzeit, selten guter Fels, im oberen Teil gar extrem brüchig, nicht gerade üppige Absicherung an alten Normalhaken und der Abstieg durch die Spindlerschlucht verhelfen dieser Route zu ihrem großen Nimbus. Laliderer Wand Nordwand - Schmid/Krebs Seid vielen Tagen stabiles, warmes Hochsommerwetter, dass sind die großen Laliderer-Tage mit perfekten Verhältnissen von denen es nicht jedes Jahr allzu viele gibt. Die düsteren Nordwände waren absolut trocken und die Gewitter waren nahezu auszuschließen. Mit diesen besten Vorrausetzungen starten wir am Vortag zur extrem kletterfreundlichen Falkenhütte und ihrem tollen Hüttenwirt Franz Kostenzer. Am nächsten morgen geht es früh los und wir stehen mit dem ersten Tageslicht am Einstieg und klettern los ins Abenteuer Schmid/Krebs: Als Beschreibung dienten uns die sehr gute Textbeschreibung aus dem AV-Führer Karwendelgebirge (12. Auflage 1984) und das Panico-Topo aus dem Karwendelführer (3. Auflage 2007), welches insgesamt auch sehr gut passt. Außerdem gibt es bei Extrem Collect eine detaillierte Beschreibung der Seillängen. 1. SL (V, 45 m) 3. SL (IV+, 50m) 3. SL (IV+, 50m) - Ebe am Stand nach der 3. SL 4. SL (IV-, 50m) - Ebe am Stand nach der 3. SL, Blick aus der Seillänge nach unten 4. SL (IV-, 50m) - Blick auf den Pfeilerkopf, hier hängen die Erinnerungsseile vom dramatischen Seilschaftssturz 2009 Mit etwas mulmigem Gefühl klettert man an den Erinnerungseilen des dramatischen Seilschaftssturz 2009 ( http://www.ostbayern-climb.de/mcblog/mcblog_doDetail.php?lfd=45 ) vorbei auf den Pfeilerkopf. Vom Pfeilerkopf geht es in der 5. SL (IV+, 35 m) zunächst aufs darüber liegende Band und dann deutlich (min. 10 m) nach links bis eine grasige Schwachstelle den Weg auf das höhergelegene Schichtband ermöglicht. Stand. Nun zunächst über eine kurze geneigte Platte nach rechts und weiter zwei Seillängen bis zu einem guten Standplatz auf halber Höhe des markanten abstehenden Turms. Die zwei Seillängen nach rechts können auch zusammengefasst werden. 5. SL (IV+, 35 m) - die grasige Schwachstelle 6. SL (IV+, 30 m) - kurze, geneigt Platte 7. SL (III, 30 m) - Stand vor dem abstehenden Turm Von diesem Standplatz aus abklettern und den Turm an seinem Fuße queren danach diagonal und schwer hinauf zum legendären „Höhlenquergang“. Das sagt sowohl das Panico-Topo wie die Beschreibung bei extreme-collect.de. Wir sind es auch so geklettert, doch das ist wirklich kurz nicht ganz ohne und vor allem sehr schlecht abzusichern. Viel logischer, leichter und eigentlich auch so im alten AV-Führer beschrieben ist der Weg hinter dem Turm vorbei und dahinter einige Meter leicht hinab. Dann ist man direkt am Beginn des „Höhlenquergang“ und muss ihn nicht heikel diagonal von unten anklettern. Also mir erscheint die Variante hinter dem Turm vorbei wesentlich besser. die AV-Führer Route geht hinter dem abstehenden Turm vorbei 8. SL (V+, 45 m) - vom Stand 5-6 m abklettern und waagrecht nach rechts queren 8. SL (V+, 45 m) - Blick auf den Höhlenquergang 8. SL (V+, 45 m) - Höhlenquergang (steil, schön und sogar fest) Über leichteres Gelände hoch in die markante Höhle (Haken) und anschließender splittriger Linksquergang (15 m) bis zu Stand in einer kleinen Gufel am Beginn der berühmten Krebsrisse. 9. SL (IV-, 45 m) 9. SL (IV-, 45 m) 9. SL (IV-, 45 m) - Blick aus der Höhle zum Stand am Beginn der Krebsrisse. Die Krebsrisse bieten dann den schönsten und festesten Fels der ganzen Route. 10. SL (VI, 50 m) - Ebe in den Krebsrissen 10. SL (VI, 50 m) - Krebsrisse 10. SL (VI, 50 m) - Ebe am Stand in den Krebsrissen Von Stand im Riss weiter (noch einige Meter VI) und über leichtes Gelände bis an den Fuß eines grausig brüchig aussehenden steilen Risses, dort Stand an vier Normalhaken. Über diesen Riss kann man im Netz diverses lesen sogar von „Alptraum im Bruch“ ist die Rede. Ganz so dramatisches ist es aber lange nicht, auch wenn es so aussieht. Das ein oder andere Steinchen kommt aber natürlich schon nach unten geflogen und trifft auf den Standplatz. Der am Stand kann aber ganz links relativ gut in Deckung gehen. 12. SL (V+, 50 m) - guter Stand vor dem Riss 12. SL (V+, 50 m) - im grausig aussehenden steilen Riss 12. SL (V+, 50 m) - im grausig aussehenden steilen Riss 12. SL (V+, 50 m) - Ebe am Stand nach der 12. SL, oben ist schon der Pfeilerkopf zusehen. Nun leichter durch den steilen Kamin in das Schärtchen zwischen Pfeiler und Wand. Von dort Spreizschritt an die Wand (Haken) und exponiert und ungesichert 15-20 m diagonal nach rechts oben zu Stand unter einer steilen Rissverschneidung. 13. SL (IV+, 45 m) - im Kamin vor der Scharte zwischen Pfeiler und Wand 13. SL (IV+, 45 m) - Stand unter der steilen Rissverschneidung 13. SL (IV+, 45 m) - von der Scharte 15-20 m nicht wirklich absicherbar nach rechts oben Durch die steile Rissverschneidung 14. SL (V+, 20 m) hoch und noch vor der großen gelben Gufel nach links zu Stand (Panico: evtl. Zwischenstand). Von dort steigt man einige Meter nach links ab und geht um die Kante. Von dort ist der Blick auf die anspruchsvolle „100 m Wand“ frei und es ist irgendwie gleich klar was einem hier blüht: schwere Routenfindung, anhaltend V+, extrem geschlossener etwas brüchiger Fels und fast kein Haken. So kommt es dann auch: Ich finde zwar zwei alte Haken bringe aber auf der ganzen Länge genau einen Cam unter, da heißt es klettern, zum Glück „nur“ V+... 15. SL (V+, 45 m) - Blick zurück zum Stand nach ein paar Metern abklettern nach links 15. SL (V+, 45 m) - beeindruckt beim ersten Blick in die „100 m Wand“ Blick in die „100 m Wand“ 15. SL (V+, 45 m) - Ebe in den Weiten der „100 m Wand“ 16. SL (V+, 45 m) - Ebe in den Weiten der „100 m Wand“ Mit der 17. SL (V+, 50 m) erreichen wir über das letzte schwere Wandstücken nach ca. 7 h den Beginn der ersten Schlucht und haben somit die Hauptschwierigkeiten hinter uns. 17. SL (V+, 50 m) - Ausstieg aus der „100 m Wand“, Beginn der ersten Schlucht Ein Seil darf nun in den Rucksack und wir klettern die erste Schlucht (III) am langen Seil. Ein kurzer Verhauer führte uns zu weit nach rechts und wir müssen wieder etwas in die Schlucht hinein queren. Eine Passage in der Schlucht ist dann nochmal etwas schwerer und zudem sehr, sehr brüchig (mehrere Haken). die etwas schwerere Passage in der ersten Schlucht Nach dieser Passage geht es nach rechts oben auf eine Gratschulter im Kamm zwischen erster und zweiter Schlucht (nicht einfache Orientierung in diesem Bereich, zunehmend brüchiger). Sowohl bei Panico wie auch im AV-Führer ist nun davon die Rede, eine steile Kante/Aufschwung zu erklettern (V). Keine Ahnung wo das sein soll oder warum. Wir sind von der Gratschulter über brüchige Stufen relativ leicht direkt in die 2. Schlucht abgestiegen. Dort haben wir dann das Seil komplett verstaut. Außer zum Steinlawinen auslösen ist es nun eh fast nicht mehr zu gebrauchen. Die zweite Schlucht (II) ist nun klettertechnisch deutlich leichter als die erste, dafür gegen Ende eher mit einem steilen Steinbruch zu vergleichen. Der Schlucht folgen in die rechte von zwei kleinen Schärtchen Abstieg in die zweite Schlucht unterwegs in der zweiten Schlucht unterwegs in der zweiten Schlucht unterwegs in der zweiten Schlucht Von der Scharte, welche nur aus steil aufgeschichtetem Lehm und Schotter besteht, über eine kurze Wandstelle (2m, V) empor und nach links in den großen Schuttkessel welcher unter die Ausstiegsrinne führt. Diese Wandstelle haben wir nochmal kurz gesichert. Im Schuttkessel schräg links aufsteigend unter den linken der gelben Gipfelaufschwünge. Bei dieser ansteigenden Traverse des Schuttkessels hat man manchmal mitunter das Gefühl gleich ein Art Schneebrett (ich meine natürlich Schuttbrett) auszulösen. Die lang ersehnte Ausstiegsrinne mit ihrem markanten Klemmblock am Ende ist nun sichtbar und der Ausstieg nahe. Nun folgt noch das Finale und aus dem steilen Steinbruch ist eine sehr steile Kiesgrube geworden. Mühsam, zwei Schritte hoch und wieder einen runter wühlt man sich dem Klemmblock entgegen. Gegen Ende ist es mir zu blöd geworden und ich klettere weit ausspreizend in der Begrenzungswand nach oben unter den Klemmblock. die Scharte am Ende der zweiten Schlucht (gelber Punkt) ansteigenden Traverse des Schuttkessels ansteigenden Traverse des Schuttkessels Die Ausstiegsrinne mit ihrem Klemmblock am Ende Nach 10 h Kletterzeit steigen wir auf die sonnige Südseite aus und nach wenigen Metern rechtshaltend am Grat entlang ist der Gipfel der Laliderer Wand (2615 m) erreicht. Tiefblick vom Gipfelgrat in die zweite Schlucht (links), die Scharte und den anschließenden Schuttkessel Blick zur Biwakschachtel und zur Laliderer Spitze Nach einer Pause an der Biwakschachtel geht es hinüber zum Einstieg zur Spindlerschlucht. Der Einstieg ist in der Scharte westlich des Östlichen Ladizturm bei einem markanten Felsblock mit roten Markierungen und Steinmann. 10 Meter unterhalb der Scharte ist der erste geklebt Abseilring. Schon beim Einstieg lockt das Bier auf der Falkenhütte. Doch nun ist nochmal volle Konzentration angesagt. Nachdem ich ja die Spindlerschlucht erst vier Tage zuvor nach der Laliderer Spitze - Nordkante abgestiegen bin, war natürlich die Orientierung kein Problem mehr. Insgesamt sieht man das ganze beim zweiten Mal wesentlich entspannter und ca. 2,5 h später sind wir auf der Falkenhütte. Nach ausgiebiger Pause mit Essen und Bier steigen wir zum Auto in die Eng ab und fahren noch nach Hause, wo wir gegen 02:30 Uhr todmüde ankommen. Ca. 22,5 h Stunden nach dem Aufstehen auf der Falkenhütte. hinter dem östlichen Ladizturm beginnt die Spindlerschlucht Einstieg Spindlerschlucht - unten lockt schon die Falkenhütte unterwegs in der Spindlerschlucht unterwegs in der Spindlerschlucht unterwegs in der Spindlerschlucht unterwegs in der Spindlerschlucht Laliderer Wand (2615 m) – Schmid/Krebs: - EB: Ernst Krebs und Toni Schmid 08.09.1929 - 1. Winterbegehung: Bachmann und Stöger 1951 - Schwierigkeit: unterer Teil: VI auf eineinhalb Seillängen, vielfach V/V+ und IV oberer Teil: anhaltend brüchiges II-III Gelände, mit ein paar kurzen schwereren Passagen - Felsqualität: Bis auf den „Höhlenquergang“ und die Krebsrisse selten guter Fels (auch im unteren Teil), im oberen Teil anhaltend brüchig. Diese Tour klettert man definitiv nicht wegen der Felsqualität. Aber das dürfte ja eh jedem klar sein, der hier einsteigt. - Absicherung: Stände im unteren Teil größtenteils passabel an 2-3 Normalhaken je Stand. Meist sind die Stände auch mit Cams und Keilen erweiterbar. Zwischensicherung insgesamt für so eine klassische Tour relativ wenige Normalhaken. An den schweren Stellen aber mehrere vorhanden. Mit Cams und Keilen ist eine zusätzliche Absicherung nicht überall gut möglich, da der Fels oft sehr geschlossen ist. - Wandhöhe: ca. 850 Hm - Kletterzeit: 7 - 12 h Abstieg Spindlerschlucht: - grimmiges Gelände, herb alpiner Abstieg - 6 geklebte AV-Ringe, ca. 6 weitere eingerichtete Abseilstellen, an Schlingen und Normalhaken vorhanden. Für diese ist ein gewisses Maß an Gottvertrauen und fatalistischer Einstellung nicht ganz schädlich - Abseilstellen ca. 20-25 m - bei Benutzung aller Abseilstellen anhaltendes, schottriges I-II er Gelände. Bei Nichtbenutzung aller Abseilstellen abklettern bis III-IV - nicht immer einfache Orientierung, teils Steinmänner und stark verblaste rote Markierungen - bei mehreren Seilschaften sehr große Steinschlaggefahr Materialempfehlung: - 60 m Doppelseil - 10 Exen (einige davon lang) - 8-10 Bandschlingen - 1 Satz Keile - 1 Satz Cams: 0.3 bis 3 - Hammer und Haken (auch längere für den Bruch) - das sonstige, übliche Stand- und Abseilmaterial unser zeitlicher Tagesverlauf: Einstieg: 06:15 Uhr Krebsrisse: 09:00 Uhr 100 m Wand: 11:45 Uhr Beginn 1. Schlucht: 13:15 Uhr Gipfel: 16:15 Uhr Spindlerschlucht: 17:45 Uhr Falkenhütte: 20:15 Uhr Parkplatz Eng: 23:00 Uhr Umfallen ins Bett: 02:30 Uhr Kletterführer / Topos: (sortiert nach Qualität) AV-Führer Karwendelgebirge (sehr gute Textbeschreibung) 12.Auflage 1984 Bergverlag Rudolf Rother Heinrich Klier/Fritz März Kletterführer Karwendel 3. Auflage 2007 Panico Alpinverlag Im extremen Fels 2. Auflage 1977 Walter Pause, Jürgen Winkler http://www.extreme-collect.de/Im-extremen-Fels-Details.50.0.html?infoitm=44 diverse Einträge auf www.bergtour.ch AV-Karten: 1:25000: AV-Karte 5/2 Karwendelgebirge Mitte Viele Grüße Ebe und Tobias |