Piz Cengalo, NW-Pfeiler (Gaiser-Lehmann), VI-, 31.7.2007 - Druckversion +- Rocksports Forum (https://forum.rocksports.de) +-- Forum: Übersicht (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=3) +--- Forum: alpines Felsklettern (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=10) +---- Forum: Schweiz (https://forum.rocksports.de/forumdisplay.php?fid=34) +---- Thema: Piz Cengalo, NW-Pfeiler (Gaiser-Lehmann), VI-, 31.7.2007 (/showthread.php?tid=100) |
Piz Cengalo, NW-Pfeiler (Gaiser-Lehmann), VI-, 31.7.2007 - Alban - 04.08.2007 Piz Cengalo, NW-Pfeiler (Gaiser-Lehmann) 3370m 1050Hm, ca. 25-26 Seillängen. VI-, TD Seilpartner: Fabian Buhl Eine der dominierenden Felsgestalten der Bondascagruppe ist der Piz Cengalo. Weniger berühmt als sein ungleich bekannterer Nachbar der Piz Badile beeindruckt er durch seine imposante Nordansicht mit einer Vielzahl von mächtigen Pfeilern. Die Touren auf der Nordseite des Cengalo werden etwas vernächlässigt was nicht zuletzt an der enormen Aktivität der Felsausbrüche in den letzten Jahrzehnten herrührt. Vorallem die Nordostwand ist davon stark betroffen. Der Nordwestpfeiler, auch Cengalopfeiler genannt, wurde 1937 im gleichen Jahr wie die Cassinroute am Badile erstbegangen und zählt zu den klassischen, großen Granittouren. Nachdem Peter und ich 2005 die Cassin am Badile geklettert sind fiel bald der Blick auf den ungleich alpineren Cengalopfeiler. 2006 war ich dann einmal mit Axel S. unter dem Cengalo gestanden um zu sehen, dass er verschneit und oben gar vereist war und Wochen später noch mal mit Peter dort um nach einer Länge im verschneiten Einstiegscouloir ebenfalls abzubrechen, da wir zu langsam und die Verhältnisse auch nicht besser waren wie beim letzten Versuch. Die Tour gewann dadurch natürlich an Reiz und diesen Sommer wollte ich es dann noch mal versuchen. Mit Fabian (16) hatte ich vor ein paar Tage im Bergell zu klettern und sofern die Verhältnisse passen würden den Pfeiler zu versuchen. Nachdem wir bisher noch nichts zusammen als Seilschaft geklettert sind hatten wir vor zunächst eine Eingehtour zu machen. Am ersten Tag stiegen wir gemütlich zur Sasc Furä-Hütte auf und weiter bis zum Viäl von wo man eine perfekte Einsicht in den Pfeiler hat. Die Verhältnisse schienen zu passen. Wir stiegen noch weiter bis zum Bügeleisen und gewöhnten uns in den knapp 8 Seillängen des Bügeleisens an den Granit. Obwohl das Wetter auch für Mittwoch gut angesagt war wollten wir doch bereits am nächsten Tag den Pfeiler angehen. Vielleicht aus Angst, das Wetter könnte doch schon einen Tag eher schlechter werden als angekündigt. Wir fanden in der Nähe des Gletschers einen großen überhängenden Block unter dem wir zwei, bereits eingerichtete Biwakplätze fanden. Wir aßen noch so viel wir konnten und vernichteten den Wein um unseren eh schon schweren Rucksack noch etwas leichter zu machen. Am nächsten Tag bestes Wetter. Wir querten den Gletscher unterhalb der Badile Nordostwand und konnten bereits reges Treiben in der Cassin beobachten. Mit genügend Sicherheitsabstand zur Wand machten wir kurz vor dem Einstieg noch mal Pause um das Klettermaterial für die Tour schon herzurichten. Im Einstiegscouloir und in der ganzen Wand herrschte wie am Vortag Ruhe, kein Steinschlag. Die Randkluft war sehr gutmütig zu überwinden und los gings. Die erste Länge (V-) war recht sandig, etwas brüchig und ungewohnt zum klettern. Insgesamt 3 Haken fanden sich auf der ersten Länge und ein Fixkeil. Die zweite Länge im Einstiegscouloir (IV) ist etwas leichter jedoch auch nasser. Die zwei alten Haken im Wasserfallcouloir sind nicht mehr wirklich als Stand zu benützen und geben selbst als Zwischensicherung nicht mehr viel her. Die 3.-5. Länge ist dann wieder deutlich einfacher. Meist bewegt man sich im 2er bis 3er Gelände. Dafür hats hier ordentlichen Schutt auf den Bändern und Bruch. Trotzdem auch hier, wie überall in der Tour, bestens abzusichern. Wir gingen diese Längen am langen Seil und zogen nach links gegen die Kante auf einen Absatz zu Stand an Blöcken. Die folgende Länge ist im Topoguide-Topo dann als eigentliche 5. Länge angegeben. Zunächst dachte ich wir sind noch eine Länge darunter, aber als es dann allgäutypisch grasig wurde war schnell klar, dass es sich hier um die beschriebene: „grasige IVer-Länge“ handeln muß. Ab hier hat man nun den unteren schlechteren Felsteil hinter sich und befindet sich auch nicht mehr in Steinschlaggefahr. Waren die unteren Seillängen eher etwas nordwandtypisch ernst, begann nun der Genuß in bestem Fels und immer noch schöneren Seillängen.In der 6. Seillänge stiegen wir durch einen schönen Kamin (ca. IV+) und kamen am Ende wieder auf die Route unseres Topos (dieses benützt einen Kamin weiter rechts). Endlich war es auch warm genug die Handschuhe wegzustecken. Die 7. Seillänge (V-) zieht durch eine kleine Verschneidung (Haken) und erreicht eine große schräge, grasige Platte. An dieser Stelle zieht die Führe nun nach links, zuerst an einer Rostgurke auf der Platte vorbei zu zwei guten Standhaken am linken, oberen Rand der Platte. Viele „Versteiger“ kommen hier zustande da nach rechts geklettert wird wo sich am rechten Ende der Platte auch ein Haken befindet.(der Sac-Führer ist hier auch etwas verwirrend). In der 8. Seillänge geht es zunächst 4m gegen die Kante und dann leicht absteigend kletternd, ausgesetzt um die Kante herum (Sanduhrschlinge) und 3m empor zu Hakenstand am Fuße einer Verschneidung ( III-IV). Diese Verschneidung ist in den Seillängen zuvor nicht zu sehen und befindet sich eben versteckt hinter der Kante. Sehr lohnend geht es die Verschneidung empor (V), vorbei an altem Doppelhakenstand und zuletzt etwas schwieriger (V+) zu Stand an Blöcken vor einem markanten kurzen Hangelriß auf der linkerhand befindlichen Platte. Mittels des kurzen Risses (IV+) nach links auf die Platte und weiter in einer daran anschließenden Verschneidung (V) sehr lohnend weiter zu Stand an zwei Haken. Die 11. Seillänge leitet leichter (IV) auf das große Band vor dem Plattenpanzer des oberen Wandteils. Auch hier gibt es nun wieder viele denkbare Varianten und Verhauermöglichkeiten. Die Tour, so wie im alten Bergell-Führer von P. Nigg beschrieben hält sich eher etwas rechts der Kante und quert von daher auf dem Band noch ein Seillänge nach rechts. Andere „Topos“ und Tourenbilder im Netz zeigen die Route gerade empor. Vermutlich gibt es hier viele Varianten (bei evtl. aber höherer Schwierigkeit). Die 12. Länge führt fast waagrecht auf einem kleinen Band nach rechts (I-II) und geht dann durch eine kurze Verschneidung/Kamin (IV-) zu einem bequemen Absatz auf einem großen Band. Stand an guten Rissen. Über sich erkennt man nun im Plattenpanzer ein System aus Schuppen und Risse, welches den Weiterweg vermittelt. Gerade empor (III+) zu einem sichelförmigen Riß (C-Form). Durch den Riß empor (V) auf Band und nach links zu Stand an Block mit guten Friendmöglichkeiten. Hinter dem Block sieht man die im Sac-Führer wie auch Alpenvereinsführer beschriebene Schuppe die einen Kamin bildet. Um dahin zu gelangen muss man waagrecht eine Platte queren. Zwei gute Haken stecken in dieser kleinen Querung. Ein dritter steckt in dem feinen Riß direkt über dem Standplatz und ist wohl eher ein Verhauerhaken (Vorsicht). Fabian kletterte diese Länge vor. Die Querung stellt eigentlich eine der Schlüsselstellen dar (etwa VI-), ist feingriffig aber durch die Haken gut gesichert und könnte evtl. sogar mit Seilzug technisch gemacht werden. Nach dem kurzen Quergang geht’s zur Schuppe und dann gerade empor. Der Rucksack störte mächtig, hatten wir doch Isomatte und selbst Teleskopstecken dabei. Rechts der Schuppe gab es aber in der Platte ein paar gute Griffe, so dass man sich trotz Rucksacks noch gut bewegen konnte. Nach der Schuppe geht es gerade über ein kurzes plattiges Stück empor zu einem Riß (Haken) und weiter mittels diesem zu Stand an 2 Haken auf Absatz. Endlich konnten wir gegen 15.30 das erste Topoblatt weglegen und das nächste mit dem Titel: „oberer Wandteil“ herausholen. Der untere Wandteil kostet deutlich mehr Zeit als der obere Wandteil. Vorallem das Einstiegscouloir hält etwas auf. Die 15. und 16. Länge gingen immer an Rissen oder Piazschuppen entlang. In der 17. Länge geht es direkt vom Stand weg nach rechts um eine kleine Kante, und wer hätte es gedacht wieder in einem Piazriß empor. Dabei ist die Kletterei nie wirklich anstrengend oder gar athletisch und lässt sich meist dankbar klettern. Undankbare Kletterstellen wie z.B. der „Wuzelkamin“ in der Cassin fehlen. Auf einem Absatz vor einer Plattenverschneidung steckt links ein Haken. Die Plattenverschneidung führt schräg rechts aufwärts zu einem Absatz mit einzelnem Haken, welcher mit Cams gut zu einem Stand ausgebaut werden kann. Langsam drängte die Zeit und wir rechneten uns aus bei unserem Tempo gegen 20 Uhr am Ausstieg zu sein. 2h sind für den Abstieg angegeben, hell ist es etwa bis halb 10. wir waren gespannt ob die Rechnung aufgeht. Andererseits sahen wir der Sache auch gelassen entgegen da wir ja alles Biwakzeug dabei hatten und am Gipfel ein Schneefeld fürs Wasserschmelzen existierte. Trotzdem war der Gedanke an ein gemütliches Biwak am Wandfuß wesentlich einladender. Drüben am Badile konnten wir die vielen Seilschaften aufgereiht sehen wie eine Perlenschnur. Deutlich war auch von hier zu sehen dass viele Seilschaften lange an besagter Stelle im „Wuzelkamin“ zu kämpfen hatten. Während wir morgens keine Sonne hatten und mit Handschuhen kletterten, genossen wir nun die Sonne und konnten uns ausmalen, dass es für die letzten Seilschaften in der Cassin nun im Schatten langsam kalt werden musste. Die 18. Länge zieht zunächst gerade empor und dann leicht nach links zu altem Doppelhakenstand welcher als Zwischensicherung herhält. Von diesem nach rechts gegen eine Schuppe mit Quarzeinlagerung (Haken am Fuß der Schuppe) und hinter der Schuppe in einem Riß weiter zu Stand an 2 Haken. Die 19.Länge hält auf eine kleine Verschneidung zu (2 Haken). Oberhalb der Verschneidung existiert 3m auf kleinem Band links ein alter Stand mit 2 Haken (unbedingt verlängern oder besser gar nicht klippen wegen Seilverlauf) Von kleinem Band gerade über Platten (V+) noch ca. 7m empor (keine Sicherungsmöglichkeit) zu Stand an 4 Haken am Beginn einer nach rechts verlaufenden Plattenverschneidung. Die Verschneidung entlang zu kleinem Wulst und darüber hinweg (V-) in weitere Plattenverschneidung bis zu Stand an 2 Haken. Wir gingen die darauffolgende, leichtere 21. Länge noch am langen Seil weiter. In dieser Länge (IV) ist der Routenverlauf wieder etwas unübersichtlicher. Letztlich geht es aber vom letzten Stand gerade empor und am Ende nach links zurück gegen die Kante, zum Fuß eines schuppigen Steilaufschwunges. Stand an beliebiger Stelle an guten Schuppen und Rissen möglich. Die 22. Länge geht an großen Schuppen zu dem kleinen Steilaufschwung und über diesen hinweg ( 2 Haken, V-) zu Standplatz an 2 Haken. Die 23. Seillänge zieht recht einfach (III) auf dem Pfeilerrücken zum Fuß eines weiteren Aufschwunges. In dieser Seillänge sieht man erstmals richtig den Gipfel und Vorgipfel. Der Weiterweg führt rechts einfach (II-III) um den blockigen, und in der Querung überhängenden Aufschwung herum und geht dann gerade mittels Riß (IV) empor zur Pfeilerkante. Hier nun Ende der Schwierigkeiten und auch des guten Felses. Die 25. Seillänge zieht sehr flach in schlechtem Fels (oder Firn) zum Gipfelblockfeld unter dem Vorgipfel (II-III). Gegen 19.45 erreichten wir den Ausstieg. Eine herrliche und genussvolle Tour liegt hinter uns. Schnell ziehen wir unsere Bergstiefel an und machen uns an den Abstieg. Zunächst muss man noch im Schotterfeld mit leichten Kletterstellen (II) auf den Vorgipfel, bzw. rechts daran vorbei bis man auf den Grat hinunter zum Colle Cengalo gelangt. Der Hauptgipfel liegt noch weitere 50hm weiter entfernt. Mittlerweile wars recht kalt geworden und es windete ordentlich. Entlang des Grates stiegen wir ab (Stellen II, immer wieder Steinmänner). Ein erster großer Turm wird links umgangen. In einem Einschnitt bei einem weiteren Turm leiten Eisenketten gesichert durch eine kurze Felsausbruchszone. Hier nicht links absteigen !!! (irreleitende Steinmänner in der Rinne wo die Kette beginnt). Weiter hinüber zum Colle Cengalo und nach links hinunter. Wenige Abkletterstellen (I-II) leiten zu einer kleinen, 20m Stufe. Hier gutes Fixseil an BH mit Schlaufen zum Abklettern. Weiter über Geröllfeld am Wandfuß entlang von Steinmännermarkierungen zu dem Weg welcher zur Gianettihütte führt. Wir erreichten mit dem letzten Licht den Wandfuß und fanden eine weitere halbe Stunde später einen gemütlichen Biwakplatz auf einer kleinen Wiese. Recht müde gings nach kurzem Abendessen in den warmen Schlafsack und wenig später waren wir beide auch schon eingeschlafen. Ein perfekter Klettertag ging zu Ende. Am nächsten Tag verwehrte uns der Hochnebel einen weiteren Klettertag auf der Südseite. Wir malten uns wenig Hoffnung aus unseren Einsteig einer geplanten Tour auf die Punta Torelli zu finden und machten uns nach kurzer Rast auf der Gianettihütte auf den Rückweg nach Laret. Das Wetter war für Donnerstag schlechter angesagt und so entschieden wir uns den Bergelltrip nach dieser tollen Tour abzuschließen. Am Porcilezzo-Paß lichtete sich dann auch wieder der Nebel und wir hatten im Weiteren herrlichstes Wetter. Mühsam und lang ging es vorbei am Pedroni-Biwak zum Trubinascapass und jenseits an Ketten mit Abkletterstellen (II) hinunter in ein mühsames Blockfeld. Ich hatte ganz vergessen wie anstrengend der Rückweg über die 2 Pässe zur Sasc Furä-Hütte ist. Dort angekommen gabs erst mal was Richtiges zu trinken (kein Gletscherwasser mehr, ) bevor wir nach Laret zum Auto abstiegen. Dort trafen mir noch Raimund und Michi, die am Vortag in der Cassin unterwegs waren und wurden von Ihnen zum Wein eingeladen. Die beiden hatten noch weitere Kletterrouten in anderen Gebieten vor, für uns gings am selben Abend nach standesgemäßem Pizzaeinkehrschwung in Chiavenna zurück ins Allgäu. Materialempfehlung: 60m Doppelseil, Camelots Größe 0,3-3 (Größe 0,4-1 doppelt zu empfehlen). Größe 3 war hilfreich jedoch nicht unbedingt notwendig. Ein kleines Hakensortiment (Für einen möglichen Rückzug/ bei schlechten Verhältnissen im Einstiegscouloir). Klemmkeile bei entsprechender Camelotauswahl nicht unbedingt notwendig. Mehrere lange Schlingen für Blöcke/ Köpfle und zum Verlängern von Zwischensicherungspunkten. Evtl. C3-Camelots oder Ballnuts/Sliders für kleine Risse (hilfreich). Steigeisen und Eisgerät für Zustieg erforderlich. Bemerkung zur Absicherung, Charakter, Anforderung: Überwiegend selbst abzusicherende Tour. Absicherung mit Camelots sehr leicht möglich. Im unteren Teil sind selbst die Standplätze nicht eingerichtet. Im oberen Teil sind die Standplätze öfters eingerichtet, sollten aber gelegentlich verbessert werden. Im Oberen Teil gelegentlich Zwischenhaken/Orientierungshaken. In der obigen Tourenbeschreibung ist jeder in der Tour uns aufgefallene Haken vermerkt. Das „Topoguide-Topo“ ( www.topoguide.de ) ist sehr genau und hilfreich. Die Orientierung in der Tour erfordert alpine Erfahrung. Das ganze Unternehmen an sich stellt alpinistisch höhere Anforderung (bei jedoch rein numerisch leichterem Schwierigkeitsgrad) als z.B. die „Cassin“ am Badile. Fels etwas feingriffiger als am Badile. Steinschlaggefährdet ist vor allem der Einstieg und die ersten 3 Seillängen. Sollte bereits im Zustieg Steinschlag beobachtet werden wird von einer Begehung abgeraten. Nach der 6. Seillänge sehr fester Fels. Mehrere Biwakmöglichkeiten am Pfeiler auf breiten Bändern. Zeitbedarf ab Einstieg je nach Seilschaft: 8-12h. Die Beschreibung bei Topoguide.de, dass der Gletscher und der Bergschrund nur etwa während 3 Wochen im Jahr begehbar sind stimmt nicht. Im Herbst ist halt eine größere Randkluft, welche meist mit Eisgerät abgeklettert werden kann in Kauf zu nehmen. Gruß Alban |